Freitag, Mai 17, 2024

Seit dem Jahr 2015 unterstützt BirdLife Österreich in Kooperation mit dem Forum mineralische Rohstoffe Unternehmen bei Maßnahmen zum Schutz der Artenvielfalt und Lebensräume. Ein erfolgreiches Projekt aus Niederösterreich wird jetzt auf das gesamte Bundesgebiet ausgerollt. (Titelbild: Gebhard Brenner)

Der Triel ist ein scheuer Vogel. Durch sein sandfarbenes Gefieder gut getarnt, läuft er auf seinen flinken Beinen davon, sobald sich jemand nähert. Am ehesten kann man ihn an seinen Rufen erkennen, die meist in der Dämmerung und nachts ertönen und fast einen Kilometer weit zu hören sind. Der Triel ist ein Zugvogel und an spärlich bewachsene Trockenlebensräume gebunden, etwa Heiden und Schotterflächen. Früher bewohnte er trockene Bereiche entlang der Donau. In Österreich ist er heute nur noch in Kiesgruben und angrenzenden Trockenrasen im östlichen Niederösterreich – im Steinfeld und im Marchfeld – zu finden. Mit einem Gesamtbestand von wenigen Brutpaaren zählt der Triel zu den seltensten Brutvögeln Österreichs und gilt als bedrohte Vogelart. Die nächstgelegenen größeren Bestände mit 150 bis 250 Brutpaaren gibt es in der ungarischen Tiefebene. 

Die große Zählung

Erst 1994 wurde in Österreich mit unregelmäßigen Bestandserhebungen begonnen und eine Analyse jener Faktoren erstellt, die zur Dezimierung der Population führen. Seither wird versucht, die gewonnenen Erkenntnisse in Artenschutzmaßnahmen umzusetzen – aufgrund der artspezifisch niedrigen Fortpflanzungsrate des Triels ein langfristiges Unterfangen. »Der Triel ist akut vom Aussterben bedroht«, sagt Bernadette Strohmaier, Projektkoordinatorin bei BirdLife Österreich. »Nur gemeinsam können wir den Naturschutz vorantreiben und uns für das Überleben dieser besonderen Vogelart einsetzen.«

Bernadette Strohmaier, BirdLife: »Nur gemeinsam können wir den Naturschutz vorantreiben.« (Bild: BirdLife)

Der Rückgang der Art ist vor allem auf den Verlust des Lebensraums zurückzuführen. Steppenartige Landschaften sind in Mitteleuropa kaum noch zu finden, auch die Verbauung sämtlicher Geschiebestrecken an großen Flüssen spielt ein wichtige Rolle. Der räumliche Konnex von potenziellen Brutplätzen und geeigneten Nahrungsflächen ist für die Ansiedlung des Triels entscheidend. Insbesondere das Steinfeld stellt aufgrund seines natürlichen Steppencharakters einen einzigartigen Naturraum dar. Seit 1997 werden Ackerparzellen und Teile von Schottergruben speziell für den Triel adaptiert. Im Rahmen des Österreichischen Programms für eine umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) wurde ein eigener Brachetyp – die sogenannte Triel-Brache – für potenzielle Vorkommensgebiete entwickelt. Durch Artenschutzprogramme wie diese stieg der Bestand im Europaschutzgebiet Steinfeld auf zehn bis zwölf Paare an.

Seit 2008 gibt es flächendeckende Bestandserhebungen. Das letzte große Monitoring fand 2018 statt, bei dem sich zeigte, dass widrige Witterungsbedingungen dem Triel stark zugesetzt hatten. »Trotz der Bemühungen zum Erhalt dieser seltenen Vogelart über die letzten Jahrzehnte führten starke Fröste im April 2016 und 2017 zu weiteren Bestandsrückgängen der Population«, bestätigt Frank Grinschgl, fachlicher Koordinator des Projekts und langjähriger Kenner des Triels und des Steinfeld.

