Montag, Juli 01, 2024
Konflikte im Berufsalltag
Symbolbild (Fotocredit: iStock)

In Unternehmen entstehen immer wieder Unstimmigkeiten zwischen Mitarbeiter*innen, die aber miteinander kooperieren müssen. Damit sich diese Konflikte nicht leistungs- und motivationsmindernd auswirken, sollten sie rechtzeitig erkannt und professionell bearbeitet werden.

Text: Sabine Prohaska

Konflikte treten in Unternehmen vermehrt auf, wenn sich in ihnen Dinge verändern – sei es im zwischenmenschlichen oder strukturellen Bereich. Dass sie auftreten, ist normal. Dessen ungeachtet schmälern sie in der Regel jedoch die Leistung. Deshalb sollten in jedem Unternehmen Personen existieren, die über die Kompetenz verfügen, Konflikte früh zu erkennen und aufzugreifen sowie den Mitarbeiter*innen ein wirksames Instrumentarium zu deren Bearbeitung an die Hand zu geben.

Zuweilen können diese sogenannten Konfliktberater*innen oder -lots*innen Führungskräfte sein. Häufig können sie vorhandene Konflikte aber nicht moderieren – zum Beispiel, wenn sie selbst (emotional) in den Konflikt involviert sind. Dann sollte eine neutrale Person die Konfliktparteien bezüglich geeigneter Lösungsstrategien beraten und/oder mit ihnen eine Lösung aushandeln – sofern gewünscht.

Diese Konfliktberater*innen sollten mit den Methoden zur Deeskalation von Konflikten und zur Konfliktintervention vertraut sein. Zudem sind zwei Grundhaltungen wichtig – Allparteilichkeit und Vertraulichkeit: Eine Konfliktmoderation kann nur erfolgreich sein, wenn der*die Konfliktberater*in nicht (emotional) Partei für eine Konfliktpartei und eine mögliche Lösung ergreift. Die Konfliktparteien sprechen nur offen über ihre Gefühle, Verletzungen und Bedürfnisse, wenn sie sicher sind, dass die Gesprächsinhalte im Raum bleiben. 

Aus dem Betriebsalltag

Wie sieht die praktische Arbeit eines Konfliktberaters aus? Hierfür ein Beispiel: Angenommen eine Führungskraft registriert, dass es zwischen zwei Mitarbeiter*innen ihres Bereichs regelmäßig zu Reibereien kommt. Sie ist jedoch unsicher, ob nur ein Interessengegensatz oder ein Konflikt vorliegt, ob und wie sie reagieren soll. Kommen die Führungskraft und der*die Konfliktberater* überein, dass ein leistungsmindernder Konflikt existiert, empfiehlt sich folgendes Vorgehen:

Zunächst klärt die Führungskraft, ob den Beteiligten der Konflikt bewusst ist und sie bereit sind, Zeit und Energie in seine Lösung zu investieren. Das ist wichtig, denn zuweilen negieren Mitarbeiter*innen den Konflikt, wenn man sie darauf anspricht. Danach schlägt die Führungskraft eine Konfliktmoderation, etwa durch eine*n neutrale*n Konfliktberater*in vor – zum Beispiel mit der Begründung: »Ich möchte, dass Sie wieder in einer positiveren Atmosphäre und somit effektiver arbeiten.«

Stimmen die Konfliktbeteiligten einer Konfliktmoderation zu, sollte sich der*die Konfliktberater*in in einem ersten Treffen den Konfliktverlauf schildern lassen – ohne ihn zu bewerten. Anschließend sollte er*sie den Konfliktparteien den möglichen Ablauf der Moderation erläutern. Danach können die »Streithähne« gebeten werden, sich bis zum nächsten Treffen zu überlegen, welche Verhaltensweisen sie sich vom jeweils anderen wünschen, um besser arbeiten zu können – jedoch keine Charakter-, sondern nur Verhaltensänderungen betreffend.


Die Autorin

Sabine Prohaska ist Inhaberin des Wiener Trainings- und Beratungsunternehmens seminar consult prohaska, das u. a. eine hybride Konfliktberater*innen-Ausbildung anbietet. Sie ist Autorin des Buchs »Der frühe Vogel fängt den Wurm: Ansichten & Lösungsideen zur Konfliktarbeit in Organisationen«.

Info: www.seminarconsult.at


Die 8 Schritte einer Konfliktmoderation:

1. Einsteigen

Meist kommen die Mitarbeiter*innen voller Emotionen zur Konfliktmoderation. Deshalb sollten Konfliktberater*innen zu Beginn einige Worte zum Thema Konflikte sagen. Zum Beispiel, dass es Konflikte überall gibt – nicht nur im Betrieb. Außerdem entstehen Konflikte stets aufs Neue – zum Beispiel, weil sich die Anforderungen ändern. Also müssen immer wieder neue Lösungen gefunden werden.

