Mittwoch, November 20, 2024

Auf den Aspanggründen in Wien-Erdberg entsteht bis 2027 ein klimafreundliches Stadtviertel. Derzeit werden auf dem Areal 500 Erdwärmesonden gesetzt, die im Winter für Heizwärme und im Sommer für Abkühlung sorgen sollen.  

Nahe St. Marx, im dritten Wiener Gemeindebezirk, wird gerade die Zukunft geprobt. In einem stadtplanerischen Vorzeigeprojekt der Austrian Real Estate (ARE), das gemeinsam mit Wien Energie umgesetzt wird, entsteht ein „perfektes Klimaschutzquartier“, wie es Michael Strebl, Geschäftsführer der Wien Energie, bei einer Baustellenbesichtigung nannte: „Wir schaffen hier ein ökologisches und ökonomisches Musterbeispiel für die klimaneutrale Stadt der Zukunft.“

Das klimafreundliche Gesamtkonzept umfasst eine Wärme- und Kälteversorgung mit Erdwärmesonden, der Strom stammt aus Photovoltaikanlagen. 90 Prozent des Stroms und 75 Prozent der Heizleistung sollen direkt am Standort erzeugt werden. „So ein Projekt gab es noch nie – in dieser Logik, in dieser Dimension“, verwies Finanzstadtrat Peter Hanke auf langfristige Vorhaben: „Um die Klimakrise zu bewältigen und unser ehrgeiziges Ziel ,Raus aus Gas' bis 2040 zu verwirklichen, müssen wir Maßstäbe und Impulse für die Stadtentwicklung setzen.“

Wärme aus der Tiefe

Das elf Hektar große Areal ähnelt derzeit einem Schweizer Käse. Auf den 22 Baufeldern werden tiefe Löcher gebohrt, um 500 Erdwärmesonden zu versenken. Diese reichen 150 Meter ins Erdreich – die Erdwärme gelangt über die Sonden mit 5 bis 19 Grad in die hauseigenen Wärmepumpen und wird im Winter zum Heizen und im Sommer zum Kühlen genutzt. „Eine gute Lebensqualität“, will Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky bieten: „Auch in der siebten oder achten Tropennacht soll man durchschlafen können.“ Flächenheizsysteme, wie z.B. Fußbodenheizungen, sorgen für effiziente Verteilung der Wärme. Die Abwärme, die im Sommer den Gebäuden entzogen wird, dient zusätzlich zur Warmwasserproduktion. Auf allen Dächern werden Photovoltaikanlagen installiert. Ein Großteil der für dieses Anergienetz benötigten Energie kann somit aus lokalen Ressourcen gewonnen werden.

Die Bohrungen für die Erdwärmesonden sind gerade in vollem Gange. Die künftigen Bewohner*innen können dafür nahezu autark leben. (Bild: Angela Heissenberger)

Breiter Nutzungsmix

Für die Entwicklung des ausgeklügelten Energiekonzeptes wurde Ampeers Energy, ein Spin-off der deutschen Fraunhofer Gesellschaft, an Bord geholt. Mit einer speziellen Software stellt das Unternehmen die optimale Nutzung, Verteilung und Speicherung der Energie sicher und ermöglicht den künftigen Bewohner*innen die Bildung einer baufeldübergreifenden Energiegemeinschaft. „Der Stadtteil zeichnet sich durch einen breiten Nutzungsmix aus“, erklärt ARE-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss. Die Büros, Gewerbebetriebe, Schulen, Kindergärten und Wohnungen verbrauchen zu unterschiedlichen Zeiten Energie. Zusätzlich ist die gesamte Anlage an das Fernwärme- und Stromnetz angebunden.

Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky, Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke und ARE-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss gemeinsam mit Michael Strebl, dem Geschäftsführer der Wien Energie, bei der Besichtigung der Baustelle. (Bild: Daniel Hinterramskogler)

Das neue Quartier wird autofrei und fahrradfreundlich als Stadtteil der kurzen Wege gestaltet. Ein zentraler, rund zwei Hektar großer Park bietet einen Rückzugsort. Alle nicht begehbaren Dächer und etliche Fassaden werden begrünt. 

(Titelbild: ARE)

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