Ab 2025 werden die neuen Reporting-Standards zu den ökologischen und sozialen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit von Unternehmen schrittweise verpflichtend. Einige Unternehmen bereiten sich schon freiwillig auf umfassendere Nachhaltigkeitsberichte vor. Report(+)PLUS hat sich nach ihren Erfahrungen erkundigt.
Ist Ihr Unternehmen auf die CSR-Berichtspflicht vorbereitet?
Alice Godderidge
CEO Poloplast GmbH
Poloplast unterliegt nicht primär der CSR-Berichtspflicht, da diese von unserer Konzernmutter Wietersdorfer übernommen wird. Als vollkonsolidiertes Unternehmen müssen wir dennoch prüffest sein. Indirekt stellt das fast denselben internen Aufwand dar. Wir geben seit fast 20 Jahren periodisch einen Nachhaltigkeitsbericht heraus – Berichterstattung nach internationalen Standards ist für uns daher kein Neuland. Wir gehen aber davon aus, dass die künftigen CSR-Regelwerke weit umfassendere Inhalte fordern als die bisherigen GRI-Standards.
Erich Lux
Geschäftsführer und Gesellschafter der Lux Bau GmbH
Als langjähriges Mitglied der Gemeinwohl-Ökonomie haben wir bereits zweimal freiwillig Nachhaltigkeitsberichte erstellt, für die Jahre 2019 und 2021. Wir haben uns entschieden, diese nach dem Standard der Gemeinwohl-Ökonomie zu erstellen, da dieser Nachhaltigkeit sehr umfassend versteht. Zu betrachtende Werte sind Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit, Transparenz und Mitentscheidung, jeweils in fünf Berührungsgruppen – Lieferanten bis gesellschaftliches Umfeld.
Guido Unterberger
Geschäftsführung Tochtergesellschaften der Hausbetreuung Attensam GmbH
Attensam ist bewusst, dass die CSRD auf uns zukommen wird. Wir setzen aber schon seit langem Maßnahmen in diesem Bereich. Im Vorjahr haben wir deshalb einen strukturierten Prozess gestartet: Unser erster Nachhaltigkeitsbericht wurde für das Geschäftsjahr 2021/2022 veröffentlicht und ist eine gute Basis für unsere Berichtspflicht ab 2025. Das bedeutet natürlich einen Mehraufwand, der organisatorische Anpassungen notwendig macht. Deshalb implementieren wir gerade ein Nachhaltigkeitsteam, das sich regelmäßig mit ESG-Themen beschäftigt.
Wie gut kennen Sie Ihre Wertschöpfungskette?
Alice Godderidge: Wirklich gut, wir stehen mit unseren Kunden, Lieferanten und anderen Stakeholdern im regen Austausch. Steigen aber – vor allem in der vorgelagerten Lieferkette – die Distanzen und Verzweigungen, sinkt die Möglichkeit zur direkten Kommunikation und damit der Informationsgrad.
Erich Lux: Unsere Wertschöpfungskette kennen wir zum Teil sehr gut, da wir als Traditionsunternehmen auch in diesem Bereich auf Partnerschaften und möglichst viel Regionalität setzen. Unsere Zielsetzung ist nicht, den jeweils billigsten Anbieter zu finden, sondern den besten Partner. Dennoch besteht einiger Aufholbedarf, zum Beispiel bei den Zulieferern unserer Zulieferer und Subunternehmer, aber auch im Wissen über die genaueren Arbeitsbedingungen und sonstigen Nachhaltigkeitsaspekte unserer Partner.
Guido Unterberger: Nachdem wir seit vielen Jahren nach ISO 9001, ISO 14001 und ISO 45001 zertifiziert sind, haben wir einen guten Überblick über unsere Prozesse und was dahintersteht: Wir bewerten Lieferant*innen und Servicepartner*innen jährlich hinsichtlich Qualität, Umweltauswirkungen, Arbeits- und Gesundheitsschutz. Wir initiieren regelmäßig Kunden- und Mitarbeiterumfragen und analysieren diese. Unser Leitbild und Verhaltenskodex sind dabei die Prämissen unseres Handelns, die wir nicht nur von Mitarbeitenden, sondern auch von Partner*innen einfordern.
Welche Herausforderungen sehen Sie in der Umsetzung?
Alice Godderidge: Herausfordernd ist sicherlich der Informationsgewinn zu Lieferkettenverpflichtungen und Herstellungsparametern außerhalb der Europäischen Union. Proaktiv informieren und Wissen um die Verpflichtungen bei den Partnern aufbauen, sind der Königsweg, um Bedenken hinsichtlich der vermeintlichen Preisgabe von Betriebsgeheimnissen abzubauen. Besonders herausfordernd sind die korrekte und zeitgerechte Kennzahlengewinnung – speziell jene, die man nicht selbst in Händen hat bzw. von externen Partnern benötigt – und die Umsetzung der Taxonomie-Verordnung. Dafür müssen Unternehmen Kompetenz, Prozesse und vor allem zusätzliche Manpower aufbauen. Und das in einer Zeit volatiler Märkte und wirtschaftlicher Abkühlung. Dass wir uns seit vielen Jahren mit Nachhaltigkeit in allen Aspekten beschäftigen, die Zeichen der Zeit erkannt haben und konsequent am Ball geblieben sind, macht sich jetzt bezahlt.
Erich Lux: Die größte Herausforderung beim Erstellen der Gemeinwohlberichte ist, das eigene Unternehmen genau zu durchleuchten und auch die Schwächen offen und transparent darzustellen. Die Datenerfassung und Erstellung bereitet einigen Aufwand – im Rahmen einer moderierten Peergruppe mit anderen Unternehmen hat es aber auch viel Freude gemacht und war eine große Lernerfahrung, die wertvolle Erkenntnisse und Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt hat. Mit jedem Gemeinwohlbericht werden wir ein wenig besser!
Guido Unterberger: Die Grundlagen sind bei uns durch die Abteilung Integriertes Managementsystem schon geschaffen, aber wir rechnen mit steigendem Aufwand – nicht nur in Bezug auf organisatorische Anpassungen und Personal, sondern ebenso auf der Kostenseite. Denn die Anforderungen und Komplexität für ein Unternehmen werden durch die Berichtspflicht und jährliche Überprüfungen weiterwachsen. Außerdem ist festzuhalten, dass einige Punkte noch offen sind – sobald einheitliche Berichtskriterien feststehen, ist die genaue Umsetzung für uns besser planbar.
(Bilder: iStock, Attensam, Lux Bau, Christian Stummer)