Mittwoch, November 20, 2024

Mit diesem selbstbewussten Slogan wirbt das deutsche Cloud-Start-up SeaTable. Wie will sich der Tabellen- und Datenbankprovider aber gegen etablierte Anbieter wie Microsoft oder Google durchsetzen? Phillipp Braun, Chief Marketing Officer bei SeaTable, erklärt, welche Marktlücke SeaTable füllen will. 

SeaTable beschreibt sich selbst als Tabellen- und Datenbankhybriden. Was kann man sich darunter vorstellen?

Phillipp Braun: Wir bieten eine Tabelle als Frontend, in der die Daten eintragen werden, und eine Datenbank im Backend für die Speicherung und Bereitstellung. Wir vergleichen uns gerne mit Excel – diese Lösung ist allerdings ziemlich text- und formellastig, und für Laien nicht ganz einfach zu verstehen. Wir hingegen bieten mit SeaTable über 20 verschiedene Spaltentypen an, mit denen sich Informationen erfassen lassen, dazu gehören beispielsweise Personen, Bilder, Verknüpfungen oder auch ganze Dateien, die sich in der Tabelle anhängen lassen.

SeaTable ist eine No-Code beziehungsweise Low-Code-Anwendung: Man muss sich nicht wahnsinnig damit auseinandersetzen oder programmieren können, um Workflows, Prozesse oder Applikationen zu erstellen und zu gestalten. Und wenn man im Team mit mehreren Nutzern zusammenarbeiten muss, bietet SeaTable durch das Hosting in der Cloud eindeutig eine Erleichterung. 

Excel oder Google Spreadsheets können ebenfalls über die Cloud genutzt werden. Inwiefern hebt sich SeaTable hier vom starken Wettbewerb ab?

Braun: Was uns als deutschen Anbieter von der etablierten Konkurrenz aus den USA unterscheidet, sind unsere Speichermöglichkeiten: SeaTable gibt es in drei Varianten. Als Cloud-Produkt werden Daten in unseren deutschen Rechenzentren gespeichert. Dann bieten wir mit SeaTable Dedicated die Installation auf einem frei wählbaren Server an – oder, in der dritten Variante, On-Premises im eigenen Rechenzentrum. Unternehmen haben ihre Datenhoheit in der Hand.

Ein Großteil unserer Kunden kommt aus dem europäischen Raum, wo diese Nachfrage besonders stark ist – genauso wie nach Themen wie Datenschutz – Stichwort DSGVO – und Self-Hosting. Und es gibt natürlich auch Unternehmen, insbesondere Universitäten, Institutionen oder Behörden, für die die Cloud eher nicht in Frage kommt.

Sie arbeiten mit chinesischen Partnern zusammen. Wie kann man sicherstellen, dass die Daten nicht doch auf Abwege geraten?

Braun: Die Entwicklung erfolgt in einem Joint Venture mit chinesischen Partnern, die in Peking neben unserer Software auch das Datenbankprodukt Seafile weiterentwickeln. Unser Hauptsitz aber liegt in Mainz, genauso wie unsere Cloud-Server, die wir in Deutschland nach deutschen Datenschutzvorgaben betreuen. Wir arbeiten außerdem mit dem Schweizer Anbieter,  Exoscale, zusammen – dort wird das Thema Datenschutz ebenso streng gehandhabt. Außerdem konnten wir für erste große Projekte unter anderem die IT-Schule der Bundeswehr für SeaTable gewinnen. Das wäre sicherlich nicht der Fall, wenn es beim Thema Datenschutz Bedenken gäbe. Wer dann noch immer Sorge um seine Datensicherheit hat, ist mit der Variante On-Premises aber definitiv auf der sicheren Seite. 

Welche unterschiedlichen Anwendungsfälle gibt es für SeaTable? An wen richten Sie sich?

