Mithilfe von Vorhersage- und Simulationsmodellen könnten Städte in Zukunft klüger und vor allem vorausschauender geplant werden. Das AIT hat hierzu fünf Jahre lang in einem eigenen Forschungsprogramm namen CoDeC (Cognitive Urban Design Computing) gearbeitet.
Titelbild: Im Rahmen des CoDeC Symposiums fand eine interaktive Demo des City Intelligence Labs statt. (Credit: AIT/Chronis).
Die Ergebnisse des CoDeC-Programms wurden am 30. März auf einem internationalen Symposium in Wien vor Expert*innen präsentiert und disktutiert. Der Fokus des Projekts lag auf der Entwicklung einer Planungsplattform für den Städtebau. Teil dessen war unter anderem das City Intelligence Lab (CIL), das 2019 als internationales KI-gestützes Vorzeigelabor eröffnet wurde.
Wolfgang Knoll, Geschäftsführer des AIT, verfolgt eine klare Vision: „Die Städte der Zukunft müssen nicht nur mit smarten Technologien ausgerüstet, sondern auch konsequent digital geplant werden – vom Gebäude bis zum Quartier. Mit der Entwicklung digitaler Stadtplanungsmethoden setzte das CoDeC-Programm mit dem City Intelligence Lab international neue Maßstäbe.“ Ermöglicht wurde dieser Erfolg unter anderem durch die Einbindung international herausragender Forscher-Persönlichkeiten wie Principal Scientist Reinhard König, Jun-Professor der Bauhaus Universität Weimar.
Das Ziel des CoDeC-Projekts war die Entwicklung einer neuen, KI-gestützten Planungsmethode, die Daten solcherart in Informationen umzuwandeln vermag, dass Städte intelligenter geplant werden können, und so lebenswerter, nachhaltiger und widerstandsfähiger gestaltet werden können. So lassen sich mithilfe großer Datenmengen und Machine Learning beispielsweise verschiedenste Szenarien generieren, Klimamodelle wie Sommer- und Hitzetage oder Windsimulationen. In der Simulation kann man dann wiederum beobachten, welche Auswirkungen verschiedenste Gegenmaßnahmen hätten. „So kann man sofort erkennen, welche Maßnahmen für bestimmte Stadtteile eine Verbesserung bedeuten würden“, erklärt Angelos Chronis, Head of City Intelligence Lab.
Das Forscher*innen-Team des CoDeC-Projekts. In der Mitte (hinten): Principal Scientist und Projektleiter Reinhard König. (Bild: AIT/Chronis)
„Die Herausforderung bestand darin, mittels künstlicher Intelligenz maschinelle Lernansätze mit verfügbaren Simulationsmethoden zu kombinieren“, ergänzt Reinhard König, der das fünfjährige CoDeC-Programm leitete. Das Ergebnis der jahrelangen Arbeit der Forscher*innen sind eine integrierte Planung, die Einbindung von Bürger*innen und Interessengruppen in den Planungsprozess und neue digitale Planungswerkzeuge. Außerdem entwickelte man Methoden zur Vorhersage quantitativer, qualitativer und subjektiver Auswirkungen städtischer Interventionen, die auch dann eingesetzt werden können, wenn explizite Modelle noch fehlen. Darüber hinaus ermöglichen die Ergebnisse einen neuen, digitalen halbautomatischen Planungsansatz, der Backcasting-Strategien erleichtern kann.
City Intelligence Lab
Das City Intelligence Lab (CIL) ist seit 2019 integraler Teil der AIT-Kompetenz im Bereich „Digital Resilient Cities“ und ein Ergebnis des CoDeC-Programms. Das Labor stellt eine interaktive Plattform zur ganzheitlichen Betrachtung der Auswirkungen unterschiedlichster Maßnahmen in der Stadt- bzw. Quartiersplanung auf Mobilitäts-, Energie- und Klimafragestellungen bereit. Komplexe Zusammenhänge der Urbanisierung und des Klimawandels können mithilfe Künstlicher Intelligenz visualisiert und für den co-kreativen Prozess mit den Stakeholdern und Bürger*innen zielgruppenspezifisch aufbereitet werden. Das hilft bei der Evalutation bestehender Entwürfe - kann aber auch dazu genutzt werden, automatisiert erstellte Entwurfsansätze mittels Key Performance Indikatoren performant zu vergleichen. Diese neue digitale Lösung kann wiederum traditionelle Stadtentwicklungsprozesse - und Methoden bereichern.
Projektbeispiele aus dem City Intelligence Lab:
Ganzheitliche Mobilitätsplanung
Intelligent Framework for Resilient Design (InFraReD) ist eine mit künstlicher Intelligenz versehene interaktive Online-Plattform des City Intelligence Labs, die Mobilität in der Stadtplanung für Bestands- und Neubauten ganzheitlich simulieren und planen kann. Die Plattform ermöglicht es, das Zusammenspiel von baulicher Struktur, Erreichbarkeiten, Quell- und Zielorten integriert zu analysieren, um so für den Planungsprozess hunderte Varianten innerhalb kürzester Zeit durchzuspielen. Beispielsweise können Mobilitätssimulationen sicherstellen, dass ein neues Stadtviertel so gestaltet wird, dass die Bürger*innen innerhalb von 15 Minuten Gehzeit alle für den Alltag notwendigen Institutionen erreichen können.
KI-gesteuerte Windströmung
Die KI-Simulation von Windströmungen ermöglicht es, Planungsentwürfe in Echtzeit unter Berücksichtigung von Windfaktoren zu analysieren und optimieren. Windströmungen haben in Zeiten extremer Wetterbedingungen große Bedeutung: So können in der Planung jene Gebiete mit potenziell gefährlichen Windgeschwindigkeiten bei Stürmen lokalisiert und deren Einfluss abgeschwächt werden. Auf der anderen Seite können die Ergebnisse für die Feinabstimmung der mikroklimatischen Bedingungen eines Viertels verwendet werden – sei es zur Abkühlung oder zur Aufrechterhaltung der Wärme.
Parametrisches Modell für Frankfurt
Gemeinsam mit dem Frankfurter Architekturbüro Albert Speer & Partner arbeitete das AIT am Frankfurter Hochhausentwicklungsplan für 2021. Der Plan sieht vor, neue und bestehende Hochhausstandorte zu prüfen und zu definieren. Dabei wurden nicht nur die Stadtsilouette und städtebauliche Qualitäten evaluiert, sondern auch die Eignung der Standorte aus klimatischer und verkehrstechnischer Sicht. Der Einsatz von parametrischen Modellen stellte hier einen Paradigmenwechsel im Vergleich zu traditionellen Entwurfsprozessen dar. Für die Entwicklung der Frankfurter Skyline konnten damit gleich mehrere Planungsvarianten und Szenarien innerhalb kürzester Zeit erstellt werden. So konnte die Stadt die Hochhausstandorte bereits zu Beginn der Planungsphase einer vollständigen Leistungsübersicht und Performance unterziehen.