Mittwoch, Jänner 22, 2025

Auf den Neuen warten viele Herausforderungen. Probleme gibt es bei der ÖBB genug, aber nicht alle sind hausgemacht.Die Bahn hat einen neuen Chef. Was wirklich neu ist: Christian Kern wurde ohne politische Turbulenzen bestellt. Und Rot wie Schwarz streuen ihm Rosen.

Wie die Nachbesetzung des scheidenden Holdingchefs Peter Klugar gelaufen ist, war für ÖBB-Verhältnisse fast schon fad. Keine Querschüsse aus der mächtigen Bahngewerkschaft oder von Staatssekretären, Eintracht im Aufsichtsrat und Eintracht zwischen Schwarz und Rot. Kein Wunder also, dass der (rote) Verbundmann Christian Kern nicht nur ohne Gegenstimme, sondern auch ohne größere Turbulenzen nominiert wurde. Selbst die Industriellenvereinigung streute dem Newcomer Rosen: Er sei »ein Mann mit klarem Profil und zweifellos gut vorbereitet«. Lediglich ÖVP-Verkehrssprecher Ferdinand Maier äußerte leisen Unmut darüber, dass die Roten bei der Bahn weiterhin das Zepter in der Hand halten. Eine verbale Spitze, die jedoch im Wesentlichen an die erzrote Bahngewerkschaft adressiert war. Der friktionsfreie Modus der Bestellung lässt hoffen, zumal die ÖBB seit Jahren ohnehin eine Manager- Mühle der Sonderklasse sind (siehe Kasten). Dass ein neuer Spitzenmanager bereits im Vorfeld demontiert wird, braucht die Bahn derzeit so dringend wie einen Kropf. Probleme gibt es ohnehin an allen Ecken und Enden, wobei die wenigsten wirklich hausgemacht sind. Die teuren und nervenzerfetzenden Um-und Zurückstrukturierungen bei der Holding oder der Töchter etwa waren eine politische Vorgabe.


Knallharte Herausforderung

Ebenso die rege Bautätigkeit, die von Ministern aller Couleurs als Jobmotor gewollt und gepriesen wurde. Im Baustellenund Kommunikationschaos leidet, wenig überraschend, die Pünktlichkeit. Dass die Rail Cargo ein kräftiges Absatzminus hinnehmen muss, liegt wiederum an der Krise – und sicher nicht am Management. Im Vergleich hält sich die Rail Cargo mehr als tapfer und liegt immer noch besser als fast die gesamte europäische Konkurrenz. Auf Christian Kern warten nicht nur »Herausforderungen«, Kern wird einen regelrechten Spagat hinlegen müssen, der zwischen Politik, Gewerkschaft, vermurkster Struktur und betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten fein austariert. Dazu kommt, dass im Aktienrecht ein »starker« Holding-Chef nicht vorgesehen ist und die straffe Führung des Konzerns nur über den mühsamen Umweg Aufsichtsrat erfolgen kann. Alleine dass Kern sich das alles antut, werten Insider als positiv. »Er ist jung und hat viel zu verlieren. Das ist auch ein Zeichen für eine längerfristige Perspektive«, ist etwa zu hören. Dass Kern den Schleudersitz nicht für einen Bettel übernimmt, ist verständlich. Aber der letzte »billige« ÖBB-Boss war ohnehin Helmut Draxler (siehe Kasten). Schon die Nachfolger agierten zwar viel weniger rühmlich, waren dafür aber gut doppelt so teuer.

 

 

Exkurs:

DIE VERSCHLEISSCHRONOLOGIE - Die ÖBB-Chefs im Überblick

>> Helmut Draxler: (1993–2001) gilt als letzter »echter« ÖBBGeneral. Spitzname »Napoleon« – was jedoch selbst seine Gegner respektvoll verstanden. Performance kaum umstritten, politisch jedoch abgesägt. Und ein Schnäppchen noch dazu: Draxler verdiente zuletzt rund 240.000 Euro.

>> Der Berliner Straßenbahner Rüdiger vorm Walde (2001–2004) wurde in einer skurrilen mitternächtlichen ARSitzung aus dem Hut
gezaubert. Hielt seine Inaugurationsrede in »Badeschlapfen« und stolperte so auch auf dem heiklen ÖBB-Parkett.

>>Martin Huber (2004–2007) gab zwar den harten Hund, war jedoch durch »Strukturreform « und Aktienrecht ein zahnloser Kaiser ohne Land. Pushte Spekulationsverluste und Managergehälter trotzdem in ungeahnte Höhen.

 >> Nach Straßenbahnern und Immo-Gurus galt Peter Klugar (2007–2010) als gestandener Bahnexperte. Wurde als kompetent und kompromissbereit
gehandelt. Seine Gegner sagten: konturlos. Verhedderte sich wie Huber in der Holdingstruktur – hatte zuletzt jedoch nicht einmal mehr »Parteifreunde«.

>> Über den »Neuen« Christian Kern (2010–?) wurde nur in Internet-Foren gelästert. Schon wieder ein Parteigänger, aber ohne Wellen und mit dem Segen von Rot/Schwarz bestellt. Selbst die Industriellenvereinigung streute Rosen. Kern wird die hohen Erwartungen freilich auch einlösen müssen.

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