Unternehmen erwarten, dass immersive Technologien nicht nur für die Interaktion mit Kund*innen wichtig werden, sondern auch das Arbeitserlebnis ihrer Mitarbeitenden verbessern. Nicht gedacht hat man bis jetzt an die neuen Herausforderungen in Bezug auf Datenschutz, Sicherheit und Interoperabilität. Trotzdem prophezeit eine neue Studie von Capgemini dem Metaverse großes Potenzial - wenn es richtig umgesetzt wird.
Sieben von zehn Unternehmen glauben, dass Immersive Experiences und das Metaverse künftig wichtige Anwendungen sein werden, um sich auf dem Markt abzusetzen, insbesondere in Hinblick auf die Customer Journey. Das zeigt eine neue Studie des Capgemini Research Institute: „Total Immersion: How Immersive Experiences and the Metaverse Benefit Customer Experience and Operations“. 77 Prozent der befragten Verbraucher*innen erwarten, dass Immersive Experiences die Art und Weise, wie sie mit Menschen, Marken und Services interagieren, beeinflussen werden. Von den wenigen, die bereits Erfahrung mit dem Metaverse gemacht haben, geben drei Viertel an, dass sie es derzeit nutzen und dies auch weiterhin tun werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die viel gepriesenen immersiven Technologien durchaus Potenzial haben, welches sich Unternehmen zunutze machen könnten.
Für die Studie des Capgemini Research Institute wurden im Juli und August 8.000 Verbraucher und 1.000 Unternehmen in 12 Ländern dazu befragt, welchen Nutzen sie in Immersive Experiences und dem Metaverse sehen. Der Report kommt zu dem Schluss, dass sich das dezentrale Metaverse, dass auf der Blockchain-Technologie basiert, noch in der Entwicklung befindet. „Wir sehen allmählich eine differenziertere Herangehensweise von Unternehmen an die Gestaltung immersiver Erlebnisse und speziell des Metaverse“, kommentiert Hellmuth Leinfellner, Head of Digital Customer Experience bei Capgemini in Österreich.
„Das anfängliche Interesse am Metaverse wurde durch die Investitionen der großen Tech-Player vorangetrieben. Die tatsächlichen Herausforderungen unter anderem in Bezug auf Zugänglichkeit, Sicherheit, Interoperabilität und Datenschutz wurden dabei noch nicht ausreichend berücksichtigt. Daran arbeiten Unternehmen jetzt intensiv. Kurzfristig können sich Immersive Experiences besonders für interne Anwendungsfälle als sehr effektiv erweisen. Das Potenzial des Metaverse geht aber über das transformative hinaus: Es leitet eine humanistische Renaissance in der Digitalisierung herbei und nutzt dafür die virtuell-räumliche Nähe des sogenannten verkörperten Internets.“
Neue Möglichkeiten zur Interaktion
Die Studie zeigt, dass das Metaverse durchaus eine gewisse Faszination ausübt: Verbraucher*innen wollen das Metaverse aber vor allem als Ort für Interaktion mit Familie und Freunden (43 Prozent) sowie mit Kollegen (39 Prozent) nutzen. Zu den Marken, mit denen sie am liebsten im Metaverse interagieren würden, zählen vor allem Unternehmen des Einzelhandels (78 Prozent) sowie Konsumgüterunternehmen (77 Prozent). Das zeigt, dass Verbraucher insbesondere ihre Einkaufserfahrung bei Produkten mit hohem Erlebniswert verbessern möchten, wie beispielsweise Autos, Möbel und Haushaltselektronik.
Hellmuth Leinfellner, Capgemini Österreich, meint: „Die tatsächlichen Herausforderungen unter anderem in Bezug auf Zugänglichkeit, Sicherheit, Interoperabilität und Datenschutz wurden dabei noch nicht ausreichend berücksichtigt.“ (Credit: Capgemini Österreich)
Hohes Potenzial für unternehmensinterne Anwendungsfälle
Aus Interviews im Rahmen der Studie geht hervor, dass Unternehmen bereits erfolgreich verschiedene Initiativen mit Immersive Experiences und dem Metaverse umgesetzt haben, um ihre betriebliche Effizienz zu verbessern. Zu Anwendungsmöglichkeiten zählen unter anderem:
- Planung von Einzelhandelsflächen: Die virtuelle Betrachtung einer Fläche ermöglicht es, die Gestaltung von Ladengeschäften zu planen, ohne dass die Teams vor Ort sein müssen.
