Samstag, Dezember 21, 2024

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Josef Kremsz, Geschäftsführer der Wopfinger Tiefbau- und Umweltbaustoffe GmbH TIWO, über die negativen Folge der Hypo-Pleite für die Bauwirtschaft, über den Beitrag des Tiefbaus zum Umweltschutz und erklärt, warum Innovationen auch von der Politik abhängig sind.

Report: Laut aktuellen Zahlen der Statistik Austria ist der Bauproduktionswert im Tiefbau 2013 teilweise dramatisch rückläufig. Wie würden Sie die Situation des Tiefbaus in Österreich beschreiben?
Josef Kremsz: 2013 war auch für unser Unternehmen ein schwieriges Jahr, 2014 wird aber sicher besser. Das liegt nicht zuletzt auch an einigen Großprojekten, die jetzt gestartet werden. Bauvorhaben wie der Semmeringtunnel sind natürlich auch für uns sehr wichtig. Was die gesamte Tiefbaubranche angeht, sind Prognosen schwierig. Ich denke aber schon, dass es noch Überkapazitäten auf Produktionsseite gibt. Der Markt ist weiterhin sehr angespannt.

Report: In vielen Teilbereichen der Bauwirtschaft stellt sich vor allem die Frage nach der Marge ...
Kremsz: Das ist im Tiefbau, wo die Risiken gewaltig sein können, nicht anders. Hier muss das Ergebnis im Fokus bleiben, Umsatzdenken ist da zu kurzfristig.

Report: Befürchten Sie, dass in Zeiten von Wirtschaftskrise und Hypo-Abwicklung die Infrastrukturinvestitionen der öffentlichen Hand weiter sinken werden?
Kremsz: Ich bin sogar fest davon überzeugt, dass der aus der Hypo folgende Kollateralschaden auch den Bau treffen wird. Der Bund wird sicher auch bei Infrastrukturinvestitionen zurückhaltender sein. Irgendwoher muss das Geld für die Hypo ja kommen.

Report: Vor knapp einem Jahr wurde ein Baukonjunkturpaket angekündigt, von dem bis heute nicht viel zu sehen ist. Auch im Koalitionsübereinkommen finden sich viele Forderungen der Bauwirtschaft. Dennoch passiert bislang wenig. Was erwarten Sie von der Regierung?
Kremsz: Das ist ein sehr komplexes Thema. Man darf nicht davon ausgehen, dass Projekte im Koalitionspapier beschlossen werden und schon im nächsten Jahr bauwirksam sind. Vor allem im Tiefbau haben wir beginnend mit der UVP enorm lange Vorlaufzeiten. Da kann es Jahre dauern, bis ein Projekt in die Planungs- und Ausführungsphase kommt. Deshalb muss die Politik auch langfristig denken. Es geht um die Frage, wo wir als Gesellschaft hinwollen: um Mobilität, Konsum- und Investitionsverhalten.

Report: Wohin soll sich unsere Gesellschaft Ihrer Meinung nach entwickeln?
Kremsz: Der größte Fehler der letzten Jahre war aus meiner Sicht die Verhüttelung am Stadtrand. Die Unmengen an Einkaufszentren mit ihren Gratisparkplätzen haben dazu geführt, dass die Ortskerne zu veröden beginnen. Da muss die Politik mit Vorgaben und Förderungen gegensteuern. Das wäre auch für die Bauwirtschaft ein wichtiger Impuls. Ein Stahl-Glas-Gebäude auf der grünen Wiese ist schnell errichtet, aber für die Revitalisierung historischer Ortskerne ist echte Ingenieurskunst gefragt. Damit lässt sich auch die Wertschöpfung erhöhen.

Report: Aber ist nicht die Revitalisierung von historischen Stadtkernen für ein Tiefbauunternehmen wie TIWO nur mäßig spannend?
Kremsz: Ganz im Gegenteil. Denken Sie nur an die Parkplatzsituation. Eine sinnvolle Parkraumbewirtschaftung ist das Um und Auf. Und da braucht es im städtischen Bereich Tiefgaragen. Wir hinken in der Untergrundbewirtschaftung im Vergleich mit anderen Ländern deutlich hinterher. Dabei bieten gerade diese Spezialtiefbaubereiche enorme Potenziale, um die Infrastruktur zu verbessern. Um irgendwo ein Loch zu graben, braucht es keine Spezialisten, aber wenn es sich um einen schwierigen Baugrund handelt, mit Nachbarbebauung und einer alten Bausubstanz, sind Speziallösungen gefragt. Damit lässt sich auch die regionale  Wertschöpfung erhöhen.

Report: Wenn man einen Blick auf die TIWO-Homepage wirft, sieht man, dass Ihr Unternehmen großen Wert auf die Bereiche Umweltschutz und Nachhaltigkeit legt. Was können Tiefbauunternehmen für eine gesunde Umwelt tun?
Kremsz: Es gibt für uns viele Möglichkeiten, die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu leben. Das beginnt bei der CO2-Reduktion in der Baustoffproduktion und endet bei einer durchdachten Logistik, um unnötige Transportkilometer zu vermeiden.
Betrachtet man die gesamte Baubranche, ist es aus meiner Sicht unerlässlich, bei Vergaben mehr in Richtung Ökologie und Bestbieterprinzip zu gehen. Die ökologische Betrachtung muss bei Projektbewertungen an Bedeutung gewinnen. Daraus ergeben sich für die Politik auch positive Lenkungseffekte. Denn dafür braucht es innovative Ansätze und Lösungen. Das schafft Arbeitsplätze und erhöht die Wertschöpfung. Der Status quo braucht keine Innovation. Man kann Technologieschübe auch vorgeben. Das hat das Beispiel des Katalysators beim Auto eindrucksvoll gezeigt.

Report: Welche aktuellen Trends im Tiefbau und Spezialtiefbau sehen Sie?
Kremsz: Das ist schwer zu sagen. Im Moment liegt der Fokus leider einzig und allein beim Geld. Es muss billig sein. Dieser Spar- und Kostendruck lähmt alles. Da ist kein Raum für Kreativität. Dienstleistungen und Komplettpakete sind aus meiner Sicht die einzige Möglichkeit, um die Preise langfristig zu stabilisieren.

Report: Es gibt immer mehr Initiativen, die sich mit dem Thema Lebenszykluskosten beschäftigen. Im Hochbau gibt es etwa die IG Lebenszyklus Hochbau. Ist so etwas auch für den Tiefbau denkbar?
Kremsz: Das Thema ist ohne Zweifel sehr wichtig. Aber ich glaube, dass uns da der Hochbau ein Stück weit voraus ist. Natürlich müssen auch im Tiefbau die Lebenszykluskosten berechnet werden, das hat aber noch nicht den Stellenwert wie im Hochbau. r

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