Die Anforderungen an Business-Software haben sich geändert – und damit die Tätigkeit der SAP-Berater*innen. Sonja Rjeznik und Alex Boehm von Phoron Consulting geben Einblick in eine Branche im Wandel.
Das Wirtschaftsleben hat sich in den letzten 20 Jahren rapide verändert. Nahezu jede Branche, jeder Geschäftszweig ist dynamischen Entwicklungen unterworfen, die rasche Entscheidungen verlangen. Auf diese Ansprüche mussten auch Hersteller von Business-Software reagieren.
»Vor 20 Jahren war SAP ein ERP-System mit ein paar Modulen. Inzwischen hat SAP ein riesiges Portfolio von End-to-End-Prozessen und einem digitalen Kern, der primär die Aufgabe hat, automatisiert Prozesse abzubilden«, sagt Alex Boehm, der als ehemaliger SAP-Kunde, später SAP-Mitarbeiter und nunmehr SAP-Berater alle Seiten der Branche kennengelernt hat: »User sind heute verstärkt in Cloud-Lösungen anzutreffen. SAP entwickelte sich also vom Anbieter reiner Software zum Anbieter von Software-as-a-Service.«
Neue Technologien haben Unternehmensprozesse stark beschleunigt. Mitarbeiter*innen sind nicht mit der Dateneingabe beschäftigt – diese wird zunehmend maschinell erledigt –, sondern mit der Analyse und Interpretation von Datenmodellen. Unternehmen werden heute zudem holistisch betrachtet: Bereiche, die früher »entkoppelt« (wie z. B. Produktionsprozesse) oder mehrheitlich manuell (z. B. Instandhaltungsprozesse) funktionierten, liefern nun wichtige Daten für die Finanzplanung. Die Unternehmensleitung kann somit auf Basis von Echtzeitdaten Entscheidungen treffen.
Aber nicht nur die Arbeitsweise der Endkunden ist heute anders. Mit der stetigen Erweiterung des Portfolios veränderten sich auch die Anforderungen an die Berater*innen. »Es reicht nicht mehr, ein ERP-System in allen Einzelheiten zu kennen, sondern wir müssen über das Lösungsportfolio rundherum Bescheid wissen und hier die End-to-End-Prozesse darstellen können«, erklärt Boehm. Wenn es in den einzelnen Fachbereichen in die Tiefe geht, ist Spezialwissen gefragt.
Bei den Kundengesprächen sitzen sich meist mehrköpfige Teams gegenüber, um die Abläufe gut aufeinander abstimmen zu können. So ist beispielsweise bei einem Order-to-Cash-Prozess nicht nur der Vertrieb eingebunden, sondern auch die Finanzabteilung und die Lagerverwaltung, wie Phoron-Beraterin Sonja Rjeznik bestätigt: »Bei übergreifenden Themen sind wir oft zu dritt dort, damit jeder Bereich ordentlich übergeben werden kann und der Kunde gut betreut ist.«
Zehn Jahre voraus
Viele Unternehmen stecken noch mitten in der Migration zu S/4HANA, während mit »Rise with SAP« im Vorjahr bereits die Cloud-Offensive des Softwarekonzerns startete. Um den technologischen Wandel auch in den Lösungen umsetzen zu können, werden diese als Standardlösungen nun in der Cloud angeboten – ein Paradigmenwechsel für die SAP-Kunden, die bisher On-Premise-ERP-Systeme gewohnt waren. Entsprechend viel Überzeugungsarbeit müssen auch die Berater*innen leisten.
»SAP ist mit der Cloud dem Markt zehn Jahre voraus«, unterstreicht Boehm die Vorreiterrolle. »Unsere Aufgabe als Berater ist es, die Kunden dort abzuholen, wo sie heute stehen und dann möglichst nahe an den Standard-Tools und -Services individuell zu unterstützen.« Diese Erwartung wird auch zunehmend an die SAP-Architekt*innen bei Phoron Consulting herangetragen. An ihnen liegt es, den Gesamtblick zu wahren und den Brückenschlag – ganz gemäß dem Phoron-Motto »Go live and beyond« – zu bewerkstelligen.
Der verhältnismäßig schnelle Wandel von Software und Technologien stellt oftmals eine Herausforderung für Unternehmen dar. Von den Berater*innen wird erwartet, dass sie diese Prozesse erklären - und für Kund*innen die Lösung empfehlen, die den Anforderungen des Marktes entspricht.