Braun: Es gibt nicht die eine Zielgruppe – wir wollen uns tatsächlich an alle richten. Neben Privatkunden, die unser Programm zum Beispiel für die eigene Einkaufsliste nutzen, haben wir auch Kunden, die ihr komplettes CRM mit SeaTable abbilden. Beispielsweise das Unternehmen Möbel Inhofer in Bayern, das auf diese Weise Verkaufsprozesse ordnet und eine Kundendatenbank betreibt. Ich behaupte einmal, in jedem Unternehmen lassen sich Anwendungsfälle finden, die sich mit SeaTable effizienter abbilden lassen, als sie vorher manuell liefen. Wir bieten auch vorgefertigte Templates an, die Unternehmen einfach implementieren können – für Projektmanagement, Entwicklung, Marketing, Buchhaltung, Redaktionspläne, Arbeitszeiterfassung und mehr.

Zum Thema Vernetzung und digitale Transformation – kann SeaTable hier nicht auch als allumfassende Datenbank eingesetzt werden, sozusagen als Gegenentwurf zu Schatten-IT-Systemen?

Braun: SeaTable wird nicht alles ersetzen können. Aber wir können die IT-Abteilungen zumindest entlasten: Die Software funktioniert einfach und intuitiv, Nutzerinnen und Nutzer können sich ihre Anwendungsfälle – und sogar kleinere automatische Prozesse – mit wenigen Klicks selbst zusammenbauen. Innerhalb von ein paar Minuten ist dann ein Use Case erstellt. Diese Möglichkeit zur No-Code-Automatisierung ist eines unserer großen Themen – rund 80 Prozent nutzen die Plattform als reines No-Code-Tool.

Wer sich doch besser auskennt, kann eigene Plugins, Applikationen oder Verbesserungen in Form von Python oder JavaScript integrieren. Unsere API ermöglicht es außerdem, SeaTable in verschiedene andere Anwendungen einzubinden. Das zweite große Thema ist Big Data: Bei uns kann man mehrere Millionen Zeilen erfassen – im Grunde unbegrenzte Mengen an Daten – was bei Excel beispielsweise nicht möglich ist. 

Welche Erweiterungen sind für die Zukunft geplant?

Braun: Wir arbeiten weiterhin stark an der Automation. Und wir tüfteln gerade an dem Thema Interface Design: Ich will nicht zu viel verraten, aber damit wird es dann möglich sein, sich seine eigene Benutzeroberfläche zu erstellen – auch wieder mit dem Fokus auf eine möglichst intuitive UX. Das ist ein Highlight für 2023. Die Version 3.5 in der Beta kommt schon im April – der Major Release mit der Version 4.0 ist dann für die Jahres-Halbzeit geplant – Juni oder Juli soll sie schon fertig sein. 

Haben Sie vor, auch KI-Tools zu implementieren?

Braun: Wir verfolgen die aktuelle Entwicklung. Über kurz oder lang werden wir wahrscheinlich auf den Zug aufspringen müssen, dann orientieren wir uns aber vermutlich eher in Richtung Anwendungsmöglichkeiten. Für Android-Nutzer steht SeaTable auch als App zur Verfügung. iOS-Nutzer müssen leider noch ein wenig gedulden. Die Entwicklung hierfür steht aber bereits auf der Roadmap. 


Über SeaTable

Die Brüder Ralf Dyllick-Brenzinger und Christoph Dyllick-Brenzinger haben ­SeaTable gegründet und ihr Produkt 2020 auf den Markt gebracht.

Auf der No-Code-Plattform SeaTable können Anwender*innen ohne Programmiererfahrung selbst Geschäftsprozesse entwickeln.  Die Lösung vereint Features einer Tabellenkalkulation mit Automatisierung, Datenbankfunktionalität und intuitiven Visualisierungen.  Der Kollaborationsdienst kann in der Cloud betrieben oder On-Premises installiert werden – per Docker auf einem Linux-Server.  SeaTable wird von der gleichnamigen GmbH mit Hauptsitz in Mainz und weiteren Büros in Berlin und Peking entwickelt.

(Bilder: SeaTable)

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