Samstag, Dezember 21, 2024
Gut gesagt!
Was für Interviews oder Pressekonferenzen gilt, zählt ebenso für andere Auftritte – ob auf einer Tagung, vor Mitarbeiter*innen oder in Online-Konferenzen. (Fotocredit: iStock)

Expertise ist gefragt – darum wenden sich Journalist*innen gerne direkt an Unternehmen. Um diese Bühne opportun zu nutzen, sollten Interviews, aber auch Reden und Konferenzen gut vorbereitet werden. Report(+) zeigt, wie’s geht. 

Text: Sarah Bloos

Viele Unternehmen scheuen den medialen Auftritt. Grund kann die Sorge sein, missverstanden oder falsch dargestellt zu werden – immer öfter aber werden Anfragen recht kurzfristig gestellt, wodurch dementsprechend wenig Zeit zur Vorbereitung bleibt. Wer sich geschickt durch das Minenfeld an Fragen und Antworten manövriert, dem winkt jedoch die Chance auf gute Publicity. Es schadet also nicht, sich bereits im Vorhinein einen Überblick zu verschaffen, um jederzeit gewappnet ins Interview zu gehen.  


Vier Tipps vor dem Auftritt:

  1. Klare Worte finden: Inhalte knapp und verständlich formulieren – und am besten mit PR-Expert*innen im Vorhinein auf Unbedenklichkeit absprechen.
  2. Inhalte in Bildern verpacken: Betonen, was wichtig ist – und mit seinen Worten Emotionen auslösen. Das bleibt hängen und wird eher zitiert.
  3. Üben, üben, üben: Je besser die Inhalte sitzen, desto selbstbewusster agiert man im Interview oder beim Auftritt.
  4. Auf Augenhöhe kommunizieren: Journalist*innen sind weder Freund noch Feind, sondern werden an ihren Geschichten gemessen. Wer fair bleibt, kann ein positives Bild abliefern.

Botschaften finden 

»Wem sage ich wann was und wie?«: Dieser Merksatz ist wichtiges Handwerkszeug für Sabine Pöhacker, Geschäftsführerin der Agentur comm:unications. Vor der Suche nach den richtigen Worten müssen erst einmal die richtigen Inhalte gefunden werden. Adressat*in ist ja in der Regel nicht (nur) der Journalist oder die Journalistin, sondern vielmehr die Leserschaft des jeweiligen Mediums, das man erreichen will. Bei der Einschätzung des Publikums helfen beispielsweise Personas, also fiktive Profile von Kundinnen oder Kunden. Je komplexer das Produkt oder das Thema, umso schwieriger fällt es, eine klare Botschaft zu formulieren. Hier hilft der Blick von außen, das kann Feedback von der PR-Abteilung oder von Mitarbeiter*innen sein.

Vor einem Interview sollten Inhalte abgesteckt und vorbereitet werden. Die eigenen Argumente lassen sich durch recherchierte Fakten und Zahlen untermauern.»Wichtiges muss man wichtig machen«, meint Pöhacker. Das bedeutet, Kernbotschaften zu betonen und häufiger zu wiederholen. Der Grund dafür ist simpel: »Was man nicht gesagt hat, kann auch nicht gesendet werden«, schmunzelt Gerald Groß, früher Moderator beim ORF und nun Medientrainer. Was wiederholt wird – man kennt es aus der Schulzeit – das bleibt automatisch hängen.

Wichtig ist außerdem, sich auf gute, aber auch auf kritische Fragen einzustellen. »Die Wortwahl ist gerade bei börsennotierten Unternehmen enorm wichtig. Falsche oder missverständlich interpretierbare Äußerungen können sich rasch auf den Aktienkurs auswirken«, warnt Mediencoach Thomas Kvicala. Antworten und Reaktionen sollten darum in Q&As mit Medientrainer*innen oder dem Team geprobt werden. Die eigene Botschaft und Argumentationslinie müssen sitzen – auch dann, wenn ein Gespräch mal schwierig wird. »Ich warne davor, sich zurückzulehnen und auf die eigene Spontaneität zu setzen«, so Groß. 

Kurz, klar, prägnant

Egal, ob Webinar, Fernsehauftritt oder Zeitungsinterview, in jedem Format gilt das Gebot der Einfachheit. Fremdwörter und Abkürzungen sollten vermieden werden, und es wird empfohlen, nicht zu lange oder umständlich zu formulieren und sich inhaltlich zu begrenzen. »Das eigene ›Informations-Angebot‹ gilt es zu steuern«, erklärt Groß. »Wer zu viel anbietet, verliert die Kontrolle darüber, was sich Medien letztendlich an Inhalt aussuchen.« Außerdem haben Medien oft nur ein begrenztes »Zeitbudget«, beispielsweise, wenn es um Sendezeiten geht. Sabine Pöhacker empfiehlt daher »drei essentielle Botschaften pro Auftritt.« Besonders bei visuellen Medien wie dem Fernsehen sollte außerdem auf einen gepflegten Auftritt, Sprechrhythmus und Intonation sowie Gestik geachtet werden. Dazu gehört auch, sich der Geschwindigkeit des jeweiligen Gegenübers anzupassen, deutlich zu sprechen und Sätze »sacken zu lassen«, indem man kleine Pausen einlegt.  

