Spitzenwerkzeuge und Digitalisierungstools für kleine und große Unternehmen, Mitarbeiter*innen und Konsument*innen: Von Webshop-Wundertüten bis zum vernetzten Überflieger und Trainee in virtuellen Welten. Eine Serie des eAward.
Digitaler Justizarbeitsplatz
Aktenberge in Papierform – das könnte in naher Zukunft auch in der Justiz Geschichte sein. Mit der Initiative »Justiz 3.0« arbeitet das Justizministerium seit einigen Jahren strategisch an einer vollständig digitalen Akten- und Verfahrensführung bei den österreichischen Gerichten und Staatsanwaltschaften. Denn der Nachteil von Justizverfahren, die auf Papier geführt werden, ist groß: Es fehlen durchgängige digitalen Prozesse, angefangen von der Einleitung eines Verfahrens bis hin zu Gerichtsverhandlungen und Akteneinsicht. Mit einem »digitalen Justizarbeitsplatz« bündelt nun das Ministerium gemeinsam mit seinem IT-Partner Bundesrechenzentrum verschiedene Arbeitstools zur Bearbeitung und Recherche des Prozessstoffes für die Mitarbeiter*innen.
Auf Wunsch können auch KI-basierte Werkzeuge zur Unterstützung des Menschen eingesetzt werden. Die bereits rund um Justiz 3.0 entwickelten Anwendungen des Akten- und Aufgabenmanagement-Systems sind der Kern des Justizarbeitsplatzes. »Die Schaffung des digitalen Justizarbeitsplatzes bildet die Grundlage für den modernen und zeitgemäßen IT-Arbeitsplatz in der österreichischen Justiz. Durch die lückenlose digitale Ablage und Aktführung können die Mitarbeiter*innen flexibler arbeiten und sie haben alle notwendigen Informationen jederzeit zugreifbar«, betont Robert Behr vom Projektpartner BRZ.
Fake-Shops erkannt
Fake-Shops stellen seit Jahren ein wachsendes Problem für Konsument*innen in Österreich dar. Die Meldestelle Watchlist Internet des ÖIAT erhält monatlich über 1.000 Meldungen zu Internetbetrug, rund 40 % davon zum Thema Fake-Shops. Hat man einmal bezahlt, ist das Geld oft verloren – umso wichtiger ist die Prävention. Da der Masse an Fakes manuell nicht mehr zu begegnen ist, wurde vom Linzer Unternehmen X-Net Services gemeinsam mit dem Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) und dem AIT ein Tool entwickelt, das Konsument*innen während des Onlineeinkaufs schützt.
Der Fake-Shop Detector vereint automatisierte Betrugsdetektion und den Echtzeitschutz von Konsument*innen mithilfe von KI, direkt im Internetbrowser der User. Aufbauend auf der Betrugsdatenbank der Watchlist Internet wurden Machine Learning-Algorithmen trainiert, die die Ähnlichkeit von Webshops zu bekannten Fake-Shops messen und User in Form eines Ampelsystems warnen. Kostenlos verfügbarer Betrugsschutz, im eigenen Internetbrowser, ohne auf Privatsphäre verzichten zu müssen – das verspricht und hält der Fake-Shop Detector.
Seit Ende Juli 2020 wurden 863.114 Domains durch die KI des Fake-Shop Detectors analysiert und dabei eine Genauigkeit der Modelle von über 91 Prozent im Praxiseinsatz erzielt. Ein weiteres wesentliches Merkmal des Fake-Shop Detectors stellt die manuelle Qualitätssicherung dar, die laufend durch Expert*innen der Watchlist Internet durchgeführt wird.
Konfigurator spart Vertriebs- und Produktionskosten ein
Das Mühlviertler Unternehmen Combeenation bietet 3D-Konfiguratoren für Websites und Webshops, mit denen Benutzer*innen in »Echtzeit« ihr Wunschprodukt konfigurieren und dabei Anordnungen, Formen, Materialen und Funktionen ändern können. Produkte werden so frei von allen Seiten betrachtet und »erlebt«, bevor diese real existieren. Mit der 3D-Visualisierung werden hochwertige Produktpräsentationen möglich. Unternehmen können mit dem Einsatz des Konfigurators Vertriebs- und Produktionskosten sparen und gleichzeitig ihren Kund*innen ein besonderes Einkaufserlebnis bieten. Bisher war es nur möglich, 2D- oder 3D-Konfiguratoren von Combeenation selbst erstellen zu lassen. Das wurde nun geändert, seit einigen Monaten können Unternehmen und ihre Agenturen ihre eigenen Konfiguratoren kreieren.
