Donnerstag, Juli 18, 2024

Aktuelle Herausforderungen wie die Klimakrise, Digitalisierung, Gesundheit und Nachhaltigkeit verlangen ein Umdenken und neue Strukturen. Welche Erfolgsfaktoren in Zukunft entscheidend sind und welche Rolle der Mensch einnehmen wird, diskutierten Expert*innen beim 28. qualityaustria Forum. 

Mehr als 700 Teilnehmer*innen begrüßten die Geschäftsführer der Quality Austria, Werner Paar und Christoph Mondl, am 22. März im Salzburg Congress und online vor den Bildschirmen. Wie im Vorjahr fand der Branchenevent für Qualitätsmanager*innen aus dem In- und Ausland als Hybrid-Veranstaltung statt. Im Mittelpunkt stand die Arbeitswelt, die sich – Stichwort Homeoffice und Viertagewoche – merklich im Umbruch befindet. „Wir haben in jüngster Zeit gesehen, dass unsere Abläufe und Gewohnheiten veränderbar sind. Anpassung ist möglich, wenn wir es wollen oder müssen“, verwies Werner Paar im Eingangsstatement auch auf die gesellschaftliche Verantwortung: „Wie die Welt in Zukunft aussieht, liegt an uns.“

Wirtschaftlicher Erfolg hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Im Mittelpunkt stehe aber immer ein Mensch als Mitarbeiter*in, Führungskraft, Kund*in, Auftraggeber*in oder Geschäftspartner*in, so Paar: „Integrierte Managementsysteme schaffen verlässliche Strukturen, um diese Herausforderungen zu bewältigen.“ Christoph Mondl skizzierte das Bild einer vernetzten, digitalisierten und resilienten Wirtschaft, „weg von der Value Chain, hin zum Value Network“. Rangierten früher etwa ein attraktiver Standort oder die Bekanntheit des Arbeitgebers noch weit oben, sind heute flexible Arbeitszeiten, sinnstiftende Tätigkeiten und eine hohe Work-Life-Balance entscheidend für die Jobwahl. 52 Prozent der Befragten würden ein attraktives Angebot ausschlagen, wenn sie im Bewerbungsprozess negative Erfahrungen machen.

Der Mensch-Moment

„Talente sind der Schlüssel der Zukunft“, betonte Steffi Burkhart, Human Capital Evangelist, in ihrem Vortrag. Ab 2035 werden bereits 75 Prozent der Belegschaft aus den Generationen Y (1980–1995), Z (1995–2010) und Alpha (2010–2025) bestehen. Sie sind die Treiber, die technologische und marktrelevante Entwicklungen künftig beeinflussen. Einigen Ländern fehlt aufgrund niedriger Geburtenraten dieser frische Input der jüngeren Generationen – Japan oder China sind bereits stark von Überalterung betroffen.

Steffi Burkhardt, Human Capital Evangelist, macht sich für die jüngere Generation stark - und erklärt, wie Unternehmen junge Talente heute für sich gewinnen.

Aber wie gelingt es Organisationen, junge Talente zu gewinnen, um Zukunftsthemen voranzubringen? „Viele Unternehmen schöpfen den Talentepool nur zur Hälfte aus, indem sie auf Frauen verzichten“, erklärte Burkhart. Darüber hinaus seien die Rahmenbedingungen entscheidend: „Junge Mitarbeiter*innen werden in Zukunft nicht mehr Geld gegen Arbeit tauschen. Wir brauchen fluidere, flexiblere Formen von Arbeit, die klassischen fünf Arbeitstage und die 40-Stunden-Woche sind ein Auslaufmodell.“

Wie Führungskräfte diesen veränderten Erwartungen begegnen können, strich Unternehmerin und Autorin Kerstin Plehwe heraus: „Kommunikation ist die neue Königsdisziplin.“ Nahbarkeit, Authentizität, häufiges und wertschätzendes Feedback sowie echte Individualität zeichne gutes Leadership aus. Entscheidend sei der positive Umgang mit Veränderungen: Statt die gesamte Energie auf die Gestaltung der Zukunft zu richten, lassen sich aber viele Menschen von Misstrauen und Bedenken bremsen. Resilienz erfordere innere Stärke und Widerstandskraft, so Plehwe: „Wenn von außen ein Sturm kommt, knicken nur jene Palmen um, die nicht fest verankert sind.“

Performance-Beraterin Sabine Hübner richtete in ihrer Keynote den Fokus auf den Kontakt zwischen Unternehmen und Kund*innen, der immer mehr zum Prüfstein wird: „Service ist kein Projekt, sondern eine Haltung. Je digitaler unsere Welt wird, desto mehr steigt der Anspruch der Menschen an die Qualität der persönlichen Begegnung.“ Unzufriedene Konsument*innen machen ihre Erfahrungen öffentlich kund. Gleichzeitig steckt in jeder Begegnung die Chance auf „einen einprägsamen Mensch-Moment, mit dem wir uns selbst ein Gesicht geben“, wie ihn Hübner anhand eines eigenen Erlebnisses anschaulich schilderte: „Am Ende bleibt immer ein Gefühl haften.“

Kommunikation als neue „Königsdisziplin“: Unternehmerin und Bestseller-Autorin Kerstin Plehwe (Mitte) arbeitete in ihrem Vortrag heraus, wie gutes Leadership funktioniert - hier inmitten der Quality-CEOs Werner Paar (li.) und Christoph Mondl (re.).

