Mittwoch, November 20, 2024
Im Kreislauf
(Titelbild: iStock)

Der sorgsame Umgang mit Ressourcen bewegt die Wirtschaft. Report(+)PLUS stellt vorbildliche Projekte und Lösungen aus Österreich vor, die lokal und weltweit für besseren Umweltschutz sorgen.

Zweites Leben für Dämmplatten

Expandiertes Polystyrol, auch als Styropor oder EPS bekannt, ist zu 100 Prozent recyclingfähig. Bei Bauware wird es aktuell aber nur zu rund einem Viertel, bei Verpackungen nur zur Hälfte recycelt. Im Forschungsprojekt »EPSolutely« haben zwölf Partner aus der gesamten Wertschöpfungskette unter der Leitung von Fraunhofer Austria erste Erfolge bei der Schaffung einer Kreislaufwirtschaft für EPS erzielt. Nach Abbrucharbeiten ist EPS mit Fremdmaterialien wie Putz, Klebstoffen, Armierungsgittern und Dübel vermischt sowie in den meisten Fällen mit Hexabromcyclododecan (HBCD) versetzt. Dieses Flammschutzmittel wurde in Österreich bis 2015 eingesetzt und ist heute verboten.

Geschreddertes Wärmeverbundmaterial dient als Basis für neue Lösungsansätze. (Bild: Fraunhofer Austria)

Der eigens entwickelte CreaSolv-Prozess ermöglicht das Abtrennen von HBCD in einem lösemittelbasierten Verfahren, wodurch aus diesem Material wieder Polystyrol-Rezyklat gewonnen werden kann, das die Projektpartner wieder zu neuen EPS-Platten verarbeiten. »Die Kreislaufführung von EPS aus dem Abbruch bzw. Rückbau gilt wegen der Verunreinigungen als äußerst komplex. Gemeinsam haben wir verschiedene Lösungsansätze zur Aufbereitung dieses Materials erarbeitet und experimentell überprüft. Bis jetzt sind alle Ergebnisse äußerst vielversprechend«, erklärt Sebastian Lumetzberger, der das Projekt bei Fraunhofer Austria leitet. Eine besondere Herausforderung stellt das große Volumen von EPS-Verpackungen dar. Bereits 60 Kilogramm füllen einen Kleintransporter. Um das Material effizient transportieren und einem Recycling zuführen zu können, muss es daher möglichst früh im Prozess kompaktiert werden.

PET-Recycling in Südafrika

Der Vorarlberger Verpackungsspezialist Alpla errichtet in der südafrikanischen Küstenstadt Ballito eine Recyclinganlage und verstärkt damit sein Engagement in der Region. Ab Herbst 2024 sollen hier pro Jahr rund 60.000 Tonnen PET-Flaschen zu mechanisch recycelten Flakes und Pellets verarbeitet werden, die Alpla großteils zur Produktion eigener Flaschen verwenden will.

Ab 2025 wird Alpla in Südafrika jährlich rund 35.000 Tonnen rPET herstellen. (Bild: Alpla)

»Unser Ziel ist ein Bottle-to-Bottle-Kreislauf am Ort unserer Aktivitäten. So sichern wir weltweit als Recycler und Produzent die Versorgung mit sicheren, leistbaren und nachhaltigen Verpackungen und fördern zugleich das Bewusstsein für den Wertstoff«, betont Alpla-CEO Philipp Lehner. Rund 60 Millionen Euro investiert das Unternehmen in das Projekt. Alpla ist bereits an sieben Standorten am Kontinent vertreten und beschäftigt dort mehr als 1.000 Mitarbeiter*innen. In den kommenden Jahren soll der Wachstumskurs im südlichen Afrika weiter forciert werden.

Nachhaltig bauen

Beim Salzburger Wohnbauprojekt »Billy-up« fallen rund 40 Tonnen Rigips-Gipskartonplatten als Abfall an, die recycelt und zurück in den Produktionsprozess geführt werden. Dieses Pilotprojekt ist Teil einer Zusammenarbeit, die Saint-Gobain Austria 2021 mit der ARA gestartet hat, um Stoffkreisläufe in der Bauwirtschaft zu schließen. »Bereits in den Jahren 2018 und 2019 konnten wir Zuwachsraten bei den Baustellenrückführungen von Rigips verzeichnen – bis zu zehn Prozent. Beim Recyclingprozess haben wir schnell das noch höhere Einsparungspotenzial erkannt und verfolgen seitdem das Ziel, die stoffliche Verwertung weiter zu steigern«, erklärt Peter Giffinger, CEO Saint-Gobain Austria.

