Fast zwei Drittel der mittelständischen Betriebe in Österreich haben keine Nachhaltigkeitsstrategie. Laut EY-Mittelstandsbarometer sind vor allem die Branchen Transport, Immobilien- und Bauwirtschaft sowie die Industrie säumig.
Bis 2040 will Österreich klimaneutral sein – dennoch hat die Mehrheit der heimischen mittelständischen Unternehmen keine schriftlich festgelegte Nachhaltigkeits- oder Klimastrategie, wie eine aktuelle Studie der Beratungs- und Prüfungsorganisation EY Österreich zeigt: Insgesamt verfügen im Moment nur 37 Prozent der Unternehmen über eine solche Strategie, etwa ein Viertel (26 %) plant immerhin, in den nächsten zwei Jahren etwas zu Papier zu bringen. Mehr als ein Drittel (37 %) der Unternehmen hat auch das nicht vor. Für die Studie wurden über 600 Verantwortliche in Betrieben mit 30 bis 2.000 Beschäftigten befragt.
„Auch wenn wir punktuell immer mehr Nachhaltigkeitsinitiativen bei heimischen Unternehmen beobachten, herrscht nach wie vor mehrheitlich ein strategisches Vakuum im Nachhaltigkeitsbereich. Das bringt große Risiken mit sich: Nicht nur gefährdet dieser Entwicklungsstand die Erreichung der Klimaneutralitätsziele, sondern wir verpassen als Wirtschaftsstandort vielleicht sogar eine Chance, um zukünftige Wachstumspotenziale zu nutzen“, warnt Martin Unger, Leiter der Strategieberatung von EY-Parthenon, der Strategieberatungsmarke von EY.
„Die Zukunft gehört jenen, die jetzt schon investieren und ihre Organisationen nachhaltig aufstellen.“ Unger ortet Aufholbedarf in allen Branchen, besonders aber in CO2-intensiven Wirtschaftszweigen wie dem Transport, der Immobilien- und Baubranche sowie der Industrie: „Hier liegt der Anteil jener Unternehmen, die aktuell über eine schriftliche Nachhaltigkeits- und Klimastrategie verfügen, sogar unter dem Durchschnitt.“
Klimaneutralität in weiter Ferne
Handlungsbedarf gibt es auch bei den Maßnahmenplänen zur Erreichung der Klimaneutralität. Zwei von fünf Unternehmen verfügen im Moment über keinen Maßnahmenplan und haben auch nicht vor, einen solchen zu erstellen. Immerhin zehn Prozent der befragten Betriebe sind nach eigenen Angaben bereits klimaneutral, jeder sechste strebt dieses Ziel noch vor 2040 an. „Ohne konkreten Maßnahmenplan in jedem einzelnen österreichischen Betrieb ist ein klimaneutrales Österreich bis zum Jahr 2040 nicht erreichbar“, erklärt Georg Rogl, Leiter des Bereich Climate Change & Sustainability Services bei EY Österreich. Der Experte rät Unternehmen, sich eingehend mit dem Thema zu beschäftigen und an entsprechenden Plänen zu arbeiten.
(V.l.): Martin Unger, Leiter der Strategieberatung von EY-Parthenon, gemeinsam mit Georg Rogl, Leiter des Bereich Climate Change & Sustainability Services bei EY. Die beiden Experten sind sich einig: Momentan planen Unternehmen noch zu wenig in punkto Nachhaltigkeit - das muss sich ändern. (Bild: EY)
Positiv bewertet Rogl den wachsenden Anteil der Unternehmen, die grundsätzlich Maßnahmen gegen den Klimawandel setzen – allerdings ohne konkreten Plan. Darunter fallen etwa die Bewusstseinsbildung bei den Mitarbeitenden, der Bezug von Energie aus erneuerbaren Quellen, die Ökologisierung des Fuhrparks sowie das Einbeziehen von Nachhaltigkeitsaspekten bei Investitionsentscheidungen. „Die populäreren Maßnahmen in diesem Jahr zielen bei vielen Betrieben sicher auch auf die Reduktion von Energiekosten aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise ab“, relativiert Rogl diese punktuellen Ansätze. Langfristig brauche es jedoch ganzheitliche Konzepte.
Unger plädiert dafür Nachhaltigkeit als Chance zu begreifen, der Österreich als Wirtschaftsstandort aufwertet: „Nur so können wir den Raum für die notwendigen Innovationen und Technologien schaffen. Langfristig werden Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen deutlich mehr Zuspruch seitens der Gesellschaft erhalten – und damit auch profitabler sein.“
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