Wenn WhatsApp für Unternehmen ungeeignet ist: Mit „Rainbow“ liefert Alcatel-Lucent Enterprise eine Kommunikationsplattform aus der Cloud, die datensicher ist und sich in Geschäftsprozesse integrieren lässt. ALE-Austria-Geschäftsführer Christian Doleschal über den Wandel am Arbeitsplatz und ein wachsendes Netzwerkgeschäft im Industriebereich.
Report: Sie bieten Kommunikationsinfrastruktur für den Arbeitsplatz und die Zusammenarbeit in Unternehmen an – was sind die Faktoren für erfolgreiche Lösungen in diesem Bereich?
Christian Doleschal: Wir setzen auf den für jeden einfachen Zugang von Collaboration-Lösungen. Viele der Tools am Markt sind an Hersteller und Systeme gebunden. Die vergangenen Monate aber haben gezeigt, dass eine leichte Installation, Inbetriebnahme und einfacher Umgang der Infrastruktur für das Homeoffice entscheidend sind. Wir setzen hier auf unsere cloudbasierende Collaboration-Lösung Rainbow. Ursprünglich, vor rund vier Jahren, wurde Rainbow mit seinen Unified-Communications-Funktionen speziell zu unsere Telefonanlagen wie etwa OmniPCX Enterprise oder im KMU-Segment OmniPCX Office gestartet. Wir wollten Kunden auch bei einer bestehenden Infrastruktur ermöglichen, moderne Collaboration zu nutzen – beispielsweise Videokonferenzen vorab zu planen und zu administrieren. Heute kann Rainbow auch bei Geräten anderer Hersteller eingesetzt werden. Mit der Plattform können Telefonanlagen von Unify, Cisco, Mitel und NEC eingebunden werden – wir haben dazu Konnektoren für die Produkte dieser Hersteller gebaut.
Report: Wo werden die Daten der Cloud-Lösung verwaltet? Ist der Speicherort überhaupt ein Thema bei Unternehmen?
Doleschal: Wo die Daten gehostet sind, ist weiterhin ein wichtiges Thema. Die Cloud-Lösung selbst läuft in unseren eigenen europäischen Rechenzentren und wird als Service von unseren Partnern angeboten. NTT und A1 sind hier die größten in Österreich, darüber hinaus haben wir einige Dienstleistungspartner und Reseller, die regional stark verankert sind. Auch die anfallenden Daten können in der Cloud gespeichert werden, ebenso wie „on-premises“, in der IT-Infrastruktur beim Kunden Es sind hier verschiedene Ausprägungsstufen möglich, sogar die Installation der kompletten Plattform bei großen Kunden etwa im Behörden- oder Gesundheitsbereich. Als europäischer Hersteller unterliegen wie nicht dem US-Cloud Act, welcher US-Hersteller und deren Töchter zu Offenlegung von personenbezogenen Daten zwingt und damit automatisch gegen die DSGVO verstößt.
Report: In welcher Weise ist der Zugang zu Rainbow niederschwelliger als bei anderen Collaboration-Lösungen?
Doleschal: Ein Freemium-Modell, das auf openrainbow.com erhältlich ist, kann jeder nutzen. Wenn Sie sich dort registrieren, können Sie sofort loslegen – wir nutzen es in meiner Familie als Ersatz für WhatsApp. Eigene Enterprise-Lizenzen lassen dann die Nutzung in verschiedenen Stufen auf Telefonanlagen zu, auch mit Verbindungsmöglichkeiten zu Google Suite oder auch Microsoft Teams. Im Bildungsbereich zum Beispiel haben die Angestellten von Universtäten den Mehrwert aller Funktionen mit der Bezahlversion, während die Studierenden die freie Version verwenden können – ebenfalls mit Gruppenfunktionen und Teilnehmersuche über die E-Mail-Adresse. Und – das macht Rainbow für Geschäftskunden interessant - auf Entwicklerseite können Funktionen wie Audio, Video und Messaging in die eigenen Anwendungen und Geschäftsprozesse von Unternehmen integriert werden.
