Dienstag, November 19, 2024

Bei Konflikten mit der Bevölkerung spießt es sich weniger am Naturschutz als am Verkehr. Eine effizientere Nutzung von Lkw mit schweren Aufbauten bringt positive Effekte für Umwelt und Klima, wie eine Studie der TU Wien belegt.


Der hohe Stellenwert der Rohstoffindustrie für die österreichische Wirtschaft ist unbestritten. Geht es jedoch um Abbaustätten oder Verarbeitungsbetriebe in der unmittelbaren Nachbarschaft, gehen unter den Anrainer*innen oft die Wogen hoch. Sie fürchten Belastungen durch Lärm, Staub und Verkehr.  Ein gordischer Knoten: Mineralische Rohstoffe und Baurohstoffe haben in den Regel einen Transportradius von maximal 25 Kilometer.

Aufgrund der fehlenden Anbindung an die Schiene – nur die wenigsten Zu- und Abladestationen verfügen über Bahnanschlüsse – muss der Großteil der Rohstoffe aber mit Lastkraftfahrzeugen befördert werden. Insbesondere die Versorgung der österreichischen Bauwirtschaft erfolgt grundsätzlich durch den regionalen Lkw-Verkehr. Laut Statistik Austria ist das Segment »Steine, Erden und Baustoffe« für mehr als die Hälfte des Transportaufkommens inländischer Unternehmen im Straßengüterverkehr verantwortlich.

Der Verkehr ist zudem mit einem Anteil von 46 Prozent der stärkste Verursacher von CO2-Emissionen – bis 2030 soll der Ausstoß um rund 7,2 Millionen Tonnen auf 15,7 Millionen Tonnen CO2 gesenkt werden. Die Erreichung dieses Ziels könnte u. a. durch die Anpassung von Gewichtstoleranzen und Maßen im Güterverkehr näherrücken. 

Gewinn für Umwelt und Klima

Konkret entspricht das System von Achslasten, höchstzulässigen Gesamtgewichten und Längenmaßen nicht mehr den Gegebenheiten in der Praxis, etwa bei kranbaren Sattelaufliegern. Knapp ein Drittel aller Fahrzeuge ist mit schweren betriebsbedingten Aufbauten (Ladekran, Greifarm, Kippvorrichtung) ausgestattet, wie das Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien in einer Studie zum Thema Transportoptimierung feststellte.

Die schweren Aufbauten von kranbaren Lkw bedingen ein zum Teil stark erhöhtes Eigengewicht, wodurch sich die Nutzlast reduziert. Unter Einhaltung der zulässigen Achslasten wären aber höhere Gesamtgewichte technisch grundsätzlich möglich. Aufgrund der gesetzlichen Vorschriften können die genutzten Transportfahrzeuge derzeit nicht effizient beladen werden. Die Forscher*innen ermittelten die technischen und ökologischen Auswirkungen einer – fahrtechnisch möglichen – höheren Nutzlast bei diesen Fahrzeugtypen.

Die Ergebnisse zeigen im Falle eines um zehn Prozent höheren Gesamtgewichts eine deutlich positive Bilanz. Unmittelbar spiegelt sich das in einer Reduktion der Fahrleistungen um 22,8 Millionen Kilometer pro Jahr wider. Bei einem durchschnittlichen Transportradius von 25 Kilometern entspricht dies einer Reduktion von knapp 900.000 Lkw-Fahrten pro Jahr und damit einer erheblichen Verringerung von Lärm, Staub und Verkehr im regionalen Bereich. Aus der geringeren Anzahl an Fahrten resultiert auch ein um 3,6 Millionen Liter jährlich niedrigerer Dieselverbrauch.

Ein weiterer positiver Umwelteffekt ergibt sich durch die Reduktion der CO2-Emissionen. Die zehnprozentige Anhebung des Gesamtgewichts bewirkt eine Reduktion der CO2-Äquivalente von 654,7 auf 643,3 Millionen Kilogramm. Das Einsparungspotenzial beträgt somit 11,4 Millionen Kilogramm CO2-Äquivalente pro Jahr. 

Optimierter Transport

Die Studie bezieht auch Aspekte der Verkehrssicherheit – Anhalteweg, Achslastverlagerung, Kurvenfahrt – in ihre Analyse ein und kommt zu dem Schluss, dass durch die Erhöhung der höchstzulässigen Gesamtgewichte bei Einhaltung der bestehenden gesetzlichen Anforderungen an die technische Ausstattung der Lkw die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird.

Zudem ist keine Zunahme der Gütertransporte zu erwarten. Der Anteil am gesamten Transportaufkommen hält sich seit 2012 im Mittel konstant – durch die höhere Beladung könnten Fahrten sogar reduziert werden. Eine höhere Tonnage könnte auch künftige Verkehrsströme, die sich durch eine bessere Konjunkturlage ergeben, eindämmen. Ein erhöhtes Gesamtgewicht würde zudem eine höhere Kfz-Steuer und damit mehr Einnahmen für den Staatshaushalt bedeuten. 


Umsetzungsvorschlag

Die Umsetzung müsste über eine Novelle des Kraftfahrgesetzes (KFG) erfolgen, in der die höchstzulässigen Gesamtgewichte angehoben werden. Eine geeignete Ausnahmeregelung für Fahrzeuge mit druck- und vakuumfestem Tank besteht bereits in §4 Absatz 7b KFG, diese müsste nur wie folgt ergänzt werden:

Fahrzeuge, die betriebsbedingt über einen druck- und vakuumfesten Tank verfügen (Saug-Druck-Tankfahrzeuge) oder betriebsbedingt mit Kränen oder Greifarm ausgerüstet sind oder betriebsbedingt über Kippvorrichtungen der Ladeflächen verfügen, dürfen abweichend von den Bestimmungen des Abs. 7 und Abs. 7a im Rahmen der zulässigen Achslasten folgende Werte für das Gesamtgewicht nicht überschreiten:

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