Emotionen zeigen

Hat man seine Inhalte aufs Wesentliche konzentriert, gilt es, dem Gesagten Wirkung zu verleihen. Das funktioniert besonders gut, indem man Bilder oder Vergleiche heranzieht, das sprichwörtliche »Kino im Kopf« erzeugt. Auch das kann ruhig vorher vorbereitet werden, findet Gerald Groß. »Es ist immer gut, einen kleinen Bauchladen bei sich zu haben.« Will man seinen Worten Bedeutung verleihen, sollte man sie außerdem mit Emotionen verknüpfen.  »Denkt euch in die Köpfe der anderen«, rät Pöhacker ihren Trainees. »Medientraining ist oft auch Storytelling. Man muss seine Geschichte so erzählen, dass Empathie und Emotion entsteht. Ein einfaches Beispiel: ›Es ist mir wichtig, dass…‹«

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Vor der Kamera gilt: Emotionen zeigen - dabei aber auch nicht übertreiben. Wichtig ist, bei dem, was man sagt, authentisch zu bleiben. (Foto: iStock)

Nicht verunsichern lassen

Bei schwierigen Fragen gerät so mancher aus der Fasson. Gefährliche Fahrwasser lassen sich durch »Exit-Strategien«, wie Groß sie nennt, umschiffen. Wird beispielsweise eine recht zugespitzte Frage gestellt, hilft es, aufs Allgemeinere abzuleiten und auf die Metaebene zu gehen. Das funktioniert auch umgekehrt: Ist eine Frage zu allgemein, kann man sie durch ein konkretes Beispiel eingrenzen. Ist man sich nicht sicher, hilft die »Postpone-Technik«: die Antwort verschieben und sie im Nachhinein von der Presseabteilung beantworten lassen. Wird zu weit vom Thema abgelenkt, kann man auch versuchen, sich selbst »Ersatzfragen« zu stellen, mit deren Antwort man auf seine eigentliche Botschaft zurückkommen kann. 

Authentisch bleiben 

Auch wenn es ratsam ist, sich auf einen Medienauftritt gut vorzubereiten, bleibt ein Interview ein Gespräch und keine »message control«. »Je besser man weiß, was Journalisten wollen, desto besser kann man servieren«, kommentiert Groß. Am besten trifft man sich in der goldenen Mitte, das heißt sich auf das zu konzentrieren, was man sagen will, und gleichzeitig fair und offen gegenüber den Fragestellenden zu bleiben. 

»Formulierungen, der äußere Eindruck, die ›Geheimwaffe‹ Sympathie – letztendlich spielen für den Erfolg eines Auftritts viele Faktoren eine Rolle«, weiß Thomas Kvicala. Und nicht jeder dieser Faktoren lässt sich optimal steuern. Hier helfen Gelassenheit und Übung, auch in einem professionellen Setting. »Man gewinnt durch ein Coaching Selbstsicherheit, weil man Situationen vor der Kamera probt. Man wird sich seiner eigenen Stärken bewusst und kann an den Schwächen arbeiten«, unterstreicht Kvicala. »Vor der Kamera zu stehen ist wie Autofahren, am Anfang sehr aufregend, nach einiger Übung setzt dann aber der Lerneffekt ein«, ergänzt Groß. Und auch die Erfahrung von Sabine Pöhacker hat gezeigt: »Vor Medien auftreten – das kann jeder lernen.«


Das sagen die Expert*innen

Klassischerweise umfasst jedes Medientraining Übungen vor der Kamera, damit die Trainees ihre eigene Wirkung auch einmal von außen analysieren können. Neben Sprechweise und Auftritt
werden aber auch Reaktionen, Formulierungen und besonders Inhalte trainiert.  

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Medientrainer Thomas Kvicala ist Geschäftsführer für Life Sciences und Gesundheitsthemen bei der Kommunikationsagentur fourfloor und dem IISC und damit Experte für Wissenschaftskommunikation. (Foto: Paul Sturm)

Nach 20 Jahren im Geschäft hat Thomas Kvicala Kunden aus jedem EU-Staat gecoacht – Führungskräfte, Politiker*innen und Wissenschaftler*innen. Dabei ist ihm stets wichtig, auf die individuelle Persönlichkeit einzugehen. »Jemanden komplett gegen die eigene Persönlichkeit zu coachen, kann zu unglaubwürdig wirkenden Auftritten führen und Unsicherheit sogar fördern.« Gegen Lampenfieber empfiehlt der Ex-Journalist und Pressesprecher Vorbereitung, viel Proben und Atemübungen.  

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Nach der langjährigen Arbeit beim ORF – zum Beispiel in Formaten wie Zeit im Bild 1 und 2 – führt Gerald Groß seit mittlerweile 13 Jahren seine eigene Mediencoaching-Agentur. (Foto: kathiwagnerfotographie/ gross:media)

Als Reporter, Chefredakteur und Moderator stand Gerald Groß selbst jahrzehntelang vor und hinter der Kamera. Auch für ihn zählt eine gute Vorbereitung: »Wissen, was man sagt, den Ablauf im Kopf haben, dann weiß man auch, es kann wenig passieren.« Gegen Aufregung vor einem Auftritt hat er einen besonderen Ratschlag: »Etwas einbauen, wo man weiß, das macht Spaß  – zum Beispiel eine Pointe oder einen guten Chart – dann freut man sich auch darauf.«

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Geschäftsführerin Sabine Pöhacker bereitet die Kund*innen ihrer PR-Agentur nicht nur auf Medienauftritte vor, sondern steht ihnen auch in Krisen­situationen zur Seite. (Foto: Michael Gruber)

»Gut vorbereitet ist, wer seine Botschaft in zehn klare Worte fassen kann«, meint Sabine Pöhacker. Welche Begriffe das sind, entwickeln die Geschäftsführerin und ihr Team gemeinsam mit Kundinnen und Kunden im Vorgespräch. Perfekt ist ein Satz, wenn man nichts mehr weglassen kann. Für den perfekten Auftritt gilt: Bilder und Freude erzeugen, lang nachdenken, kurz etwas sagen – und verstanden werden. Und vor allem: »Probe deinen Auftritt und bleib dabei!« 

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