Was sind die wichtigsten Punkte, die für Unternehmer*innen bei einer drohenden Insolvenz oder einer angestrebten Sanierung zu beachten sind? Der Report beleuchtet gemeinsam mit Rechtsanwaltskanzleien Verfahrensmodi und Erfolgsfaktoren.
Text: Alexander Painsi
1. Vor der Krise
Wichtig ist, die Symptome einer Unternehmenskrise frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zu setzen, die der Krise entgegensteuern, solange es dafür noch Handlungsspielraum gibt. In vielen Fällen ist es äußerst hilfreich, frühzeitig externe betriebswirtschaftliche oder rechtliche Unterstützung beizuziehen. Oft hilft ein frischer Blick von außen, um Potenziale zu erkennen und ein solides Sanierungskonzept zu entwickeln. Häufig gelingt es auf dieser Basis auch, die Krise im Rahmen einer außergerichtlichen Restrukturierung abzuwenden und gemeinsam mit den betroffenen Gläubigern ein Restrukturierungskonzept umzusetzen. Ebenso muss das Management den rechtlichen Rahmen und die besonderen Sorgfalts- und Handlungspflichten beachten: Es gelten besondere Pflichten zur Gläubigergleichbehandlung, und jedenfalls dann, wenn außergerichtliche Sanierungsbemühungen scheitern, ist unter Umständen auch ein Insolvenzantrag zu stellen.
2. Insolvenzverfahren
Das gerichtliche Insolvenzverfahren steht in Österreich unter der Prämisse, die Fortführung des betroffenen Unternehmens möglichst zu fördern, solange dadurch kein Nachteil für die Gläubiger entsteht. Wesentliches Element eines jeden Insolvenzverfahrens ist es auch, Klarheit über den Stand der Passiva zu erlangen: Die Insolvenzgläubiger müssen ihre Forderungen bei Gericht anmelden und der Insolvenzverwalter prüft, ob diese zu Recht bestehen. Ob es dann im Verfahren zu einer Verwertung von Vermögen – oder gar einer Zerschlagung des Unternehmens – kommt, hängt primär von der gewählten Art des Verfahrens und dem vom Unternehmen verfolgten Sanierungskonzept ab.
3. Sanierungsverfahren
Das gerichtliche Insolvenzverfahren wird entweder als Konkursverfahren, oder – wenn der Schuldner dies beantragt und die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen – als Sanierungsverfahren eröffnet. Im Sanierungsverfahren muss der Schuldner den Gläubigern einen Sanierungsplan mit einer Mindestquote von 20 %, zahlbar binnen höchstens zwei Jahren, anbieten. Das Sanierungsverfahren ist auf eine Dauer von drei bis vier Monaten ausgelegt, das Ziel ist eine Entschuldung des Rechtsträgers. Der Insolvenzverwalter kann das Unternehmen zunächst nur mit Zustimmung des Schuldners verwerten – die Umsetzung des Sanierungskonzepts (zum Beispiel, welche Filialen geschlossen werden sollen, welche Teilbereiche redimensioniert) liegt damit weitgehend in der Hand des Unternehmens selbst.
4. Eigenverwaltung
Bietet der Schuldner seinen Gläubigern einen qualifizierten Sanierungsplan mit einer erhöhten Mindestquote von 30 % an, kann das Sanierungsverfahren auch in Eigenverwaltung geführt werden. In diesem verbleibt der ordentliche Unternehmensbetrieb in der rechtlichen Verantwortung des Schuldners selbst. Der Verwalter übernimmt diesbezüglich nur eine Aufsichts- beziehungsweise Kontrollfunktion. Gewisse Verfahrenshandlungen wie etwa die Forderungsfeststellung liegen aber auch im Verfahren mit Eigenverwaltung beim Insolvenzverwalter. In der Praxis sind die Unterschiede zwischen den Verfahrensarten daher zumeist gering; das gilt insbesondere dann, wenn die operative Abstimmung zwischen Management und Insolvenzverwalter gut funktioniert.
Das Verfahren in Eigenverwaltung hat aber dennoch seinen Platz: Vor allem dann, wenn ein Unternehmen in einen komplexen Konzernverbund eingebettet ist oder mehrere Gesellschaften einer Unternehmensgruppe gleichzeitig ein Insolvenzverfahren durchlaufen, kann die Eigenverwaltung eine effiziente Unternehmensfortführung begünstigen. Ist eine Sanierung des Rechtsträgers nicht möglich oder ist die für den Sanierungsplan erforderliche Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger nicht darstellbar, kommt auch eine sogenannte »übertragende Sanierung« im Zuge eines Asset Deals in einem Konkursverfahren in Frage.
