Kommunikation wird oft mit Sprache, Schrift, Körpersprache, Gesten und Mimik assoziiert. Was jedoch selten erwähnt wird, ist die Ausstrahlung einer Person. Organisationsberaterin Kristina Böhlke erklärt, warum Körpersprache isoliert nicht funktioniert.
Definiert man Kommunikation als Austausch von Information, enthält die Ausstrahlung wichtige Informationen über die innere Verfassung und die Emotionen einer Person. Auch wenn wir es meist unbewusst tun: Wir lesen diese Ausstrahlung immer mit. Kommunikation wird nur als authentisch wahrgenommen, wenn Sprache, Körpersprache und Emotion übereinstimmen. Menschen sind sehr sensibel für Inkonsistenzen in der Kommunikation und erkennen schnell eine aufgesetzte Geste, insbesondere wenn sie im Widerspruch zu den zugrundeliegenden Emotionen steht. Daher ist Körpersprache nur dann glaubwürdig, wenn sie mit Sprache und Emotion im Einklang steht.
Bei Körpersprache kommt es leicht zu Missverständnissen. Zum Beispiel wird das Verschränken der Arme oft als Abwehrhaltung gedeutet, obwohl es für manche einfach eine bequeme Position ist. Die Botschaft hängt von der Gesamtausstrahlung der Person ab, nicht von der isolierten Geste. Oder es gibt kulturelle Unterschiede: Ein Kopfschütteln bedeutet in vielen Ländern »Nein«. Auf dem indischen Subkontinent wird mit einem Kopfschütteln in einem weiten Halbbogen von Schultern zu Schultern Zustimmung, Verstehen und Respekt vermittelt. Wenn Sie also zwar das Kopfschütteln bei jemandem aus diesem Kulturkreis sehen, und wahrnehmen, dass der Mensch Ihnen auf emotionaler Ebene zustimmt, vertrauen Sie Ihrer Wahrnehmung!
Ebenso ist Mimik nicht immer eindeutig: Ein Lächeln kann Freundlichkeit oder Verlegenheit signalisieren. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es wichtig, Körpersprache, Mimik, Sprache und Emotionen zusammen zu betrachten. Ein aufgesetztes Lächeln kann leicht als unaufrichtig wahrgenommen werden und die Glaubwürdigkeit beeinträchtigen.
Langsamer Verstand
Biologisch betrachtet ist Emotion die schnellste Form der Kommunikation, die unseren Muskeltonus und unsere Körpersprache beeinflusst. Ob langsame, weiche Bewegungen oder schnelle, abgehackte – dies geschieht meist unbewusst und ist abhängig vom emotionalen Befinden. Unser Verstand arbeitet langsamer als die Körpersprache, daher findet Kommunikation längst statt, bevor wir Worte finden.
In unserer hektischen Welt machen wir oft Notizen für wichtige Gespräche. Wenn es um Interessen oder persönliches Feedback geht, reichen Worte allein nicht aus. Vielleicht haben Sie sich sogar Gesten überlegt. Diese könnten aufgesetzt wirken oder Sie vergessen sie im Eifer des Gefechts, wenn Sie die passende Emotion nicht »mitgedacht« haben.
Ich empfehle daher zur Vorbereitung: Legen Sie sich auch die Emotion zurecht! Denn dann folgen Körpersprache und Worte von selbst. Und zwar die für Sie individuell authentischen Gesten und Formulierungen. Die bewusste Emotion ist der Schlüssel zu Ihrer Authentizität.
Vielleicht geht es Ihnen wie den meisten Menschen: Sie fühlen sich Ihren Emotionen ausgeliefert und versuchen, Ihre Emotionen zu kontrollieren, besonders im Geschäftsleben. Das ist jedoch anstrengend und wenig hilfreich, denn Ihr Gegenüber wird spüren, wenn Ihre Gesten und Worte nicht mit Ihren wahren Gefühlen übereinstimmen. Ein bewusstes Management Ihrer Emotionen ermöglicht es Ihnen, Körpersprache und Sprache gezielt einzusetzen. Damit können Sie Vertrauen aufbauen und Beziehungen stärken.