Bild: ALE liefert mit Rainbow eine business-taugliche, sichere Kollaborationsplattform.
Report: Trotzdem gibt es bereits namhafte Apps und Kommunikationstools, auf die viele bereits über ihr Smartphone zugreifen können.
Doleschal: Die gängigen Messaging-Dienste sind einfach zu benutzen und jeder hat sie am Smartphone – die Applikationen entsprechen aber nicht den Anforderungen an Datensicherheit im Geschäftsumfeld. Wir sehen mit Rainbow etwa speziell im Gesundheitssektor, insbesondere bei Spitälern, eine optimale Alternative für die Kommunikation und Zusammenarbeit. Spitalsverbände in der Schweiz haben die Nutzung von WhatsApp – die sich in Organisationen oft nicht verhindern lässt – bereits komplett abgestellt. Rainbow ist DSGVO-zertifiziert, ebenso wird gerade eine Zertifizierung für den Healthcare-Bereich durchgeführt, die EU-weit sichere Datenspeicherung garantiert.
Bild: Die Rainbow-App funktioniert auf dem Desktop, im Browser, auf dem Smartphone oder Tablet und verfügt in der freien Basisversion über Features wie Instant Messaging, Gruppen-Chats und Teamzusammenarbeit (Bubbles) mit bis zu 20 Teilnehmern, Sprach- und Videoanrufe sowie Screen- und File-Sharing.
Report: In welchen Bereichen wird ihr Kommunikations-Lösungsportfolio in der Regel eingesetzt?
Doleschal: Durch unsere internationale Tätigkeit mit Schwerpunkt Europa fokussieren wir auf viele verschiedene Märkte mit unterschiedlichen Ausprägungen. Während in Großbritannien bereits stark Cloud-Services nachgefragt werden, basieren Lösungen in den nordischen Ländern oftmals auf „Mobile Devices“ wie Smartphones – auch wenn in großen Organisationen sehr wohl Telefonanlagen im Hintergrund laufen. Im deutschsprachigen Raum, insbesondere Österreich, sehen wir eine eher traditionelle Nutzung auch von Telefonapparaten mit den entsprechenden Funktionen Namenswahl, das Transferieren von Anrufen oder Gruppen-Calls. Natürlich können Sie heute auch mit einem Mobil-Device ein Dreier-Gespräch aufsetzen. Größere Konferenzen werden in der Regel aber mit einer zusätzlichen Applikation abgedeckt.
Der Arbeitsplatz, wie wir ihn abdecken, hat sich generell zu einer sehr flexiblen Umgebung für Kommunikation entwickelt. Je nachdem, was gerade praktisch ist, führe ich ein Gespräch über mein Tischtelefon, habe einen PC-basierten Soft Client mit Headset im Einsatz oder nutze das Mobiltelefon, das ebenfalls mit einem Client inklusive Collaboration-Funktionen in die Unternehmenslösung eingebunden ist. Auch wenn in den vergangenen Jahren der Großteil der Unternehmen auf IP-Telefonie gewechselt ist – das Spektrum ist immer noch sehr groß und wir haben auch noch Kunden, die klassische Digitaltelefonie im Büro haben. Man hat dort einfach nicht die Notwendigkeit gesehen, die Verkabelung zu ändern.
Report: Wie entwickelt sich das reine Telefonie-Hardwaregeschäft? Einen wachsenden Markt gibt es hier wohl nicht mehr?
Doleschal: Der Markt geht zwar jährlich um einen einstelligen Prozentsatz zurück, steht aber weiterhin für nicht unwesentliche Umsätze. Tischapparate werden immer noch getauscht und wir sehen derzeit sogar eine Renaissance bei DECT-Telefonen – auch hier im Spitalsbereich. Vor gut zehn Jahren hatte man dort einen großen Trend in Richtung Voice-over-WLAN gesehen. In der Praxis hatte sich aber die Abdeckung mit wenigen „DECT Base Stations“ als wesentlich ressourcenschonender als mit der stets größeren Zahl an nötigen Access-Points erwiesen. Zudem ist das „Hand-over“ von Gesprächen bei DECT reibungsloser. Kunden sind deswegen wieder zurück auf DECT gegangen.
