Ist die neue Welt des Arbeitens nur Hype oder fixe Stoßrichtung in der Wirtschaft? Margarete Schramböck, Geschäftsführerin Dimension Data, spricht über den Wandel am Arbeitsplatz, über IT-Gefüge in Organisationen und über die Veränderungen in ihrem eigenen Unternehmen.
Report: NextiraOne hat seit dem Vorjahr mit der NTT-Tochter Dimension Data einen neuen Eigentümer und auch dessen Namen angenommen. Was hat sich für Sie in Österreich geändert?
Margarete Schramböck: Wir haben nicht nur unseren Namen gewechselt, sondern auch inhaltlich dazugewonnen. Zu NextiraOne-Zeiten hatten wir einen Finanzinvestor im Hintergrund, nun mit der NTT Group einen strategischen Investor mit dem Fokus auf IT. Dimension Data ist in 58 Ländern tätig. Das bedeutet für uns, nicht mehr auf die Region Europa beschränkt zu sein, sondern mit eigenen Standorten und eigenen Ressourcen weltweit tätig sein zu können – auch in Asien, Afrika und Amerika.
Und wir haben noch viel vor. So sind wir wahrscheinlich eines der wenigen IT-Unternehmen, das derzeit signifikant wächst. Konzernweit ist das Ziel, den Umsatz innerhalb von fünf Jahren von sechs auf zwölf Milliarden Dollar zu verdoppeln. Dimension Data hat weltweit 22.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 300 in Österreich, bei hierzulande 75 Millionen Euro Umsatz. Wir haben im vergangenen Quartal acht MitarbeiterInnen in unserem Sales-Trainee-Programm neu aufgenommen und suchen derzeit mehr als 14 Expertinnen und Experten für die Bereiche Datacenter, Security aber auch IP-Telefonie. In neue Skills und neue Ressourcen investieren zu können, das macht einfach Spaß.
Unsere bisherigen Kernbereiche - die Integration von Netzwerkinfrastruktur, Security und Kommunikationslösungen - werden natürlich weitergeführt. Mit dem neuen Eigentümer treten aber stärker Rechenzentrumsthemen in unseren Fokus. Dieser Bereich wird in ganz Europa ausgebaut, wir suchen derzeit 40 Data-Center-Experten in Europa. Dimension Data berät Unternehmen, wie Data-Center-Strukturen optimal genutzt oder auch errichtet werden können. Weiters bieten wir IT-Dienste aus unseren eigenen Rechenzentren an. Dies sind momentan 27 Data Center weltweit, davon befinden sich drei in Europa: in London, in Amsterdam und eines wird gerade in Frankfurt errichtet. In diesem Zusammenhang werden wir natürlich auch eine Strategie für unsere Kunden in Österreich entwickeln. Zu Frankfurt kann gesagt werden: Das Datenschutzrecht in Deutschland ist so gut, dass Services von dort aus ebenfalls gut in die IT-Infrastrukturen österreichischer Unternehmen integrierbar sind.
Report: Ist denn der Bedarf für mehr Rechenzentren da? Wird das von der Wirtschaft nachgefragt?
Schramböck: Absolut. Es geht dabei um die Dienste, die aus diesen Rechenzentren als IT-as-a-Service erbracht werden können. Viele Unternehmen wollen ihre IT dahingehend ausrichten und nicht mehr alles selber erbringen. Wir sprechen hier nicht ausschließlich von Lösungen aus einer öffentlichen Cloud, sondern von Private Cloud. Ziel ist es, die IT aus dem eigenen Haus mit Services aus der Cloud zu kombinieren. Der Bedarf ist gerade bei Großunternehmen aber auch beim Mittelstand vorhanden. Mitarbeitern werden so flexibel und schnell Services geliefert. Server und damit Kapazitäten können mit nur einem Klick in die eigene Infrastruktur aufgenommen oder auch wieder weggeschaltet werden.
Die Menschen sind es gewohnt, leicht zugängliche Anwendungen wie Dropbox oder Skype zu nutzen im privaten Bereich und erwarten einfache und bequeme Lösungen auch am Arbeitsplatz. Die Unternehmen stehen deshalb vor der Herausforderung, solche Applikationen, aber mit einem höheren Fokus auf die Sicherheit der Daten, ihren Mitarbeitern anzubieten. Mit alter Technologie werden sie das nicht schaffen. Heute gibt es Applikationen und Services, die dies sehr wohl auch im Unternehmensumfeld möglich machen. Auch kann zum Beispiel Rechenleistung, wie sie von Entwicklungsabteilungen immer wieder unregelmäßig benötigt wird, flexibel provisionierbar zur Verfügung gestellt werden. Dabei muss auch nicht immer gleich eine eigene Infrastruktur errichtet werden, die je nach Hersteller mehrere Millionen Euro kosten kann. Wir können diese Prozesse aus unseren vorhandenen Rechenzentren zu Verfügung stellen. Bezahlt wird dann über Pay-as-you-use-Modelle nur das, was tatsächlich genutzt wird. Überdies ist es im Großkundenumfeld bei Banken, Serviceprovidern oder Versicherungen den Unternehmen wichtig, weiterhin die Verantwortung über die gesamte IT zu halten. Mit diesem Ansatz ist auch das garantiert.
Report: Wenn wir vom angestammten Bereich der früheren NextiraOne sprechen: Eignen sich Kommunikations- und Collaboration-Lösungen genauso für die Cloud?