- Schulung von medizinischem Fachpersonal: Chirurgen können medizinische Eingriffe am Patienten mithilfe von Headsets und 3D-Scans planen, proben und ausführen.
- Digitales Prototyping in der Automobilindustrie: Dabei kommt Virtual Reality (VR) für Design- und Konstruktionsprüfungen zum Einsatz. Indem die Anzahl der gebauten Prototypen verringert wird, können Unternehmen sowohl Kosten sparen als auch ihre Nachhaltigkeit verbessern.
Keine klare Strategie
Getrieben durch die Weiterentwicklung von Augmented Reality (AR)- und VR-Technologie, dem erhöhten Tempo der Digitalisierung aufgrund der COVID-19-Pandemie sowie der größeren Sorge um Nachhaltigkeit haben Unternehmen in den letzten Jahren branchenübergreifend Pilotprojekte mit Immersive Experiences durchgeführt. Besonders in der Konsumgüter- und Einzelhandelsbranche testen Unternehmen immersive Use Cases wie AR für virtuelle Heimdekoration, Elektronik und andere Artikel (24 Prozent) oder um neue, ansprechendere Kundenerlebnisse zu schaffen (25 Prozent). Zwei Drittel der Unternehmen (66 Prozent) haben eine Roadmap für Immersive Experiences für die nächsten ein bis zwei Jahre entwickelt. 15 Prozent wollen innerhalb eines Jahres eine erste Präsenz im Metaverse aufbauen, und 45 Prozent glauben, dass dies innerhalb von drei Jahren zum Mainstream zählen wird. Allerdings verfolgen viele Unternehmen derzeit noch einen vorsichtigen Ansatz.
Zusätzlich zu den externen Hindernissen wie mangelnde Reife der Technologie oder fehlende Konnektivitätsinfrastruktur, bestehen erhebliche interne Herausforderungen, um die Nachfrage der Verbraucher zu bedienen und auszubauen. Es fehlt insbesondere an strategischer Planung: 40 Prozent der Unternehmen sehen Immersive-Experience-Initiativen immer noch als einmalige Projekte, nicht als ersten Schritt in einer Reihe kontinuierlicher Verbesserungen. Fast zwei Drittel (62 Prozent) der Unternehmen geben an, dass es kein Engagement des Managements für Immersive Experiences gibt, und mehr als die Hälfte (56 Prozent) hat keinen klaren Fahrplan für die Einführung einer solchen Technologie.
Sorge um Sicherheit
Die Neugier von Verbraucher*innen auf das Metaverse wird von Sorgen über die Technologie gedämpft. Auf der Basis einer Social-Media-Analyse von mehr als 180.000 Online-Konversationen zeigt die Studie, dass Verbraucher vor allem Bedenken hinsichtlich Belästigung, persönlicher Sicherheit und Datenschutz haben. „Für das Metaverse als Netzwerk virtueller Welten sind Sicherheits- und ethische Aspekte wichtig, um ein Gefühl von Gemeinschaft zu schaffen, das für eine breite Akzeptanz entscheidend ist“, so Leinfellner weiter. „Unabhängig davon, ob es sich um Anwendungen für Kunden oder Mitarbeiter handelt, müssen sich Unternehmen mit diesen Bedenken auseinandersetzen, bevor sie ihre virtuellen Räume schaffen. Außerdem sollten sie eine Möglichkeit finden, diese Räume zu moderieren und zugleich ein Gleichgewicht zwischen Privatsphäre und Sicherheitsaspekten zu finden. Daher müssen sie heute damit anfangen, das Metaverse zu verstehen, um nicht später abgehängt zu werden.“
(Titelbild: iStock)