Montag, Dezember 30, 2024
»Nicht die Pferde scheu machen«

Der Verkauf eines Unternehmen ist eine heikle Angelegenheit, weiß Michael Rohrmair, Managing Partner von Beacon Invest. Mitunter kann der Porsche des Chefs die Verhandlungen platzen lassen.

(+) plus: Was sind die Gründe für den gegenwärtigen M&A-Boom?

Michael Rohrmair: Viele gute Unternehmen stehen derzeit zum Verkauf. Das liegt an fehlenden Nachfolgern, aber auch an einem gewissen Trend zur Selbstverwirklichung. Es gibt eine Reihe von etablierten, profitablen Unternehmen, deren Eigentümer – Mitte bis Ende 40 – sagen: Ich möchte in meinem Leben noch etwas anderes machen. Gleichzeitig boomt die Nachfrage. Große Unternehmen wollen sich entweder Know-how von kleineren Firmen oder einfach Marktanteile zukaufen.

(+) plus: Welche Rolle nehmen Sie bei der Vermittlung ein?

Rohrmair: Mehrheitlich kommen Eigentümer auf uns zu, die ihr Unternehmen oder Beteiligungen verkaufen wollen. Wir suchen aber auch aktiv für große Unternehmen, die eine Firma in einer bestimmten Sparte oder Region kaufen wollen, und sprechen mögliche Betriebe an. Unser dritter Bereich ist die Kaufbegleitung für Unternehmen, die schon zwei, drei Firmen im Fokus haben: Wir strukturieren den gesamten Prozess und stehen bei der Kaufentscheidung und den Vertragsverhandlungen beratend zur Seite.

(+) plus: Wie bringen Sie Übergeber und Interessenten zueinander?

Rohrmair: Zuerst erstellen wir ein anonymisiertes Kurzprofil, das Angaben über den Umsatz, die Branche, die Region und das Investitionsvolumen enthält. Wenn ein Investor aufgrund dieser Parameter Interesse zeigt, erhält er ein rund 40-seitiges Investmentmemorandum, das alles Wesentliche über das Unternehmen enthält. Diese Informationen unterliegen einer Geheimhaltungsvereinbarung.

(+) plus: Haben kleinere Betriebe diese Zahlen überhaupt bei der Hand?

Rohrmair: Das ist genau das Problem. Ein Investor will wissen, welche Produktgruppe welchen Prozentanteil am Umsatz hat. Oft antworten die Eigentümer aus dem Bauch heraus richtig, nur muss das auch mit Zahlen belegt sein. Wir wissen, worauf die Investoren achten und unterstützen beim Zusammensuchen der entsprechenden Daten. Für ein gut dokumentiertes Unternehmen kann ein höherer Preis erzielt werden – jeder geht davon aus, dass diese Firma ordentlich geführt ist. Bei schlampigen Unterlagen wird jeder Käufer skeptisch sein.

(+) plus: Nach welchen Kriterien erfolgt die Bewertung eines Unternehmens?

Rohrmair: Wir legen entsprechende Absichtserklärungen sowie einen Zeitplan für den Verkaufsprozess fest. Dann beginnt die Due Diligence, die Sorgfaltsprüfung nach rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Belangen. Mögliche Stolpersteine werden im Detail geprüft, z.B. ob es offene Rechtsstreitigkeiten gibt oder alle Anlagegenehmigungen vorhanden sind. Gibt es Probleme, sollten sie offengelegt werden. Verschweigen ist keine gute Idee, denn treten die Probleme in der Due Dilligence zutage, wird sich jeder Käufer denken: Was wird mir hier noch verschwiegen?

(+) plus: Firmengründer hängen oft mit viel Herzblut am Unternehmen. Macht das die Sache schwieriger?

Rohrmair: Unserer Erfahrung nach trennen sich jüngere Eigentümer leichter. Wenn jemand den Verkauf anstrebt, bevor er es aufgrund des Alters »muss«, sieht er es oft unbefangener. Bei einem Eigentümer, der das Unternehmen 43 Jahre lang aufgebaut hat, müssen wir die Preisvorstellungen manchmal erst ins rechte Licht rücken. Sonst verkauft er es nicht, weil es zu teuer ist, oder er gibt es zu billig her – auch das kommt vor. Wir hatten aber auch schon 45-Jährige, die glaubten, ihre Firma sei das Dreifache wert. Wir drücken keinen Preis, sondern versuchen, den höchstmöglichen Wert zu erzielen. Dem muss allerdings eine realistische Einschätzung zugrunde liegen. Wir haben auch schon Mandate abgelehnt, weil sich der Verkäufer nicht mit sachlichen Argumenten überzeugen ließ.

(+) plus: Kommen die Käufer vorwiegend aus dem Ausland?

Rohrmair: Wir gleichen zuerst das Firmenprofil mit unserem internationalen Investorenclub ab und sprechen passende Mitglieder direkt an. Erst dann startet der klassische M&A-Prozess über Datenbanken mit Firmen in ganz Europa, die wir nach verschiedenen Prioritäten clustern. Von 200 bis 300 Unternehmen, die wir kontaktieren, bleiben oft nur ein paar Interessenten übrig. Die Suche ist sehr zeitaufwendig. Unser Know-how und unser Auftreten als Beacon Invest haben natürlich mehr Gewicht, als wenn der Eigentümer einer kleinen Firma dort anfragt.

(+) plus: Wann sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert werden?

Rohrmair: Bei einem kleineren Betrieb empfiehlt es sich, den Verkauf aufgrund der Wettbewerbssituation länger diskret zu behandeln. Man sollte nicht die Pferde scheu machen. Die Gefahr, dass wichtige Mitarbeiter vorzeitig gehen, ist doch gegeben. Wenn die Übernahme schon sehr konkret ist, muss man natürlich besprechen, wie die beiden Unternehmen zusammengeführt werden können. Gerüchte sind immer schlechter als eine unangenehme Wahrheit.

(+) plus: Wie lange dauert der Verkaufsprozess?

Rohrmair: Die Vorlaufzeit beträgt in der Regel ein Jahr. Wir führen immer kostenlose Erstgespräche und schauen sehr genau, ob es überhaupt der richtige Zeitpunkt für einen Verkauf ist. Oft macht es Sinn, zuvor eine Holding zu gründen. Ein Kunde brachte auf unser Anraten einen Teil des Vermögens in eine Stiftung ein. Der Verkaufsprozess dauerte wegen der Formalitäten zwar zwei Jahre, er ersparte sich dadurch aber fast eine Million Euro.

(+) plus: Woran scheitern Übernahmen?

Rohrmair: Je kleiner die Firma, desto eher sind emotionale Gründe ausschlaggebend. Mein Lieblingsbeispiel ist das Firmenauto: Der Inhaber eines kleinen Familienbetriebes, ein leidenschaftlicher Porsche-Fahrer, verkaufte an ein großes Unternehmen mit strenger Car-Policy. Statt seinem Porsche sollte er als nunmehriger Geschäftsführer einen 5er-BMW fahren – das war für ihn ein echtes Problem, das den Deal fast zum Scheitern brachte. Wir konnten hier noch vermittelnd eingreifen und ihn mit dem Zugeständnis einer Sonderausstattung zufriedenstellen.

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