Mittwoch, November 20, 2024

Im vergangenen Dezember präsentierte das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) den »Masterplan Rohstoffe 2030«. An der Erarbeitung waren das Forum mineralische Rohstoffe und zahlreiche Unternehmensvertreter maßgeblich beteiligt.


Lange wurde um einzelne Maßnahmen, Zuständigkeiten und Formulierungen gerungen. Wichtige Stakeholder aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft waren in die Erstellung eingebunden. Am 15. Dezember 2021 veröffentlichte die zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger schließlich den »Masterplan Rohstoffe 2030«, der die Verfügbarkeit von Baurohstoffen, Industriemineralen, Metallen und Energieträgern sowie von aus Energieträgern produzierten Kunststoffen sichern soll. Er enthält 75 Maßnahmen, mit denen drei Ziele verfolgt werden, so Köstinger: »Erstens Österreichs Bergbau zu stärken, zweitens Kooperationen mit ressourcenreichen Ländern zu verbessern, drittens Kreislaufwirtschaft durch innovative Technologien zu forcieren.«

Den Fokus richtet die Bundesregierung dabei auf nationale Vorkommen: Durch die intelligente Gewinnung und Verarbeitung von primären und sekundären Rohstoffen soll es gelingen, die Wertschöpfungsketten zu verlängern und damit den heimischen Wirtschaftsstandort zu stärken. Österreich soll in der europäischen Industrie künftig eine Vorreiterrolle einnehmen. 

Drei-Säulen-Modell

Der Masterplan basiert – der europäischen Rohstoffstrategie folgend – auf drei Säulen: der Versorgung aus heimischen Quellen, der Versorgung aus internationalen Zulieferquellen und dem Bereich Smart Production, Kreislaufwirtschaft, neue wertschöpfende Technologien und Produkte. Dieses Kerngerüst wird von Querschnittsthemen begleitet, die alle drei Säulen umfassen – darunter die Themengebiete Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Automatisierung, Forschung, Bildung, Dialog, Foresight Policy und Umfeldanalyse.

Zwei Maßnahmenpakete (dargestellt im Annex 1 und 2 des Masterplans) beziehen sämtliche politische Ressorts – Industrie- und Wirtschaftspolitik, Umweltpolitik, Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiepolitik, Außenwirtschaft sowie Sicherheit und Verteidigung – in die Umsetzung ein. Das erste Paket betrifft Maßnahmen, die unmittelbar in Angriff genommen werden können. Die Verantwortung dafür liegt größtenteils beim BMLRT. Für das begleitende Monitoring der Maßnahmen wird eine eigene Arbeitsgruppe beauftragt, die den Prozess hinsichtlich methodischer, prozessualer und struktureller Aspekte begleiten soll. Das Forum mineralische Rohstoffe wird in dieser Arbeitsgruppe vertreten sein. 

Bereich Baurohstoffe

Speziell für Baurohstoffe sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

- Durch raumordnerische Instrumente ist der langfristige Zugang zu Lagerstätten mineralischer Rohstoffe zu sichern. Hierfür können die Ergebnisse des Österreichischen Rohstoffplans als Planungsgrundlage herangezogen werden. Mögliche Umsetzungsschritte sind in einem Dialog mit den Bundesländern zu betrachten.

- Zur Verringerung von verkehrsbedingten Emissionen und straßengebundenen Transportleistungen ist die Erhöhung des höchstzulässigen Gesamtgewichts für Lkw mit schweren Aufbauten unter Beibehaltung der geltenden Achslasten analog zu den bestehenden Ausnahmen für andere schwere Aufbauten (§ 4 Abs. 7b KFG) anzustreben.

- Wertstoffhaltige Materialien sind einer möglichst hochwertigen Wiederverwertung zuzuführen. Dies bedeutet beispielsweise, dass eine höherwertige Nutzung einer Verwertung in Form von Massenausgleich vorzuziehen ist. Die rechtlichen Rahmenbedingungen in den relevanten Materiengesetzen sind zur nachhaltigen Nutzung von Ressourcen (z. B. Tunnelausbruch) zu optimieren. Eine vertiefte Diskussion über konkrete Verwertungsmöglichkeiten einzelner Sekundärrohstoffe einschließlich allfälliger Verwertungsquoten ist zu starten.

- Zur Verringerung von Emissionen und Verkehrsbelastungen ist ein besserer Anschluss von Rohstofflagerstätten an das Verkehrsnetz sicherzustellen.

