Eine Analyse von Wolfgang Matejka, Geschäftsführender Gesellschafter der Matejka & Partner Asset Management GmbH.
Interessant, dass es in der Statistik immer wieder der Oktober ist, der als schwacher Börsenmonat in die Datenbanken geschrieben wird. So war es auch diesmal. Gewinne wurden mitgenommen, die Nervosität bekam die Chance ein wenig durchzubrechen, die Kurs-Rückgänge waren aber allesamt recht zivil. Es kommt nun eben der eine oder andere geopolitische Risikofaktor in den Status der Exekution, so beispielsweise die sichere Erkenntnis einer knapp über der Nulllinie schwebenden europäischen Konjunktur, einer Inflation, die zwar gesunken ist, aber die Notenbanken noch nicht zum stürmischen Zinssenken motiviert, und das Finale der US-Wahl deren Wahlkampf zuletzt immer lauter und diffamierender geführt wurde.
Bisher war 2024 ein Jahr, in dem sich viele Einzeleffekte allesamt zu einem, für viele historisch unerwarteten, positiven Aktienverlauf emporgeschwungen hatten. Trotz noch hoher Inflation am Beginn des Jahres, hoher Zinsen bis zum Herbst, Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten, US-Wahl und schwacher Konjunktur in Europa waren die Aktienmärkte weitgehend zweistellig im Plus. Getragen von einem hohen Bias in Richtung passiver Investments, die sich via ETF, Indexfonds oder quantitativ gesteuerten Portfolios den Weg in die Märkte gebahnt hatten. Large Caps schlugen daher erneut Small Caps. Der Bewertungsabstand dieser beiden Gruppen wuchs in Europa auf noch nie festgestellte Dimensionen. Warum das so ist? Nun, voraussichtlich sind die vielen Krisen rund um uns einer der Gründe.
Man versucht, mit so wenig Investments wie möglich so gut wie möglich anzulegen, um dann, wenn eine Krise eskaliert, rasch wieder verkaufen zu können. Wir tanzen knapp neben der Türe zum Ausgang. Nur, wenn das alle machen, kommt man im Fall der Fälle auch nicht mehr heraus. Der Kurssturz an Japans Börse gegen Ende August, motiviert durch eine minimale Zinsänderung der Bank of Japan, war ein solches Beispiel.
Die bisherige Jahresperformance der österreichischen Börse war zwar im Plus, aber doch teilweise deutlich hinter anderen europäischen Benchmark-Indizes. Das, was Österreich aber zeigte, war, dass in der langfristigen Total-Return-Betrachtung der ATX einige der prominenten Vergleichsbörsen deutlich abhängt. Der Grund für diese historisch belegte höhere Dividendenrendite liegt in der regelmäßig tieferen Bewertung der heimischen Aktien, die als Ursache immer wieder die geringere absolute Liquidität genannt bekommt, aber auch in einer Art Selbstverteidigung unserer gelisteten Unternehmen, sich gegenüber einer geringen Akzeptanz in der Öffentlichkeit mit den attraktiven Ausschüttungen ihre Stamminvestor*innenschaft dadurch zu erhalten.
Wir werden, mit dem Höhepunkt der Wahl in den USA, einen interessanten Herbst und Winter an den Börsen erleben. Einerseits werden globale Krisen in neue Kräftemuster importiert, andererseits die Wirtschaftstrends einem erneuten Reality Check unterworfen werden. Die europäische Politik wird sich mehr und mehr zu einer unterstützenden Rolle bekennen müssen und Reformen, Investitionsanreize und den so unfassbar dringend benötigten Bürokratie- und Administrationsabbau vollziehen müssen. Diese Bewegungen würden dann auf fruchtbaren Boden an den Börsen fallen und dort könnte sich dadurch die so lange erhoffte Fantasie mit der Realität verbinden. Ein »Wirtschaftswunder« Europa könnte sogar die Folge sein. Die politischen Lösungswege liegen inzwischen deutlich zutage.
Die europäischen Börsen, und mittendrin der ATX, zählen aktuell zu den am günstigsten bewerteten Märkten der Welt. Sollten sich die Parameter Wachstum, Investitionsförderung und Bürokratieabbau drehen, müsste daraus eine tolle Börsenperformance entstehen können. Und die Wiener Börse zählt zu den attraktivsten Kandidaten einer solchen Entwicklung.