Frank Grinschgl, Projektkoordinator: »Starke Fröste führten zu Rückgängen der Population.« (Bild: BirdLife)

Für 2022 ist nun erneut ein systematisches Monitoring vorgesehen. Im Zuge einer dreimaligen Begehung wird das Vorkommen des Triel an 65 Beobachtungspunkten kartiert. Dabei sollen auch Flächen mit Bewirtschaftungsauflagen, die seit 2016 in einer Gesamtgröße von 300 Hektar im Steinfeld angelegt wurden, einer Überprüfung unterzogen werden. Neben hochwertigen Flächen, die sich potenziell als Habitate eignen, fließen auch für den Triel ungünstige Bewirtschaftungsformen in die Erhebung ein.

Ein Bestand von 25 bis 30 Brutpaaren scheint für ein Vogelschutzgebiet dieser Größe durchaus realistisch erreichbar wie auch naturschutzfachlich wünschenswert. Allerdings unterliegt die Population mitunter zufallsbedingten Schwankungen in der Alters- und Geschlechterverteilung, die unter den wenigen Individuen zu bestandsgefährdenden Engpässen führen zu können. 

Praxisnahe Umweltbildung

Bereits abgeschlossen ist das Projekt »Arten- und Lebensraumschutz in Rohstoffgewinnungsbetrieben in Niederösterreich«, das vom Forum mineralische Rohstoffe und BirdLife Österreich, gefördert aus Mitteln des Landes Niederösterreich und der EU, erfolgreich durchgeführt wurde. Von 2016 bis 2019 wurden an 31 Standorten eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität umgesetzt – etwa die Gestaltung von Flachwasserzonen, die Anlage von Löss- oder Schotterrasen, die Schaffung von ungestörten Steinhaufen, Sandsteilwänden und Geröllhalden sowie die Minimierung von Störungen in der Nähe von Uhu-Brutnischen.

In Kiesgruben und angrenzenden Trockenrasenflächen finden der Triel und viele andere Tiere einen neuen Lebensraum. (Bild: (l.) Hengl Mineral, (r.) Frank Grinschgl)

Parallel dazu bildete BirdLife in einem Workshop 18 Naturvermittler*innen aus, die im Rahmen von Führungen Einblick in die Rolle von Steinbrüchen und Kiesgruben als Sekundärhabitate geben. Einige niederösterreichische Rohstoffgewinnungsbetriebe beteiligten sich an dem Projekt – und waren von der Vielfalt der vorgefundenen »Naturschätze« durchaus überrascht. Neben Triel und Flussregenpfeifer nutzen auch andere seltene und gefährdete Arten wie Uferschwalbe und Bienenfresser sowie Eidechsen, Lurche, Libellen und Wildbienen diese vermeintlich kargen Gebiete als Rückzugsraum. Gemeinsam mit den zuständigen Behörden wurden Lösungen gesucht, um den Tieren langfristig eine neue Heimat zu bieten.

In bereits stillgelegten Abbaustätten erfolgten Renaturierungsmaßnahmen. Doch auch während des laufenden Betriebs ist eine Koexistenz ohne große Einschränkungen für das Unternehmen möglich. Während der Brutzeit werden Nester beispielsweise durch Absperrbänder gekennzeichnet und für die wenigen Wochen von Baggern und Lkw umfahren. Teilweise können schon recht einfache, kostengünstige Maßnahmen wie regelmäßige Entbuschung, das Aufbringen einer Lehmschicht oder das Versteilen von Brutwänden helfen, Sekundärlebensräume für Amphibien, Insekten und Vögel zu schaffen und zu verbessern.

Im Kieswerk Nussdorf ob der Traisen siedelte sich der Flussregenpfeifer wieder an.

Am Lafarge-Standort Mannersdorf wird ein Teil des Geländes sich selbst überlassen. Dieser verwilderte Bereich ist eine Oase, die von vielen Tieren und Pflanzen genutzt wird. Durch ein umfassendes Naturschutzkonzept der Rohrdorfer Gruppe siedelte sich der Flussregenpfeifer im Areal des Kieswerks Nussdorf ob der Traisen wieder an. Von diesen Erfahrungen profitieren nun Betriebe in ganz Österreich, wenn das Projekt in Kürze auf das gesamte Bundesgebiet ausgerollt wird.

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