Sonntag, Dezember 22, 2024
Vorsicht beim Regress –  Haftungsbeschränkung kann  zum »Bumerang« werden!

Die Verantwortung für einen Bauschaden liegt oftmals nicht nur bei einem Baubeteiligten, sondern bei mehreren. Kommt es zu einer Solidarhaftung, kann sich der Geschädigte grundsätzlich aussuchen, an wem er sich schadlos hält. Nicht immer ist es ratsam, wenn der gesamte Schaden geltend gemacht wird!

Bild oben: Heinrich Lackner, Rechtsanwalt, Kanzlei Müller Partner Rechtsanwälte GmbH

Haben mehrere Baubeteiligte einen Schaden verursacht, dann haften sie gegenüber dem Geschädigten mitunter solidarisch. Das Gesetz ordnet etwa eine Solidarhaftung an, wenn die Verursacher zwar feststehen, es sich jedoch nicht bestimmen lässt, welchen Anteil diese am Schaden haben (§ 1302 ABGB).

Beispiel: Der Eigentümer eines Wohnhauses lässt den Dachboden des Hauses ausbauen, da er dort weitere Wohnungen errichten möchte. Für die Umsetzung des Projekts beauftragt er u.a. einen Ziviltechniker mit der Planung und Bauaufsicht, daneben einen Zimmerer, einen Dachdecker sowie einen Spengler mit der Ausführung. Nach Abschluss der Leistungen kommt es zu einem Wasserschaden (Schadenssumme EUR 190.000,00). Klar ist, dass mangelhafte Leistungen aller Beteiligten für den Schaden ursächlich sind. Unklar sind die Anteile der Beteiligten am Schaden.

Einer für alle, alle für einen

Der Eigentümer kann in dieser Konstellation die Kosten der Schadensbehebung von jedem Beteiligten (»Solidarschuldner«) zur Gänze fordern. Die Haftung für den Schaden besteht völlig losgelöst davon, wie hoch der Anteil ist, der auf den jeweiligen Verursacher entfällt, und in welchem Ausmaß die Solidarschuldner untereinander haften. Für sie gilt: einer für alle, alle für einen.

Mit der Leistung durch einen Solidarschuldner wird der Anspruch des Geschädigten freilich getilgt, sodass er für den Schaden nicht mehrmals Ersatz begehren kann. Er kann es sich eben nur »aussuchen«, welchen Verursacher er in Anspruch nehmen möchte. Und der in Anspruch Genommene? Er kann an den übrigen Schädigern im »Innenverhältnis« Regress nehmen. Würde also z.B. der Ziviltechniker vom Geschädigten belangt werden, stünde ihm bei einer (angenommenen) Haftung zu gleichen Teilen ein Regressanspruch in Höhe von je EUR 47.500,00 zu (EUR 190.000,00 : 4).

Vorsicht beim Regress

Verständlicherweise wird der Geschädigte darauf aus sein, dass er auf raschestem Weg den gesamten Schaden ersetzt bekommt. Der Geschädigte sollte sich dennoch nicht dazu verleiten lassen, seine Ansprüche geltend zu machen, ohne vorher die Vertragsverhältnisse mit den Beteiligten geprüft zu haben. Haftungsausschlüsse oder Beschränkungen, die mit einem Beteiligten vereinbart wurden, wirken im Innenverhältnis nämlich nicht. Das bedeutet, wird der betreffende Solidarschuldner im Regress zur Zahlung verpflichtet, kann er vom Geschädigten im Umfang der Haftungsbefreiung Ersatz verlangen.

Zurück zum Beispiel: Ist etwa die Haftung des Zimmerers für leichte Fahrlässigkeit im Vertrag mit dem Eigentümer ausgeschlossen, müsste er im Innenverhältnis zwar seinen Anteil (EUR 47.500,00) an den Ziviltechniker zahlen. Im Gegenzug könnte der Zimmerer vom Eigentümer in dieser Höhe – EUR 47.500,00 – aber eine Vergütung verlangen.

Fazit

Zwar kann der Geschädigte im Fall einer Solidarhaftung von jedem Beteiligten für den gesamten Schaden Ersatz verlangen. Vereinbarte Haftungsbeschränkungen wirken im Regress jedoch nicht, sodass die Vertragsverhältnisse vor Geltendmachung der Ansprüche genau geprüft werden sollten. Eine Haftungsbeschränkung kann nämlich – wie ein Bumerang – am Ende wieder den Geschädigten treffen!
 

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