Seit März ist Manfred Wagner Geschäftsführer von Rockwool. Im Report-Interview spricht er über seine persönlichen Ziele, Versorgungssicherheit und gestiegene Qualitätsansprüche. Außerdem erklärt er, warum er trotz Bauboom und steigender Nachfrage die Preise nur moderat erhöht.
Report: Die Bauwirtschaft boomt. Inwieweit profitiert Rockwool von diesem Umfeld?
Manfred Wagner: Wir konnten in den letzten Monaten eine positive Entwicklung verzeichnen und sehen auch dem zweiten Halbjahr 2018 sehr zuversichtlich entgegen. Marktpotenzial ist durchaus vorhanden. Als größter Steinwolle-Produzent der Welt können wir derzeit unsere Stärken ausspielen. Auch Lieferengpässe waren 2018 bei Rockwool kein Thema. Dank umsichtiger Managemententscheidungen und der Ausschöpfung aller verfügbarer Kapazitäten haben wir keine Einschränkungen bei der Lieferfähigkeit.
Report: Durch die steigende Nachfrage ist aktuell die Versorgungssicherheit ein großes Thema. Der Ausbau des Werkes in Neuburg wird erst ab 2020 helfen. Wie kann Rockwool bis dahin die Versorgung in Österreich sicherstellen?
Wagner: Es ist richtig. Die Nachfrage hat 2017 deutlich mehr zugenommen, als wir vermutet haben. Das lag auch daran, dass der Mitbewerb die Lieferung nach Österreich deutlich reduziert hat. Das war so nicht absehbar und hat uns vor große Herausforderungen gestellt. Es ist uns aber gelungen, die Nachfrage zu erfüllen, denn unserer Konzernmutter ist auch der österreichische Markt sehr wichtig.
Um der zentraleuropäischen Nachfrage gerecht zu werden, wird in wöchentlichen Managementsitzungen genau analysiert und prognostiziert, welche Mengen wo gebraucht werden. Dank dieser präzisen und gewissenhaften Absatzplanung und der Vielzahl an Produktionsstätten in Deutschland, die fast rund um die Uhr produzieren, und dem Zukauf aus weiteren Rockwool-Werken in Nordeuropa ist die Versorgungssicherheit gewährleistet.
Report: Die Dämmstoffbranche war jahrelang in einer Negativspirale gefangen. 2017 gab es laut Branchenradar.com endlich den langersehnten Turnaround. Dennoch ist oft von einem ruinösen Preiskampf die Rede. Lassen sich mit diesem Aufschwung auch die Margen verbessern oder handelt es um ein reines Umsatzwachstum?
Wagner: Der steigende Qualitätsanspruch wirkt dem vorhandenen Preisdruck entgegen. Die Ansprüche hinsichtlich Brandschutz, Nachhaltigkeit und Baubiologie werden allgemein höher. Der Umsatz wächst also auch aufgrund dieser genannten gestiegenen Qualitätsansprüche. Die Preise in den Segmenten Flachdach und WDVS verbessern sich wieder auf ein Niveau, das wir bereits vor einigen Jahren hatten. Dieses Niveau brauchen wir auch für die Abdeckung der gestiegenen Logistik- und Inflationskosten.
Report: Wäre die Boomphase mit steigender Nachfrage nicht der perfekte Zeitpunkt, um die eigene Marge deutlich zu verbessern?
Wagner: Es ist nicht so, dass sich die Margen gar nicht verbessern. Wir wollen die aktuelle Situation aber auch nicht dahingehend ausnutzen, dass wir über höhere Preise die eigenen Margen nach oben schrauben. Preiserhöhungen werden bei Rockwool nur sehr moderat durchgeführt. Wir hoffen aber schon, dass der Kunde das honoriert. Natürlich streben auch wir bessere Margen an, aber nicht über die reine Preisschiene, sondern über höhere Qualitäten.
Report: Rockwool hat höherwertige, aber auch höherpreisige Produkte. Sind die Kunden bereit, für bessere Qualitäten, etwa höheren Brandschutz, mehr Geld auszugeben?