5. Erfolgreiche Sanierung
Wesentlicher Erfolgsfaktor für eine aussichtsreiche, nachhaltige Sanierung – neben der guten Vorbereitung und einer soliden betriebswirtschaftlichen Basis für die Zukunft – ist die offene und konstruktive Kommunikation mit allen involvierten Stakeholdern: Das erhöht die Chance, dass wichtige Schlüsselarbeitskräfte und damit wertvolles Know-how an Bord bleiben, sowie dass die weitere Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern, Kunden oder Lieferanten gelingt. Werden Finanzgläubiger frühzeitig in die Sanierungsbemühungen einbezogen, lässt sich oft ein gerichtliches Insolvenzverfahren vermeiden, und die Sanierung gelingt im gemeinsamen Interesse ohne öffentliche Aufmerksamkeit.
Über den Autor
Alexander Painsi ist Rechtsanwalt in Wien und Partner der Jaufer Rechtsanwälte GmbH. Er berät im Insolvenz- und Sanierungsrecht mit besonderem Fokus auf gerichtliche und außergerichtliche Restrukturierungen, speziell im grenzüberschreitenden Kontext. Die Kanzlei mit Standorten in Wien und Graz ist auf die strategische Beratung im Wirtschaftsrecht, Unternehmenssanierung und Restrukturierung spezialisiert.
Nachgefragt
Drei Fragen an Harald Kronberger, Zumtobel Kronberger Rechtsanwälte.
Was ist bei einer drohenden Insolvenz zu beachten?
Harald Kronberger: Bereits bei absehbaren Zahlungsschwierigkeiten oder bei Überschuldung im Falle einer Kapitalgesellschaft ist eine professionelle rechtliche und auch betriebswirtschaftliche Beratung unerlässlich. Es braucht einen genauen Überblick über die Zahlen des Unternehmens und seinen Status, so die vollständige Übersicht über den Vermögens- und Schuldenstand. Auch ist die kurzfristige Entwicklung des Unternehmens einzuschätzen und mit Erhebungen über das Kundenverhalten kann die künftige Auftragslage eingeschätzt werden. Gleiches gilt, ob Lieferungen sichergestellt werden können und welche Zahlungsziele den Vereinbarungen mit Lieferanten zugrunde liegen.
Unter welchen Voraussetzungen steigt die Erfolgschance einer Sanierung?
Kronberger: Im Falle eines Sanierungsverfahrens ist essentiell, dass Unternehmenskennzahlen aufbereitet wurden und eine realistische Einschätzung über die Liquidität und die mögliche Finanzierung des Betriebes und der Quotenzahlungen besteht. Für die Fortführung des Unternehmens ist sicherzustellen, dass die Mitarbeiter im Boot sind, die Lieferanten wenigstens auf Vorauskasse liefern und auch die Kunden dem Unternehmen im Wesentlichen die Treue halten. Alle relevanten Stakeholder sind über die aktuelle Situation zu informieren, die insbesondere mit der Hausbank abgestimmt werden muss. Sofern Mitarbeiterkündigungen in größerem Umfang abzusehen sind, ist das Frühwarnsystem des AMS zu berücksichtigen. Bis Ausspruch der Kündigung muss eine Wartefrist von mindestens 30 Tage nach Anzeige eingehalten werden.
Worauf ist bei einem Sanierungsverfahren besonders zu achten?
Kronberger: Ab dem Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung besteht die Pflicht zur Beantragung der Eröffnung eines Insolvenzverfahren, wenn nicht innerhalb von 60 Tagen entsprechende erfolgsbringende Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet werden und eine positive Fortführungsprognose besteht. In der Phase vor Eröffnung des Sanierungsverfahrens sollte genau geprüft werden, ob Zahlungen, die das Unternehmen leistet, eine Gläubigerbevorzugung darstellen und daher nicht mehr getätigt werden dürfen. Außerdem ist – bei sonstiger direkter Haftung des Geschäftsführers – sicherzustellen, dass bei Zahlungen an Mitarbeiter auch die bezughabenden Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge beglichen werden.