Und natürlich haben wir auch Organisationen, die auf Smart Devices setzen. Hier gibt es robuste, einfach zu reinigende und desinfizierbare Geräte, die in den Anschaffungskosten herkömmliche DECT-Geräte teils um ein Vielfaches übersteigen. Die Kunden sehen damit aber stets auch einen digitalen Mehrwert für ihre Geschäftsprozesse, etwa mit eigenen Applikationen für die Radiologie. Smart Devices brauchen im Gebäude natürlich GSM- oder LTE-Abdeckung, später dann auch 5G. Wir sehen das neutral – die Lösungen, die wir entwickeln, müssen mit allen Technologien und Frequenzbändern funktionieren.
Report: Welche Wachstumsbereiche adressiert ALE?
Doleschal: Im Bereich der Netzwerkkomponenten sehen wir einen wachsenden Einsatzbereich für „Industrie Switches“ – kleine, robuste Boards im Feldeinsatz etwa in einer IP-basierten Ampelsteuerung. Security muss dort direkt auf dem Board, auf dem Chip passieren, damit Anlagen auch nicht vor Ort aufgebrochen und gehackt werden können.
Bei „IoT Containment“ werden über Profile Handlungsspielräume und Wirkungsbereiche von Sensoren und anderen IoT-Devices definiert. Ebenso wird über „Application Fingerprinting“ der Datenstrom genau betrachtet, um Anomalien im Netzwerk zu erkennen. Sobald ein Temperatursensor etwa unübliche Datenpakete schickt, wird das betroffene Board sofort automatisch abgeschaltet.
Wir sind ein Infrastrukturanbieter sowohl im Kommunikations- als auch im Netzwerkbereich. Unser Anliegen ist, die Sicherheit aller unserer Komponenten bereits auf der physikalischen Ebene zu gewährleisten. Wir wollen Hackern immer einen Schritt voraus sein, in dem wir bereits das Eindringen und die feindliche Übernahme von Geräten verhindern. ALE setzt hier massiv Ressourcen ein – mit laufenden Zertifizierungen und einem ständigen Nachrüsten seiner Produkte.
Report: Die Zusammenarbeit in Unternehmen hat sich in den vergangenen Monaten massiv verändert. Was sind für Sie die Faktoren, die ein Arbeitsplatzkonzept auch zuhause erfolgreich gestalten?
Doleschal: Homeoffice ist ein Konzept, das es natürlich schon länger gibt. Ganz wichtig ist, dass der Homeoffice-Arbeitsplatz identisch mit jenem in der Firma ist. Was heißt das? Ich muss auch dort meine Netzwerkanbindung mit allen Laufwerken haben, ich sollte über die gleiche Ausstattung mit Telefonapparat und Notebook verfügen. Wir unterstützen hier mit vorkonfigurierbaren „Remote Access-Points“, die zuhause einfach nur ans Modem des Internetproviders gesteckt werden. Das Gerät verbindet sich automatisch mit dem Firmennetzwerk und baut den VPN-Tunnel ins sichere Unternehmensnetz auf – inklusive Telefonie-Kanal. Und mit Rainbow kann ich mich auch von zu Hause aus mit meinen Kontakten verbinden.
All diese Tools sind schon lange verfügbar und es ist eigentlich eher an den Unternehmen gelegen, ob deren Nutzung auch zugelassen wird. Das hat sich in den letzten Monaten massiv geändert. Trotzdem ist die soziale Komponente, der Austausch mit den Kollegen im Büro, nicht zu unterschätzen. Wichtig hier ist, Menschen die Wahlfreiheit zu geben – ebenso aber auch Regeln auch für das Arbeiten von zuhause aus zu definieren. Es braucht auch im Homeoffice Ruhezeiten. Das Wochenende soll stets Wochenende bleiben – auch wenn am Handy schnell Mails gecheckt werden könnten.