Jede Umstellung stößt bei User*innen, die viele Jahre an ein System gewöhnt waren, naturgemäß auf Skepsis. Es liegt daher oftmals an den Berater*innen, die Vorteile der neuen Lösungen schmackhaft zu machen. Gerade das Finanzwesen, das – vom Einkauf über die Lagerwirtschaft und Produktion bis hin zum Vertrieb – alle Mengen- und Wertflüsse abbildet, wird mit einer Reihe praktischer Features unterstützt. Wie sich ein Kundenauftrag entwickelt hat, welche Bestellungen und Fertigungen ausgelöst wurden und welche Anzahlungsketten damit verbunden sind, ist durch die grafische Darstellung der einzelnen Prozessschritte leicht nachvollziehbar. Alle Daten sind sofort im Reporting sichtbar.
»Meiner Meinung nach war SAP schon immer die beste Softwarelösung zur Abbildung integrativer betriebswirtschaftlicher Prozesse. Mit Realtime Data hat S/4 einen wichtigen Meilenstein erzielt«, ist Expertin Sonja Rjeznik, die selbst mehrere Jahre in der Wirtschaftsprüfung tätig war, überzeugt. »Es gibt kein vergleichbares Produkt, das diese Komplexität und Größen mit detaillierten Lösungen abbilden kann.« Mittels Machine Learning werden wiederkehrende Buchungen automatisch erkannt. Auch bei der Freigabe und Zahlung von Rechnungen kann administrativer Aufwand erheblich eingespart werden.
Trotz stark verbesserter Usability ist der Change-Prozess, den Kunden durchlaufen müssen, nicht zu unterschätzen, sind doch damit meist tiefgreifende organisatorische Veränderungen im unmittelbaren Tätigkeitsbereich der Mitarbeiter*innen verbunden. »In der Projektphase stelle ich oft fest, dass die Kunden sich zwar Standardlösungen wünschen, sich aber gleichzeitig davor fürchten«, sagt Rjeznik.
Schnittstellen schaffen
Der Aufwand lohnt sich auch für mittelständische Unternehmen. »Die Größe des Unternehmens spielt keine Rolle. Optimierung ist überall möglich, beispielsweise durch die Automatisierung des Rechnungs- und Mahnwesens«, sieht Beraterin Rjeznik gerade bei KMU großes Potenzial, da viele Prozesse noch manuell oder mit einer zusätzlichen Software abgewickelt werden. Abgespeckte Lösungen halten die Kosten im Zaum und die IT übersichtlich: » Wir müssen nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen.«
Bedingt durch die über Jahrzehnte gewachsene SAP-Landschaft, die sich erst nach und nach rund um das Kerngeschäft ERP bildete, ist in vielen Unternehmen eine sehr heterogene Struktur aus mehreren IT-Systemen vorhanden. Die Harmonisierung im Zuge der S/4-Migration gestaltet sich mitunter schwierig. »Wir sind tagtäglich damit konfrontiert, dass ein Kunde nicht nur mit SAP arbeitet, sondern auch Software von Mitbewerbern verwendet. Für uns bedeutet das, andere Systeme einzubinden und zusätzliche Schnittstellen zu schaffen«, sagt Phoron-Berater Boehm.
Hier sind Weitblick und Know-how gefragt: Nicht alles, was S/4HANA bietet, wird tatsächlich benötigt oder macht erst zu einem späteren Zeitpunkt Sinn. Im Gespräch mit dem Kunden, finden die Berater*innen heraus, was am besten zu jeweiligen Anforderungen passt und entwickeln eine langfristige Strategie. SAP-Beratung geht heute über reine Software-Implementierung hinaus: Sie stellt die Weichen für den künftigen Unternehmenserfolg.
Das Unternehmen
Phoron Consulting ist ein mittelständisches SAP-Beratungshaus in Wien, das Unternehmen bei Implementierungen, Rollout-Projekten und im laufenden Support unterstützt. 160 Mitarbeiter*innen betreuen weltweit rund 90 Bestandskunden. Seit der Gründung 2004 konnten mehr als 1.000 Projekte erfolgreich abgeschlossen werden. Das Tochterunternehmen Phoron Cloud positioniert sich seit 2020 als spezialisierter Anbieter für Cloud-ERP am Markt.