»Unsere Plattform fungiert als ein vielseitiges Baukastensystem. Dadurch wird es möglich, im Handumdrehen einen einzigartigen Konfigurator zu gestalten, der sich perfekt an die spezifischen Anforderungen anpasst«, erklärt Combeenation-CEO Walter Burgstaller. Er unterstreicht die Bedeutung dieser Innovation: »Die Erstellung von Konfiguratoren erfordert erhebliches Know-how und Ressourcen, was für Unternehmen und Agenturen eine echte Herausforderung darstellen kann. Mit unserer Plattform können Unternehmen die Zeit für die Erstellung eines Konfigurators um bis zu 80 Prozent reduzieren.«
Virtuelles Training in der Forstwirtschaft
In Österreich gibt es rund 137.000 Waldbesitzer*innen, etwa 20.500 Menschen haben ihren Arbeitsplatz im Wald. Ein aktuelles Forschungsprojekt unter der Leitung des Austrian Institute for Technology (AIT) sensibilisiert Menschen für das Thema Arbeitssicherheit im Wald. Gemeinsam mit den Forstlichen Ausbildungsstätten (FAST) Traunkirchen und Ossiach des Bundesforschungszentrums für Wald, Samariterbund, Rotes Kreuz und Mindconsole wurde ein Trainingsprototyp entwickelt. Ziel des Projekts ist es, die Unfallrate in der Forstarbeit durch virtuelles Training zu senken.
Sicherheitsbezogene Trainingsinhalte in der Forsttechnik zu identifizieren und in »Extended Reality« – der Verbindung von VR-Inhalten mit der realen Umwelt und physischen Gegenständen – zu simulieren, stellt dabei die Herausforderung dar. Dies schließt auch den Bereich der medizinischen Ersthilfe im Wald mit ein, der eng mit sicherheitsrelevanten Aspekten in der Forsttechnik verwoben ist. Auch hat das Projektkonsortium ein Gamification-Konzept entwickelt, um die Trainings mit spielerischen Elementen anzureichern. Die Vorteile der Trainingslösung sind vor allem »das individuelle, wiederholbare Erleben bestimmter Lernsituationen, das zeit- und ortsunabhängige Training, die Steigerung der Lernmotivation durch den spielerischen Zugang und das sichere Lernen und Üben von gefährlichen Situationen im Wald«, unterstreicht AIT-Projektleiter Raimund Schatz.
Berufsausbildung mit Mentoring
Im Rahmen der Initiative »Digital Pioneers« haben im Herbst 24 junge Frauen aus Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg eine Grundausbildung gestartet, um anschließend in führenden Unternehmen die Berufswelt der Zukunft genauer unter die Lupe zu nehmen. Mit diesem Berufseinstiegsprogramm will die Plattform Industrie 4.0 in Zusammenarbeit mit den Berufsförderungsinstituten Oberösterreich und Tirol sowie mit dem Digital Campus Vorarlberg jungen Frauen die Möglichkeit geben, digitale und technische Berufe kennenzulernen. Die 24 hochmotivierten Frauen werden während der gesamten Grundausbildung und Praxisphase von Mentor*innen begleitet und gecoacht, um bestmögliche Hilfestellungen für die Berufseinsteigerinnen zu bieten und den gesamten Prozess zu begleiten.
»Junge Frauen stellen für technologische Berufe ein riesiges Potenzial dar, das es großteils noch zu heben gilt. Umso erfreulicher ist es, dass Digital Pioneers weiterhin auf große Resonanz stößt und eben jener Zielgruppe hilft, sich weiterzuentwickeln und ihre Fähigkeiten in zukunftsträchtigen Jobs der Industrie und Technologiebranche unter Beweis zu stellen«, freut sich Plattform Industrie 4.0-Geschäftsführer Roland Sommer. In der im Oktober gestarteten zehnwöchigen Grundausbildung werden den Teilnehmerinnen Kenntnisse in Programmierung, Kreativität und Projektmanagement vermittelt.
Zusätzlich werden die jungen Frauen im Rahmen von Workshops in Robotik, Internet of Things, künstliche Intelligenz, Content Creation, Virtual Reality und mehr geschult. Im Anschluss geht es für die Pionierinnen in eine achtmonatige Praxisphase, in der sie die Möglichkeit bekommen in einem Unternehmen das bereits Gelernte in die Praxis umzusetzen und weitere Fähigkeiten innerhalb des Betriebs zu erwerben. Für Partnerschaften konnten bereits Unternehmen wie BRP Rotax, Alpla, Julius Blum, Tiroler Rohre, Liebherr, Swarovski, die Oberösterreichische Gesundheitsholding, MedUni Innsbruck oder Felbermayr gewonnen werden.