Genau hier setzt »Körper-Biologik« an: Durch bewusste Körpereinstellungen können Sie Ihre Emotionen aktiv steuern, anstatt ihnen ausgeliefert zu sein. Da dieser Ansatz über den Körper (»Bodyset«) statt über den Verstand (»Mindset«) läuft, ist es nicht erforderlich, das »Warum« zu verstehen. Sie können eine angemessene und authentische Reaktion auf dem Weg über das Bodyset trainieren.
Ein Beispiel: In einem Meeting, das eine wichtige Entscheidung erfordert, herrscht spürbare Anspannung. Die Teilnehmer haben ihre Standpunkte ausgetauscht, doch die Positionen scheinen unvereinbar. Der Stress ist mit Händen zu greifen. Ein Kollege fordert mit gepresster Stimme eine sachliche Diskussion. Jeder im Raum kann spüren: Eigentlich würde er am liebsten aufspringen oder auf den Tisch hauen. Was kann der Kollege tun, um angemessen, aber authentisch zu kommunizieren? Meine Empfehlung ist, die Energie der Emotion nicht zu unterdrücken, sondern umzulenken. Auf der Ebene des Mindsets ist hier wenig auszurichten, insbesondere, wenn sich der Kollege sehr lange zurückgehalten und so die Emotion aufgestaut hat.
Buchtipp
Kristina Bölke: "Vom Mindset zum Bodyset. Mit Körper-Biologik Emotionen selbstwirksam aktivieren und führen"
BusinessVillage 2023
ISBN: 978-3-86980-709-6
Über die Autorin
Kristina Böhlke ist promovierte Biologin, Emotionstrainerin und Organisationsberaterin. Ihre Mission ist es, Menschen wieder Vertrauen in die eigenen Emotionen zu geben. Sie schöpft Erfahrung aus zehn Jahren als Führungskraft in Forschungsministerien, unter anderem als Staatsrätin, sowie ihrem lebenslangen Interesse für evolutionsbiologische Zusammenhänge.
https://www.koerper-biologik.de/
Sechs Tipps, wie wir unsere Emotionen lenken
Wahrnehmen. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Körper, und machen Sie sich die Qualität der Energie im Körper bewusst. Zum Beispiel könnten Sie unterscheiden zwischen Vorwärts- oder Rückwärtsimpulsen. Vorwärts: »Ich würde am liebsten auf den Tisch hauen« vs. rückwärts: »Ich würde am liebsten aufstehen und gehen.«
Führung übernehmen. Reagieren Sie frühzeitig, indem Sie Ihr effektivstes Energiemanagement-Tool nutzen: die Atmung. Ein paar ruhige Atemzüge in den Unterbauch helfen, die Energie zu kontrollieren und führen zu können.
Entscheiden (Mindset). Wählen Sie bewusst, welche Handlung in dieser Situation die zielführende ist. Überlegen Sie sich die dazu passende Emotion. Zum Beispiel: Ich entscheide mich, zu deeskalieren.
Bodyset nutzen. Nutzen Sie Ihren Körper entsprechend Ihrer Entscheidung. Im Falle der Deeskalation: Öffnen Sie Räume, indem Sie bewusst Ihre Herzenergie ansteuern. Der Volksmund spricht davon, dass einem »das Herz aufgeht«. Genau diese Aktion können Sie trainieren wie Ihren Bizeps. Die Wirkung: Sie werden wieder flexibler.
Reaktion beobachten. Achten Sie auf die Reaktionen Ihres eigenen Körpers und Ihrer Verhandlungspartner*innen. Beobachten Sie unwillkürliche Veränderungen wie eine entspanntere Körperhaltung, weichere Gesten, die Ausstrahlung oder die Härte des Blicks.
Den Kreis schließen. Die Situation bewusst wahrnehmen – und bewusst Energien und Emotionen managen. Vielleicht beruhigt es zu wissen, dass Sie genauso schnell wieder in den Kampfmodus zurück wechseln können.