Laut einer Studie der Managementberatung Horváth hängen Österreicher*innen im Europa-Vergleich am stärksten am eigenen Pkw.
Werden in der Zukunft noch eigene Fahrzeuge benötigt? In Österreich beantworten 90 Prozent der Fahrzeugkäufer*innen diese Frage mit einem klaren »Ja«. Die Befragten geben an, weder jetzt noch in Zukunft ohne eigenes Fahrzeug auskommen zu können. Ob es an mangelnder Vorstellungskraft liegt oder die Befragten einfach zu sehr am eigenen Fahrzeug hängen? Die aktuelle Horváth-Studie liefert Hinweise. »Die Bereitschaft zur Aufgabe des eigenen Fahrzeugs und zur ausschließlichen Nutzung alternativer Mobilitätsformen wie Car-Sharing oder öffentliche Verkehrsmittel ist in Europa noch gering. In großen Städten und Ballungszentren sieht es naturgemäß etwas anders aus und mehr Menschen können sich vorstellen auf das eigene Auto zu verzichten – dort sind auch Sharing-Konzepte bereits etabliert«, sagt Christoph Kopp, Automobil- und Industrieexperte bei der Managementberatung Horváth.
Alternative Mobilitätsformen
In Italien, wo die Bereitschaft zum Verzicht auf den eigenen Pkw besonders hoch ist (59 Prozent können sich vorstellen, ohne Auto auszukommen) gehen die Befragten davon aus, dass der öffentliche Personennahverkehr bis 2040 mehr als ein Viertel der genutzten Mobilitätsformen ausmachen wird. Der Anteil an alternativen Mobilitätslösungen wie Ride-Sharing oder -Hailing wird auf 13 Prozent in der Zukunft geschätzt. In Österreich trauen die Befragten dem öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) gerade einmal 13 Prozent im Jahr 2040 zu. Für alternative Mobilitätsformen wie Ride-Hailing und Ride-Sharing wird lediglich ein fünfprozentiger Anteil prognostiziert.
»Ein eignes Auto ist für viele Menschen nach wie vor mit persönlicher Freiheit verbunden, weshalb für viele Kunden eine Zukunft ohne individuelle Mobilität nicht vorstellbar ist«, meint Horváth-Experte Kopp. Auch der Urbanisierungsgrad, welcher in Österreich im europäischen Vergleich geringer ist, spielt eine gewichtige Rolle. 90 Prozent der Österreicher*innen gehen davon aus, auch in 2040 noch einen eigenen Pkw zu nutzen. Die Mehrheit hält immer noch »Verbrenner« für nachhaltigste Option.
Hinsichtlich elektrischer Fahrzeuge sind die Befragten aus zwölf europäischen Kernmärkten weder von Kostenvorteilen noch vom ökologischen Nutzen überzeugt. In Österreich können sich nur 15 Prozent der Befragten vorstellen beim nächsten Autokauf sich für ein BEV (Battery Electric Vehicle) zu entscheiden. Die hohen Preise und die mangelnde Ladeinfrastruktur werden von den Befragten hierfür als Gründe genannt. »Verbrenner« gelten über den Lebenszyklus des Fahrzeugs bei 60 Prozent als die aktuell nachhaltigste Option beim Autokauf. Immerhin: Elektrofahrer sind loyal. Wer sich einmal für ein Elektro- oder Hybridfahrzeug entschieden hat, will nicht mehr zurück zum Verbrenner. Länderübergreifend wollen nur zwei Prozent der Befragten Fahrer von reinelektrischen Fahrzeugen beim nächsten Kauf ein Fahrzeug mit konventionellem Antrieb auszuwählen.
China drängt auf den Markt
Die aktuelle Horváth Studie liefert auch im Hinblick auf die Akzeptanz chinesischer Automarken in Europa aufschlussreiche Erkenntnisse. Im Vergleich zum Frühjahr 2023 zeigt sich eine Zunahme der Bereitschaft europäischer Kunden, eine chinesische Marke in Betracht zu ziehen. Während sich im April etwas mehr als ein Viertel für ein chinesisches Modell interessierte, können sich jetzt 40 Prozent vorstellen, bei ihrem nächsten Autokauf ein Fahrzeug eines chinesischen Herstellers zu erwerben. In Österreich ist der Trend dagegen rückläufig. Die Kaufbereitschaft ist hier von 40 Prozent um elf Prozentpunkte auf
29 Prozent gefallen. Gründe liegen in der geringen Anzahl an aktiven chinesischen Automobilherstellern, sowie der politischen Diskussion zu China.
»Es benötigt Zeit, eine Marke neu aufzubauen und Kundenvertrauen zu gewinnen. In Österreich, wo der Markteintritt der chinesischen Hersteller noch frisch ist, können sich aktuell 29 Prozent einen Kauf vorstellen. In Norwegen, wo letztes Jahr bereits jedes zehnte Auto aus China kam und verschiedene Hersteller erfolgreich im Markt etabliert sind, liegt die Kaufbereitschaft bei fast 50 Prozent«, so Horváth-Experte Kopp. Um Kunden zu überzeugen, könnte es dem Experten zufolge für weitere Markteintritte eine erfolgreiche Strategie sein, europäische Marken zu übernehmen und mit chinesischer Technologie weiterführen. Optionen für »weniger belebte« Marken, die sich dafür eignen, gebe es aktuell am Markt.