Die Weichen stellen

Auch Axel Dick, Prokurist Business Development Umwelt und Energie der Quality Austria, nahm auf die zentrale Rolle der jungen Bevölkerung Bezug: „Wir müssen bis 2030 die Weichen richtig stellen, damit die Generationen Z und Alpha eine Perspektive für die Zukunft haben.“ Die Agenda sei angesichts der drängenden Probleme – War of Talents, Energieeffizienz, Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, Biodiversitätsverlust – lang: „Prozesse, die wir für selbstverständlich gehalten haben, laufen nicht mehr so ab wie gewohnt.“ Es gelte, diese Themen ernst zu nehmen, auch wenn praktikable Lösungen (noch) nicht überall bereitstehen. Hinsichtlich neuer Regelungen wie der europäischen Taxonomie-Verordnung oder der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD geben Managementsysteme und Normen den betroffenen Unternehmen das nötige Rüstzeug für kommende Standards.

Einen Blick in die praktische Umsetzung einer „Qualitätsmatrix“ öffnete Wolfgang Glatz, Director of Quality Management bei Plansee HPM. Das 1921 in Reutte gegründete Unternehmen erzeugt Hochleistungswerkstoffe und ist Weltmarktführer im Bereich Refraktärmetalle. „Wir sind ein typischer Hidden Champion, aber meist auch Enabler von Produkten für unsere Kunden“, erläuterte Glatz die Prinzipien des Erfolgs: „Qualität leben und Kundenversprechen in Leistung umsetzen.“

Die High-Level-Struktur des PDCA-Zyklus dient als Drehscheibe: Die Planung der Ziele erfolgt im Jahreskreis, die Umsetzung wird mit den Stakeholdern abgestimmt und an festgelegten Checkpoints geprüft. Alle Prozesse werden visualisiert und transparent abgebildet und Probleme entsprechend des Eskalationsmodells bearbeitet: „Diese Problemlösungskompetenz aus der Organisation nimmt die Last von den Schultern der Mitarbeiter*innen.“  Dem interessierten Publikum gab Glatz einen wichtigen Rat mit auf den Weg: „Integrieren Sie das Management – sonst ist das Ding nicht mal die Hälfte wert!“ 


Österreichs beste Qualitätsmanager 

Auf Initiative der Österreichischen Vereinigung für Qualitätssicherung (ÖVQ) werden jährlich im feierlichen Rahmen des qualityaustria Forums zwei Persönlichkeiten für ihre herausragenden Projekte im Bereich Qualitätsmanagement ausgezeichnet.

Strahlende Gewinner (v.l.n.r.): Werner Paar (CEO Quality Austria), Michael Danzl (Qualitäts-Champion 2022), Alexander Woidich (Vorsitzender der Jury), Valerie Primas (Qualitäts-Talent 2022), Christoph Mondl (CEO Quality Austria).

Zum „Qualitäts-Champion 2022“ wurde heuer Michael Danzl, Qualitätsmanager der Egger Group, gekürt. Dem 47-Jährigen gelang die erfolgreiche Implementierung des Egger Management-Systems (EMS), einer firmeninternen Plattform zur Dokumentation und Verbesserung der Unternehmensprozesse, die inzwischen einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der innerbetrieblichen strategischen Ziele leistet. Das 1961 gegründete Familienunternehmen mit Stammsitz in St. Johann in Tirol ist auf 21 Standorte in elf Ländern gewachsen und zählt zu den großen österreichischen Playern in der Holzindustrie.

„Das übergreifende Informationssystem unterstützt sieben Sprachen und deckt die Themen Qualitäts-, Umwelt-, Sicherheits- und Energiemanagement ab. Neben mehreren Tausend Dokumenten wird der gesamte Verbesserungsprozess mit derzeit zig-tausend Einzelmaßnahmen in dem Integrierten Managementsystem gesteuert“, zeigte sich die Jury in ihrer Begründung beeindruckt. Als neuer Qualitäts-Champion ist Michael Danzl automatisch für den European Quality Leader Award der European Organization for Quality (EOQ) nominiert.

Mit dem Nachwuchspreis „Qualitäts-Talent 2022“ wurde die 23-jährige Projektmanagerin Valerie Primas ausgezeichnet. Ihr Projekt „Gute Gesundheitsinformationen“ hebt am Landeskrankenhaus Graz „mit einer neu geschaffenen Systematik die Qualität der vielfältig vorhandenen Informationen für Patient*innen strukturell und inhaltlich auf ein neues Niveau“, befand die Jury in ihrer Würdigung. Die neu geschaffene Methodik sichert eine einheitliche Struktur, die fachliche Aktualität der Gesundheitsinformationen sowie deren Verfügbarkeit für alle Mitarbeitenden der Universitätsklinik. Für den Nachwuchspreis „Qualitäts-Talent“ können sich Teilnehmer*innen zwischen 16 und 30 Jahren bewerben, die Auszeichnung ist mit 3.000 Euro dotiert (die Hälfte davon als Bildungsscheck der Quality Austria). 
 
Info und Anmeldung für den kommenden Wettbewerb: 
www.qualityaustria.com/qualitaets-champion

(Bilder: Quality Austria/ Anna Rauchenberger)

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