5G im Flugeinsatz
Im Rahmen einer Rettungsübung in Heiligenkreuz im Lafnitztal haben A1, AIRlabs Austria und das Rote Kreuz erstmals den Einsatz von Drohnen mit integrierter 5G-Technologie getestet. Ziel war es, die Drohne für zukünftige Einsätze außerhalb der Sichtweite, also »Beyond Visual Line of Sight« (BVLOS) zu testen, um in Zukunft effizientere Rettungseinsätze und Suchaktionen zu ermöglichen. Für Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Österreichischen Roten Kreuzes, geht es darum, »neue Technologien sicher und effizient einzusetzen, um die Fähigkeiten im Rettungseinsatz zu erweitern und Menschen in Not schneller und effektiver helfen zu können.«
Drohnen spielen bei der Beobachtung von Einsatzgebieten und der damit verbundenen Datenerfassung aus der Luft eine immer wichtigere Rolle. Werden Drohnen jedoch mit lokalen Funkverbindungen geflogen, sind die Einsatzmöglichkeiten auf die Sichtweite beschränkt. Durch 5G-Mobilfunk wird es künftig möglich sein, diese Einschränkungen zu überwinden und gleichzeitig die festgelegten Sicherheitsparameter für BVLOS-Flüge einzuhalten. A1 CCO Enterprise Martin Resel bestätigt: »Das flächendeckende 5G Netz ist die Basis für die Drohnentechnologie der Zukunft. Daher bereiten wir uns schon jetzt für zukünftige Anwendungsfälle vor, wie dem gemeinsam mit dem Roten Kreuz umgesetzten 5G- Drohnenflug.«
5G ermöglicht dabei die schnelle Übertragung von HD-Videobildern mit minimaler Verzögerung in hoher Qualität und an die Kommandozentrale des Roten Kreuzes. Dadurch konnte die Notsituation von der Einsatzleitung besser wahrgenommen und beurteilt werden, was zu einer schnelleren Entscheidungsfindung führt.
Digitales Gehirn für die Baustelle
Um Baustellen mit digitalen Mitteln effizienter zu machen, braucht man Rechenpower, schnelle Datenverbindungen und »Construction Intelligence«, also künstliche Intelligenz, trainiert mit Bau-Know-how. Die Vorarlberger Baugruppe Rhomberg hat gemeinsam mit dem Technologiespezialisten Dätwyler IT Infra den »Qtainer« entwickelt – ein digitales »Gehirn« für die Baustelle. Es eröffnet in einer Kombination aus privatem 5G-Netzwerk, Edge-Computing-Power und Machine-Learning-Algorithmen ungeahnte technologische Möglichkeiten.
Verpackt in einem 20-Fuß-Container, mobil und per Kran jederzeit leicht zu versetzen, ermöglicht Qtainer die schnelle Vernetzung der Baustelle. Die Construction Intelligence bietet etwa Video-Analysen, Bilderkennung und zahlreiche Anwendungsfälle, die die Effizienz und Sicherheit auf der Baustellen erhöhen. »Die Bauwirtschaft ist in Sachen Digitalisierung noch nicht so weit wie andere Branchen, wir sehen jedoch in der digitalen Transformation unserer Industrie eine große Chance«, spricht Rhomberg-Projektmanager Stefan Vonbun mit dieser Lösung Bau- und Infrastrukturunternehmen an. Man will diese unterstützen, die Digitalisierung ihres Geschäftes zu beschleunigen.
»Viele Lösungen scheitern daran, dass sie nur im Labor erprobt sind. Unsere Lösung wird seit dem Anfang der Entwicklung auf realen Baustellenumgebungen eingesetzt und auf Herz und Nieren getestet. So stellen wir sicher, dass die Q-tainer-Lösung den hohen Anforderungen von Baustellen gerecht wird«, ergänzt Vonbun.
Finanzierung von Wachstum
Viele Unternehmen stehen vor derselben Herausforderung: Die Nachfrage nach ihren Produkten übersteigt die wirtschaftlichen Einkaufsmöglichkeiten. Liquiditätsengpässe sind die Folge. Die von Christoph Igler und Alexander Körner im April 2023 gegründete Online-Plattform anodu soll Abhilfe schaffen. anodu ist eine Plattform zur Finanzierung von Wareneinkäufen von Unternehmen durch private sowie professionelle Investor*innen. Über anodu können einerseits klein- und mittelständische Betriebe ihre Finanzierungsengpässe kurzfristig überbrücken, indem sie ihre Lieferverbindlichkeiten durch Investor*innen begleichen lassen. So wird ihnen die Möglichkeit zu Wachstum gegeben. Andererseits profitieren die Investor*innen von diesem Wachstum, indem anodu ihnen eine kurzfristige Anlagemöglichkeit mit attraktiver Rendite (derzeit 10,2 Prozent p.a.) bietet.
»Unsere Onlineplattform ermöglicht Unternehmen, ihre Verbindlichkeiten früher zu bezahlen und so ihre Liquidität zu optimieren. Anstatt auf das übliche Zahlungsziel zu warten, können die Betriebe durch anodu ihre Lieferant*innen schneller bezahlen. Das hat positive Auswirkungen auf die Lieferantentreue und fördert eine langfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit. Und den Investor*innen bietet anodu eine neuartige, niederschwellige und transparente Möglichkeit zur Veranlagung. So entsteht eine Win-Win-Situation für Unternehmen und Investor*innen«, erklärt Igler.