Schramböck: Beides hat bei Dimension Data nebeneinander Platz - sowohl das Integrationsgeschäft als auch die Leistungen als IT-as-a-Service aus der Cloud anbieten zu können. Telefonieren ist immer noch ein Grundbedürfnis der Menschen. Die Frage dabei ist nur, welche Technik man dazu wählt. Wir sehen den Trend zu softwarebasierten Telefonielösungen, die vielleicht auch in einer unternehmensweiten sozialen Plattform integriert sind. Auf dieser Ebene können die User ihren bevorzugten Kommunikationskanal selbst wählen: Videokonferenzen, klassische Sprachtelefonie - auch als Konferenzschaltung - Dokumentensharing oder Chats. Die neue Welt des Arbeitens bedeutet ja nicht nur, dass wir auch von zu Hause aus arbeiten können. Die Frage ist vielmehr, wie ich mich innerhalb meiner Unternehmensorganisation bewege, wie Besprechungen aufgesetzt werden und wie auch die Kommunikation zu den Kunden verbessert wird. Es geht darum, benötigte Informationen schnell zu finden.
Report: Worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie eine Kollaborationsplattform erfolgreich einsetzen wollen?
Schramböck: Zwei Dinge sind für den Erfolg nötig: eine Mission und eine Strategie. Will sich ein Unternehmen in seiner Organisation modern aufstellen und Wettbewerbsvorteile am Markt erzielen, lässt sich die IT dazu hervorragend als Mittel zum Zweck einsetzen. Mit einer entsprechenden Strategie für die Umsetzung müssen wiederum zwei unterschiedliche Usergruppen angesprochen werden: das Topmanagement und die Mitarbeiter. So gibt es viele Führungskräfte, die - mit dem Thema alleine gelassen - mit der Umsetzung neuer Prozesse überfordert sind. Während es Startups aufgrund der geringeren Größe eher leicht haben, sieht dies bei Großen ganz anders aus. Die Maßnahmen, die Unternehmen in die neue Welt des Arbeitens führen sollen, müssen daher zuerst in der Führungsspitze verankert werden. Versteht ein Vorstand dieses Thema nicht, ist jedes Projekt zum Scheitern verurteilt. Eines ist auch uns klar: Solche Veränderungen sind mehr eine Organisationsaufgabe und eine Frage, wie damit die Benutzer erreicht werden können. Die Technik dazu gibt es bereits. Die ist nicht die Herausforderung.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben heute den Anspruch an Unternehmen, so arbeiten zu können, wie sie es auch auf ihren privaten Endgeräten tun. Damit überholen sie die IT-Abteilungen von links und rechts. Falls die Unternehmens-IT hier nicht mitzieht oder gar nicht reagieren darf, besteht die Gefahr, dass sich wertvolle Mitarbeiter von dem Unternehmen abwenden. Heute beurteilen junge Leute ihren Arbeitgeber nach der Flexibilität am Arbeitsplatz und den zur Verfügung gestellten Arbeitswerkzeugen. Für mich ist es daher keine Frage mehr, ob sich Unternehmensorganisationen ändern müssen. Es ist die Frage, wie schnell sie es können.
Gerade Unternehmen sollte klar sein: Die Mitarbeiter organisieren sich ihre bevorzugten Tools irgendwann selbst. Sie finden Wege und wissen, wie man Beschränkungen in der eigenen IT umgehen kann. Dies ist nicht nur für die IT-Sicherheit, sondern für das gesamte Unternehmen gefährlich - wenn beispielsweise Firmendokumente in einer unsicheren Applikation wie Dropbox abgelegt werden. Wenn einige CEO wüssten, was in ihren Unternehmen passiert, würden sie sich die Haare raufen.
Report: Haben Sie selbst die Erfahrung gemacht, dass Sie von Bewerbern auf diese Punkte hin geprüft werden?
Schramböck: Ja. Ich habe vor kurzem mit High Potentials über diese Themen gesprochen. Themen wie Bring-your-own-device, also mit dem eigenen Endgerät arbeiten zu dürfen, und Fragen zur Ausstattung des Arbeitsplatzes stehen heute bei den meisten jungen Arbeitnehmerinnen vor dem Thema Dienstwagen. Das Auto ist nicht mehr das Wichtigste. Früher war das anders.
Report: Sehen Sie den Höhepunkt dieses Trends bereits erreicht?
Schramböck: Im Gegenteil - die Diskussion wird sich noch verstärken. Gerade jüngere Mitarbeiter sind oft frustriert, wenn ihnen nicht Freiraum in den Arbeitsweisen gegeben wird. Ich denke, dass sich in den kommenden zehn Jahren die Spreu vom Weizen trennen wird. Wenn man als Unternehmer in einer etablierten Industrie diese Offenheit nicht lebt, entgleiten diese Bewerber wieder. Sie heuern dann bei der Konkurrenz an oder gründen ihr eigenes Unternehmen.
Report: Letztlich kosten neue Lösungen aber auch Geld. Daran scheiterte es doch oft – die neue Welt des Arbeitens ist nur schlecht als Business-Case durchrechenbar.
Schramböck: Das war in der Vergangenheit sicherlich ein Problem, das im schlechtesten Fall auch Fehlinvestitionen verursachte. Mit den Services und Plattformen aus der Cloud lässt sich das Risiko aber minimieren. Fertige Dienste und auch entsprechendes Know-how können als Dienstleistung zugekauft werden. Vorabinvestitionen sind damit nicht nötig. In diese Richtung wird es immer mehr gehen. Sicherlich wird es immer auch Firmen geben, für die solch ein Wandel überhaupt nicht in Frage kommt. Diese können in ihren Bereichen trotzdem erfolgreich sein. Wenn ich der letzte Schmied unter den Schmieden bin, mache ich ja auch Geschäft - denn dann kommen alle wieder zu mir. Die Mehrheit der Unternehmen wird aber nur dann langfristig überlebensfähig sein, wenn sie IT als Teil ihres Wettbewerbspotenzials versteht. Das gilt für große Organisationen ebenso wie für Kleinunternehmen.