V.l.n.r: Peter Giffinger (Saint-Gobain), Harald Hauke (ARA), Roland Wernik (Salzburg Wohnbau), Jürgen Secklehner (ARA), Reinhold Bauer (Rigips). (Bild: Saint-Gobain Austria)

Um das Vorhaben zu realisieren, ist eine sortenreine Trennung von Gips und Karton essentiell. Dies erfordert eine gesonderte Reinigung der Kartonreste durch spezielle Aufbereitungsanlagen, die von der Altstoff Recycling Austria AG (ARA) samt langjähriger Expertise bereitgestellt werden. Für Roland Wernik, Geschäftsführer der Salzburg Wohnbau, eine Win-win-Situation: »Wir wissen, dass in der Baubranche viel passieren kann und muss. Daher fokussieren wir bei ›Billy-up‹ die maximale Erhaltung der bestehenden Gebäudestruktur sowie Kreislaufwirtschaft.«

Neue Fasern aus alten Kleidern

Die Lenzing Gruppe, führender Anbieter von Spezialfasern für die Textil- und Vliesstoffindustrien, startet Österreichs größtes Textilrecycling-Projekt. Gemeinsam mit dem Wäschedienstleister Salesianer Miettex, der Caritas, dem schwedischen Zellstoffproduzenten Södra und der ARA werden gebrauchte Haushalts- und Bekleidungstextilien gesammelt, um daraus Zellstoff zu produzieren und zu neuen Lyocell- und Viscosefasern zu verarbeiten. Es handelt sich dabei um das weltweit erste Verfahren, das zum großtechnischen Recycling von Textilabfällen aus Mischgewebe eingesetzt wird.

Der Caritas-Recyclingbetrieb bietet 70 Menschen mit Behinderung sichere Arbeitsplätze. (Bild: ARA)

»Ein Unternehmen allein kann das drängende Problem der Textilabfälle nicht lösen. Es sind proaktive Partnerschaften wie diese, die uns ermöglichen, voranzukommen und einen echten systemischen Wandel herbeizuführen«, sagt Sonja Zak, Head of Textile Sourcing & Cooperations der Lenzing Gruppe. Lenzing und Södra bündeln seit 2021 ihre Kräfte im Textil-Recycling und leisten damit einen entscheidenden Beitrag zur Förderung der Kreislaufwirtschaft in der Modebranche. Bis 2025 soll es möglich sein, 25.000 Tonnen Textilabfälle pro Jahr zu verarbeiten. 

Langlebige Straßen

Polymermodifiziertes Bitumen (PmB) ist ein wesentlicher Bau­stoff für den Bau von hochbelasteten Asphaltflächen wie Autobahnen, Schnellstraßen, Flugbetriebsflächen und Lagerflächen. Je nach Mischanlagentechnologie und Qualität des Ausbauasphalts können 20 bis 40 Prozent des alten Bitumen wiederverwendet werden. Das von der OMV entwickelte Produkt »Starfalt PmB RC« wurde speziell für die Wiederverwendung von Ausbauasphalt bei der Produktion von hochstandfesten, verformungsresistenten Mischgutsorten für den Einsatz im hochbelasteten Straßenverkehrsnetz konzipiert.

25 Prozent des Ausbauasphalts können bei der Sanierung der A9 wiederverwendet werden. (Bild: OMV)

Im Rahmen der Sanierung der Pyhrn-Autobahn A9 (Abschnitt Übelbach–Deutschfeistritz) verwendet das Bauunternehmen Granit  GmbH das nachhaltigere Bindemittel erstmals in einem Großprojekt. Dadurch kann der Bitumen-Bedarf um ein Viertel gesenkt werden. »Die OMV ist ein wichtiger Partner für uns, mit dem wir bereits seit Jahren auf Augenhöhe eng zusammenarbeiten. Bei einem derart umfangreichen Projekt wie der Sanierung der A9 benötigen wir Bauprodukte, die höchsten Qualitätsstandards entsprechen und besonders langlebig sind«, zeigt sich Philipp Hadl, Prokurist bei Granit, von dem Produkt überzeugt. PmB ist ein Baustoff mit einem geringen CO2-Fußabdruck in der Produktion sowie im Produktlebenszyklus und verursacht selbst keine Emissionen, wenn es eingesetzt wird. 

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