Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report erklärt Leo Bonengl, Geschäftsführer BG-thinktank, wie man als Unternehmen in der digitalen Welt erfolgreich Themen besetzen kann, warum Audits unerlässlich sind und warum man bei der Implementierung einer digitalen Kommunikationsstrategie trotz Corona nicht hektisch werden muss.
Report: Die aktuelle Analyse zeigt, dass es im Beobachtungszeitraum durchschnittlich 70 Artikel pro Tag mit den vorab definierten Unternehmen gab. Bei unserer letzten Untersuchung im Herbst 2018 waren es 55 Artikel. Es gelingt aber kaum einem Unternehmen, in einem Atemzug mit einem absoluten Trendthema wie Lean Construction genannt zu werden. Dabei sehen sich viele Unternehmen gerade in diesem Bereich als absolute Vorreiter. Wie ist das zu erklären?
Leo Bonengl: Es ist richtig, es gibt eine Steigerung bei der Anzahl der Artikel. Das ist als Branchenergebnis okay. Auch wenn da natürlich viel Eigenkommunikation dabei ist, stimmt die Richtung. Es gibt aber in der digitalen Kommunikationsstrategie, die man neben der notwendigen Offline-Kommunikation machen muss, sicher noch Luft nach oben. Wir stellen aber fest, dass das Verständnis für die Online-Kommunikation enorm steigt, gerade auch im B2B-Bereich. Man steht aber im Vergleich zu anderen Branchen sicher noch am Anfang. Eine digitale Kommunikationsstrategie ist ein Prozess. Das kostet Geld und braucht entsprechende personelle Ressourcen. Das geht nicht von heute auf morgen. Aber die Erkenntnis, dass man sich auch digital positionieren muss, ist auf jeden Fall da.
Die Ergebnisse der Analyse zeigen aber auch, dass die Branche noch lernen muss, wie man in der digitalen Welt ein Thema besetzen kann. Dafür braucht man die richtigen Akteure zur Unterstützung. Das können Medien sein, aber auch Experten oder Wissenschafter. Wenn hier eine enge Vernetzung gelingt, schafft man auch die entsprechenden Nennungen und Verbindungen mit einem Thema.
Report: Wie genau kann das gelingen?
Bonengl: Das ist alles andere als einfach. Denn man muss andere Akteure und Stakeholder davon überzeugen, dass man als Unternehmen für ein Thema Relevanz hat. Dafür reicht Eigenkommunikation nicht aus. Für diese Expertise brauche ich eine Bestätigung. Speziell wenn es um ein neues Thema geht, einen Trend, geht das nicht ohne Vernetzung. Da muss ich zuallererst die richtige Akteure kennen, die meinungsbildend sind und als Multiplikator dienen, und dann Lobbying in eigener Sache betreiben. Dafür brauche ich den richtigen Content und die richtigen Kanäle. Denn wenn ich einem Experten eine Geschichte über ein neues Thema erzähle, dann muss das anders aufbereitet sein, als wenn ich etwa Quartalszahlen kommuniziere. Das muss man üben und lernen.
Report: Wie findet man die richtigen Kanäle?
Bonengl: Zuerst muss der Bedarf analysiert werden. Welche Botschaften sollen transportiert werden und wer ist die Zielgruppe? Danach braucht es ein Audit, um den Status quo zu erheben, welche Kanäle auf welche Art bespielt werden. Wenn ich etwa Journalisten erreichen will, wird Facebook nicht der richtige Kanal sein. Da ist Twitter sinnvoller. LinkedIn etwa war früher vor allem eine Rekrutierungsplattform. Das hat sich geändert. Damit kann man heute wunderbar B2B-Inhalte transportieren. Diese Kanäle müssen aber richtig bespielt werden.
Denn jeder Kanal hat eine andere Strategie. Ich kann nicht einfach meine Offline-Inhalte für den digitalen Auftritt verwenden. Denn, das muss man sich immer vor Augen halten, im Gegensatz zur Offline-Welt hört mir das Gegenüber in der digitalen Welt nicht automatisch zu. Den muss ich erst so weit bringen. Likes haben als Währung ausgedient. Was zählt, ist Engagement. Ich muss es schaffen, dass mein Content geteilt wird und sich die Menschen mit meinen Content auseinandersetzen, sei es nur mit drei Worten. Das gibt dem Content ein anderes Gewicht. Das gilt für alle eigenen Kanäle, wie Website, Newsletter, Social-Media, etc.. Diese Interaktionen bekomme ich nur, wenn ich mich strategisch aufstelle. Da geht es um das richtige Wording und die Struktur, wie ich kommuniziere.
Report: Wie wirkt die Coronakrise in die Digital- und Onlinestrategie von Unternehmen? Was sind die Auswirkungen und wie muss man jetzt reagieren?
Bonengl: Es ist absolut keine Hektik angesagt. Ich würde jedes Unternehmen mit kleinen, konsequenten Schritten in das Thema einführen. Unternehmen, die vielleicht auch im Zuge der Krise erkannt haben, dass sie in ihrer digitalen Kommunikation Nachholbedarf haben, sollten sich einem externen Audit stellen, um zu wissen, wo sie stehen. Die meisten Unternehmen fangen ja nicht mehr bei Null an. Es gibt vielleicht einen Facebook-Account oder ein LinkedIn-Profil. Diese Aktivitäten gilt es zu analysieren. Das ist gut angelegtes Geld. Da geht es auch nicht darum, alles über Bord zu werfen, was ein Unternehmen bislang gemacht hat, sondern darauf aufzubauen und in eine ganzheitliche Strategie zu gießen.
Report: Große Bauprojekte sind oft negativ in den Medien. Wie können Unternehmen die eigene Sichtweise oder die eigene Position kommunizieren?
Bonengl: Die Anforderungen an die Branche haben sich in den letzten Jahren deutlich geändert. Themen wie Nachhaltigkeit, Ökologie oder auch soziale Verantwortung spielen heute eine ganz andere Rolle. Es reicht nicht mehr, nur gut zu bauen. Man muss auch seine Themen und Botschaften transportieren und multiplizieren, und das in einer viel stärkeren Taktung als früher. Aber ohne lästig zu werden. Das ist das Schöne an den digitalen Kanälen. Weniger schön ist, dass sich diese Kanäle auch gegen einen wenden können, wenn etwas nicht so gut läuft. Ein Unternehmen, das seine digitalen Hausaufgaben gemacht hat, kann seine Botschaften im Bedarfsfall ganz schnell an die jeweilige Zielgruppe bringen. Und das mit eigenen Aktivitäten, die ich selbst steuern kann.