Danach sollte den »Streithähnen« nochmals erläutert werden, worum es bei der Konfliktmoderation geht: um ein Lösen des Konflikts. Jedoch nicht in der Form, dass alle Emotionen und Erfahrungen der Vergangenheit bearbeitet werden. Vielmehr soll die Arbeitsbeziehung neu ausgehandelt und das Verhalten an den Schnittstellen der Tätigkeitsfelder der beiden Mitarbeiter*innen so geregelt werden, dass beide damit leben und ihren Job besser machen können.

2. Regeln definieren

Konfliktberater*innen sollten danach mit den Konfliktpartnern Regeln für die Moderation definieren. Zum Beispiel:

  • Beide stellen Forderungen an das Verhalten des jeweils anderen. Diese werden nach dem Prinzip »Geben und Nehmen« ausgehandelt. Die Absprachen werden schriftlich fixiert.
  • Vereinbart werden sollte auch, was im Raum bleibt und worüber mit Dritten gesprochen werden darf. 


3. Aufgaben klären

Konfliktberater*innen sollten mit den Konfliktpartnern auch die eigenen Aufgaben und ihre Rolle klären. Zum Beispiel:

  • Ich verhalte mich als Konfliktberater*in neutral und achte auf das Einhalten der Regeln.
  • Ich verhindere, dass über Undiskutierbares, also zum Beispiel die Ziele des Unternehmens, verhandelt wird.
  • Ich achte darauf, dass keine Vereinbarungen zu Lasten Dritter getroffen werden.


4. Themen/Forderungen sammeln

Nach dem Klären der Formalien können Konfliktberater*innen die Beteiligten bitten, auf einem Formblatt folgende Aussagen zu ergänzen:

  • »Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn Sie folgendes mehr/anders tun würden: ...«
  • »Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn Sie folgendes weniger/nicht mehr tun würden: ...«
  • »Bitte behalten Sie folgende Aktivitäten bei, die mir helfen, effektiv zu arbeiten: ...«

5. Verständnis klären

Die ausgefüllten Formblätter sollten kopiert oder so aufhängt werden, dass jede*r sie lesen kann. Danach bitten Konfliktberater*innen die Konfliktpartner, die Forderungen/Wünsche der jeweils anderen mit eigenen Worten laut zu formulieren. »Sie wollen, dass ich ...« Der andere soll die Aussage entweder bestätigen oder korrigieren. Sofern für das Verständnis nötig, bitten Konfliktberater*innen um Beispiele für das gewünschte Verhalten.

6. Forderungen priorisieren und aushandeln

Danach können beide Konfliktparteien die Forderungen markieren, die ihnen besonders wichtig sind; außerdem jene Forderungen, die verhandelbar sind. Anschließend unterbreiten sie sich wechselseitig Angebote. Zum Beispiel: »Wenn Sie mich zeitnah informieren, würde ich ...« Konfliktberater*innen achten darauf, dass das Aushandeln ein Geben und Nehmen ist.

7. Absprachen treffen und protokollieren

Die Konfliktberater*innen notieren die Absprachen. Dass beim Aushandeln der künftigen Arbeitsbeziehung auch mal die Emotionen hochkochen, ist normal. Das sollten Konfliktberater*innen zulassen, aber gleichzeitig Fingerspitzengefühl zeigen. Nach einiger Zeit kann zum Beispiel ruhig darauf hingewiesen werden, dass der Gefühlsausbruch zeigt, wie viel Emotionen im Spiel sind und dass solche Verletzungen sicher auf beiden Seiten existieren. Danach sollte vorgeschlagen werden: »Lassen Sie uns wieder zu den Verhaltensweisen zurückkehren, die Sie sich wünschen.«

8. Abschließen und Folgetermin vereinbaren

Die bei Konfliktmoderationen getroffenen Vereinbarungen erscheinen Außenstehenden oft als Kleinigkeiten oder Selbstverständlichkeiten. Für die Beteiligten sind sie jedoch wichtig, weil daran Emotionen hängen. Vereinbart werden sollte auch, was geschieht, wenn Absprachen nicht eingehalten werden. Das müssen keine Sanktionen sein. Die Vereinbarung kann auch lauten: »Dann sprechen wir uns künftig darauf an.« Vereinbaren sollten Konfliktberater*innen mit den Konfliktparteien auch einen Folgetermin, um zu überprüfen, ob die Absprachen eingehalten wurden und eventuell neue Konfliktpunkte entstanden sind.

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