- Eine Harmonisierung der unterschiedlichen länderspezifischen Regelungen der Landschafts- und Naturschutzabgaben bei der Rohstoffgewinnung ist anzustreben. Mögliche Umsetzungsschritte sind in einem Dialog mit den Bundesländern zu behandeln.

- Es wird angeregt, unbelasteten, verwertbaren Bodenaushub aus dem Abfallregime herauszunehmen (z. B. Aushubkies).

Unabhängiger werden

Die lückenlose Versorgung mit Rohstoffen ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Abhängigkeit von Importen, insbesondere aus China, führte im Zuge der Covid-Pandemie zu erheblichen Engpässen. Um die Luftqualität während der Olympischen Spiele zu verbessern, veranlasste die chinesische Regierung zudem die Abschaltung von Kohlekraftwerken und Industriebetrieben – mit zeitlicher Verzögerung wirken sich diese Produktionsdrosselungen auch auf die Lieferketten heimischer Unternehmen aus. Auch der Krieg in der Ukraine ist diesbezüglich bereits spürbar.

Das erklärte Ziel ist daher, mehr Rohstoffe – soweit vorhanden – in Österreich abzubauen, um unabhängiger und krisenresistenter zu werden. »Die sichere Verfügbarkeit von Rohstoffen zu fairen, international vergleichbaren Preisen ist Voraussetzung dafür, dass wir in der Industrie erfolgreich arbeiten können«, sagt Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung. »Dies ist Bedingung dafür, dass wir die industrielle Basis in Österreich erhalten und stärken können.« Mit 90 Milliarden Euro trägt die Rohstoffindustrie ein Viertel des österreichischen Bruttoinlandsprodukts und ist Arbeitgeber für eine Million Menschen.

Georg Knill, Industriellenvereinigung: »Die industrielle Basis durch die sichere Verfügbarkeit von Rohstoffen erhalten und stärken.« (Bild: IV)

Nachhaltige Nutzung

Die Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen ist mit einem temporären Eingriff in die Erdkruste verbunden. Werden nach Ende der bergbaulichen Tätigkeiten die Flächen der Natur zurückgegeben, kann die Biodiversität nach erfolgter Renaturierung sogar höher sein als zuvor und der Verlust der biologischen Artenvielfalt langfristig verhindert werden. Dieser Aspekt findet ausdrücklich im allgemeinen Teil des Masterplans Erwähnung – ebenso wie der Verweis auf die Beachtung der Ökobilanz im Sinne einer nachhaltigen Nutzung von Rohstoffen.

»Ambitionierte Recyclingquoten für den Einsatz sekundärer Baustoffe werden als herausfordernd erachtet, weil das Ausgangsmaterial langfristig gebunden ist, Recycling-Baustoffe unter Umständen nur regional und nicht kontinuierlich verfügbar sind«, heißt es dazu im Masterplan. Zur Bewertung der Umweltauswirkungen sollen deshalb Lebenszyklusanalysen »mit entsprechenden Systemgrenzen« herangezogen werden. Für Tunnelausbruch hingegen ist bei entsprechender qualitativer Eignung die Wiederverwertung zu ermöglichen.

Eine aktive Rohstoffpolitik bedeutet auch Klimapolitik. Letztlich ist die Erreichung der Klimaziele mit dem Ausbau erneuerbarer Energiegewinnung und damit untrennbar mit dem Einsatz von Rohstoffen verbunden. So werden für den Bau einer Photovoltaikanlage eine ganze Reihe mineralischer Rohstoffe benötigt – einige davon kommen aus dem Ausland. Nicht nur im eigenen Land muss deshalb auf Nachhaltigkeit gesetzt werden, sondern auch beim Import von Rohstoffen. Die hohen europäischen Standards müssen beibehalten und weiterentwickelt werden.  

Auf den Zusammenhang von Rohstoffpolitik und Klimaschutz verwies bei der Präsentation des Masterplans auch IV-Präsident Knill: »Rohstoffe sind die Grundlage für Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Immer wieder hört man ›Europa sei bereits gebaut‹. Wenn Europa bis 2030 seine Treibhausgasemissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 reduzieren und bis 2050 klimaneutral sein will, dann bedeutet dies in Wahrheit eines: Wir brauchen ein riesiges Investitions- und Bauprogramm für neue Infrastrukturen für Verkehr und Energie, neue Gebäude und neue Energiebereitstellung.« 

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