Wagner: Ja, definitiv. Kunden kennen und schätzen unsere Qualitäten und sind bereit, dafür Geld auszugeben. Aber natürlich braucht es Fingerspitzengefühl, sich preislich nicht zu weit vom Mitbewerb zu entfernen. Gerade der Brandschutz hat einen sehr hohen Stellenwert. Vielen Menschen ist bewusst geworden, wie sehr wir im Brandfall davon abhängig sind, wie sicher ein Gebäude errichtet worden ist. Menschen erwarten zu Recht, dass ihre Wohnungen, Arbeitsplätze, Schulen und Krankenhäuser sicher sind. Gerade beim Thema Brandschutz sollten wir keine Kompromisse eingehen. Die Lösung liegt in unserem Kerngeschäft und das motiviert uns noch mehr, jeden Tag mit unseren Geschäftspartnern Gebäude so sicher zu bauen, wie wir es können.
Report: Der Facharbeitermangel hat die Branche fest im Begriff. Wie stark ist Rockwool von der Thematik betroffen und wie wollen Sie sich im Wettbewerb gegen andere Bauunternehmen, aber auch gegen andere Branchen behaupten?
Wagner: Indirekt bekommen auch wir als Unternehmen der Baustoffindustrie den Facharbeitermangel des Gewerbes zu spüren. Wir sind vor allem mit Terminverschiebungen von Projekten wegen bauseitig fehlender Vorleistungen konfrontiert. Auftragsspitzen können auf der Baustelle nicht zeitgerecht umgesetzt werden. Fachkräfte aus dem Ausland, die früher in Österreich tätig waren, finden jetzt aufgrund des Wirtschaftsaufschwungs in den Heimatländern auch zuhause entsprechende berufliche Möglichkeiten.
Report: Sie waren zwei Jahre Vertriebsleister und sind seit kurzem neuer Geschäftsführer von Rockwool. Zu Ihren zentralen Aufgaben gehört unter anderem die strategische Ausrichtung. Welche konkreten Maßnahmen wollen Sie in diesem Bereich setzen?
Wagner: Wir haben uns die Stärkung unserer Position am Markt zum Ziel gesetzt. Aufgrund der derzeitigen Marktsituation sowie der guten Stimmung gegenüber Steinwolleprodukten erwarten wir hier eine positive Entwicklung. Besonders wichtig ist mir die Verbesserung der Servicequalität: Für unsere Kunden relevante Punkte sind vor allem Versorgungssicherheit, Pünktlichkeit der Lieferungen, Optimierung von Logistik und Lieferzeiten. Die Verbesserung von internen Abläufen zum Wohle unserer Kunden ist ein weiteres wichtiges Ziel. Auch die permanente Weiterbildung unserer Mitarbeiter sowie die Förderung der individuellen Stärken ist mir ein besonderes Anliegen.
Report: Bevor Sie im März die Geschäftsführung übernommen haben, wurde Rockwool Österreich in Person von Volker Christmann von Deutschland aus geleitet. War durch dieses personelle Vakuum, den fehlenden Ansprechpartner vor Ort, eine Verunsicherung bei den Kunden spürbar?
Wagner: Es gab kein wirkliches Vakuum. Volker Christmann war zwar nicht ständig vor Ort, aber er war unseren Kunden bekannt. Aber natürlich haben sich die Kunden einen österreichischen Ansprechpartner gewünscht, der präsent ist und ein Ohr für das Tagesgeschäft hat. Das haben wir über die Vertriebsebene ganz gut abgefedert.
Report: Das dritte Quartal 2018 ist praktisch zu Ende. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus? Was erwarten Sie vom Gesamtjahr 2018?
Wagner: Wir blicken einem positiven Ergebnis entgegnen. Der bisherige Jahresverlauf war sowohl im Absatz als auch im Umsatz sehr positiv. Wenn das restliche Jahr normal verläuft, werden wir unsere Planungen erfüllen und ein höheres Wachstum erreichen als im letzten Jahr.