Sonntag, Dezember 22, 2024

Warum beherrschen so viele Unternehmen die inkrementelle Innovation hervorragend, scheitern jedoch an der radikalen Innovation? Die Zühlke Group ist dieser Frage in mehr als 60 Interviews mit Unternehmen in Österreich, Deutschland und der Schweiz nachgegangen. Die Antworten verweisen auf ein klares Erfolgsrezept.

Transistoren sind das Herzstück jedes Computers und jedes Smartphones – und damit eine der einflussreichsten Innovationen der Menschheit. 1947 war ein einzelner Transistor faustgroß, heute versammelt Intel über 100 Millionen Transistoren auf einem Quadratmillimeter. Es ist nur schwer möglich, solche Entwicklungen vorherzusehen. Sicher ist jedoch, dass wir in den kommenden Jahrzehnten weitere einschneidende Veränderungen erleben werden.

In einem sich ständig verändernden Umfeld können jene am besten überleben, die sich an neue Anforderungen bestmöglich anpassen können, darüber hinaus aber auch bereit sind, gewohnte Pfade zu verlassen und sich weiterzuentwickeln. »Die Welt verändert sich – und zwar grundlegend und in einem noch nie dagewesenen Tempo«, bestätigt Nikolaus Kawka, Geschäftsführer von Zühlke Österreich. »Das zukünftige wirtschaftliche Umfeld wird immer schwieriger verlässlich vorherzusehen, der rasante technische Fortschritt eröffnet radikale neue Möglichkeiten, Werte zu schaffen und eine bessere, nachhaltigere Zukunft zu sichern.«

Woran Innovation scheitert

In einer Erhebung der Zühlke Group, die in einem heuer White­paper dokumentiert sind, machen sich mehr als 90 Prozent der Befragten Sorgen um die zukünftige Wettbewerbslandschaft und halten radikale Innovationen für dringend erforderlich. Die Entwicklung radikaler Innovationen – von der ersten zündenden Idee bis zum marktfähigen Produkt – ist jedoch ein langer, herausfordernder, manchmal zäher Prozess. In den Interviews wurden einige Hindernisse wiederholt genannt: So standen mangelnde Akzeptanz, kulturell bedingte Vertrauensdefizite und hohe Sicherheitsbedürfnisse häufig radikalen Innovationen im Weg. Die Verknüpfung mit der bestehenden Infrastruktur bremste das Vorankommen zumeist aus. Auch mangelnde Ressourcen und das Vertriebs- und Produktmanagement verursachten Probleme. Sobald eine radikale Innovation den Markteintritt geschafft hatte, erwies es sich als schwierig, sie in den operativen Betrieb zu überführen und skalierbar zu machen.

»Die Art und Weise, wie Unternehmen heute an Innovationen herangehen, kann den Umfang und die Komplexität der Bedürfnisse und Möglichkeiten von morgen nicht bewältigen. Wenn sich die Natur von Veränderung ändert, braucht es daher auch eine neue Art von Innovationen«, erklärt Kawka. Das kann nur gelingen, wenn die richtigen Leute zur richtigen Zeit an einem Strang ziehen. Die Geschäftsleitung muss geschlossen hinter allen Projekten stehen – auch wenn die Entwicklungsprozesse manchmal Umwege nehmen. Menschen, die eine defensive Haltung verinnerlicht haben, sind in der Regel nicht bereit, alte Muster zu durchbrechen. Gleiches gilt für den Vertrieb.

Mit der Markteinführung scheint das Schwierigste überstanden. Tatsächlich zeigt sich vor allem in großen Unternehmen diese Phase als besonders heikel – zahlreiche vielversprechende Projekte bleiben auf der Strecke. Oft stellt sich die bestehende Infrastruktur als ungeeignet für radikale Innovation heraus. Die Expert*innen von Zühlke veranschlagen in der Regel fünf weitere Jahre, bis die Organisation und das Produkt soweit ausgereift sind, dass eine Reintegration oder die Bildung einer eigenständigen Business Unit sinnvoll ist. 

Wie Innovation gelingt

Trotz der unterschiedlichen Branchen und Organisationsformen lassen sich aus den Interviews vier wesentliche Erfolgsfaktoren für radikale Innovation ableiten: Es braucht zumindest eine hartnäckige, engagierte Person, die das Projekt auch gegen Widerstände vorantreibt. Es braucht viel Flexibilität und Freiheit für das Projektteam. Es muss akzeptiert werden, dass sich die Grundeinstellung und die Kultur von der des bestehenden Unternehmens unterscheiden. Um einen Tunnelblick zu verhindern, erweisen sich vielfältige Perspektiven von außen in der frühen Phase als hilfreich. »Unternehmen müssen von der geschlossenen Innovation weggehen und zur Co-Innovation übergehen. Denn datengestützte, kollaborative und eine grenzenlose Innovation ist der Weg in eine Welt des Wandels«, spricht Zühlke-Chef Kawka in diesem Zusammenhang vom »Ökosystem-Innovation«: »So schaffen Sie radikal neue Werte – effizient, in großem Maßstab und viel effektiver, als Sie es alleine jemals könnten.«

Nikolaus Kawka, Zühlke Österreich: »Radikal neue Werte schaffen.« (Bild: Zühlke)

Alle erfolgreichen Projekte zeigen eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit: Sie entstanden nicht aus einer großen strategischen Entscheidung heraus oder durch das Erkennen eines Megatrends, sondern durch eine einzelne Person, die an eine Idee glaubte und bereit war, das Risiko einzugehen und diese Vision umzusetzen. Die Wahl der Technik oder die Methodik stand für keines der Unternehmen im Vordergrund. Ein Trend kann ein Impulsgeber sein, macht aber noch keine großartige Idee. Innovation ist in hohem Maße individuell – man kann ihr keinen standardisierten Prozess überstülpen. Wie die Studie zeigt, wird der Grad der Radikalität zumeist unterschätzt. Besonders gravierend ist das bei Projekten, die für bestehende Anlagen oder Produkte einen digitalen Dienst entwickeln sollten. Was als simples »Lass uns eine Anwendung erstellen« begann, wuchs sich oft zu einem Start-up mit allen Anforderungen eines eigenständigen Unternehmens aus.

Was häufig vergessen wird: Bei radikalen Projekten geht es nicht nur um ein einzelnes Produkt oder eine Dienstleistung, sondern auch um die grundlegende Neugestaltung einer ganzen Organisation. Innovationen passen vielleicht überhaupt nicht zur aktuellen Ausrichtung oder Strategie. Ihnen Raum zu gewähren, erfordert Mut – aber es lohnt sich. 

Info:  https://zuehlke.com/de/radical-innovation

(Titelbild: Zühlke)

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