Beim einem Nachhaltigkeitsforum von qualityaustria in Kooperation mit dem BMK und dem Senat der Wirtschaft beleuchtete Axel Dick mit weiteren Expert*innen, warum wir die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die ab 2025 verpflichtend ist, brauchen und wie sich Unternehmen rechtzeitig darauf vorbereiten können.
Am 24. November 2022 tauschten sich über 200 Fachleute beim 8. qualityaustria Nachhaltigkeitsforum im Rahmen einer Online-Veranstaltung zum Thema Klimawende aus. Unter dem Titel „Reporting – von der Kür zur Pflicht“ beleuchteten die Expert*innen die Auswirkungen der neuen Reporting-Standards, die ab 2025 schrittweise verpflichtend werden. Einig war man sich vor allem in zwei Dingen. Erstens: Die grüne Wende ist nur mit einem verpflichtenden Regulatorium zu bewältigen. Zweitens: Unternehmen sind gut beraten, sich schon jetzt auf die neuen Reportings vorzubereiten. „Die Anforderungen sind ambitioniert, aber mit einem Integrierten Managementsystem hat man durchaus eine gute Basis“, sagte Axel Dick, Business Development Umwelt und Energie, CSR, Quality Austria (Bild oben). Unternehmen wie Lenzing, Verbund oder OMV haben bereits mit der Umsetzung begonnen.
Know-how ist der Schlüssel für die Wende
Drei Eckpfeiler beschrieb Stefan Sengelin, stellvertretender Leiter der Abteilung VI/3 Grüne Finanzen und Nachhaltige Wirtschaft im Klimaschutzministerium: Die EU-Taxonomie-Verordnung, die CSRD-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive, die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung) und die Offenlegungs-Verordnung. Die Taxonomie-Verordnung ist ein wichtiger Schritt, um die EU-Klimaziele zu verwirklichen und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Sie adressiert die Finanz- wie auch die Realwirtschaft, indem sie europaweit einheitlich festlegt, welche Wirtschaftsaktivitäten als ökologisch nachhaltig gelten. Das Ziel ist, Kapital nachhaltig und transparent dahin umzuleiten.
„Transparenz ist zentral, wenn es darum geht, privates Kapital in ökologisch nachhaltige Aktivitäten zu lenken und die Lücke bei notwendigen Klima-Investitionen zu schließen. Die Taxonomie-Verordnung und die CSRD sind wichtige Instrumente dafür. Sie sollen Greenwashing verhindern, indem Unternehmen nachhaltigkeitsbezogene Daten und relevante Umsätze und Investitionen anhand klarer Vorgaben und Kriterien offenlegen“, betonte Sengelin (Bild oben). Auch in Österreich bewegt sich vieles im Green Finance Bereich. Aktivitäten im Rahmen der Green Finance Agenda werden laufend implementiert. „Heuer startete zum Beispiel die Green Finance Alliance – eine Initiative, die Mitglieder auf ihrem Weg zur Erreichung des 1,5-Grad-Klimaziels Schritt für Schritt begleitet. Bisher haben sich neun namhafte Finanzunternehmen angeschlossen, bis Ende Februar 2023 können sich weitere bewerben“, ergänzt Sengelin.
Ergänzend zeigte Andreas Ackerl, Experte im Bereich Umwelt, Energie und CSR bei Quality Austria, auf, dass die Berichtsanforderungen sehr stark managementorientiert sind und im Grunde genommen zahlreiche Anforderungen der ISO-Normen widerspiegeln: „Unternehmen, die ein Integriertes Managementsystem auf Basis der ISO-Standards leben, haben gute Voraussetzungen, um die Berichtsstandards in Zukunft erfüllen zu können.“ Die zeitgerechte Umsetzung wird trotzdem für alle eine Herausforderung.
Der erste Schritt: die doppelte Wesentlichkeit
Monika Brom, Umweltbundesamt und österreichisches Mitglied des EFRAG Sustainability Reporting Boards berichtete per Live-Stream aus Brüssel über den aktuellen Stand der Nachhaltigkeitsstandards auf europäischer Ebene. Zu den drei Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) wurden von EFRAG Vorgaben entwickelt, die über ein reines Reporting weit hinausgehen. Auch wenn es in erster Linie um die Betrachtung von wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen geht, stellen die Lieferkettenbetrachtung und einige verpflichtende Datenpunkte zusätzliche Herausforderungen für Unternehmen dar. „Eine Nachhaltigkeitsangelegenheit ist wesentlich, wenn ein Unternehmen kurz-, mittel- oder langfristig an erheblichen tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen in Bezug auf diese Angelegenheit beteiligt ist. Dazu gehören Auswirkungen, die das Unternehmen direkt verursacht oder zu denen es selbst beigetragen hat“, erklärte Brom.
Die Auswirkungswesentlichkeit wird bei den neuen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) um die finanzielle Wesentlichkeit ergänzt. Zusammen genommen spricht man dann von der doppelten Wesentlichkeit. Ein Thema erfüllt die Kriterien der doppelten Wesentlichkeit, wenn es in Bezug auf beide Auswirkungen wesentlich ist. Die Anforderungen an die Unternehmen sind laut der Expertin hoch, allerdings betonte sie, dass das Reporting alleine nicht entscheidend sei, sondern auch das jeweilige Managementsystem dahinter, da in den Standards auch ein Verbesserungsansatz durch verpflichtende Zielvorgaben enthalten ist.
Wie man systematisch an die Bewertung der wesentlichen, materiellen und finanziellen Themen methodisch herangehen kann und dabei (mögliche) Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft berücksichtigt, veranschaulichte Anneli Fischer, Netzwerkpartnerin, Produktexpertin CSR/ESG und Green Finance bei Quality Austria in ihrem Vortrag.
Bild oben: Axel Dick (Quality Austria) mit Anneli Fischer, Netzwerkpartnerin, Produktexpertin CSR/ESG und Green Finance (Quality Austria), und Andreas Ackerl, Business Development Umwelt und Energie, CSR (Quality Austria).
Wir müssen sofort beginnen
Vertreter*innen von Lenzing, OMV und Verbund berichteten von ihren ersten Erfahrungen im Zuge der Umsetzung. Einig waren sich die Expert*innen darin, dass Unternehmen, unabhängig davon, wann für sie die Berichtspflicht in Kraft tritt, besser heute als morgen mit den Vorbereitungen beginnen sollten. Laura Böhm, Sustainability Communications Specialist, Corporate Communications, Lenzing AG: „Ich empfehle großen Unternehmen, die 2026 erstmalig durch die CSRD für 2025 offenlegen müssen, sich bereits jetzt mit der Materie vertraut zu machen.“ Lenzing hat für die Wesentlichkeitsanalyse in einem ersten Schritt damit begonnen, möglichst viele interne Stakeholder an Bord zu holen, um gemeinsam Themen zu sammeln und in Folge externe Stakeholder zu definieren.
Die Berichterstattung sollte laut Lenzing-Expertinnen ganzheitlich und als integrativer Ansatz betrachtet werden. Sie verstehen die Umsetzung als erweitertes Risikomanagement. Wichtig sei, betroffene Abteilungen einzubeziehen und zu schauen, welche Daten bereits geliefert werden können und wo man noch eine Dateninfrastruktur aufbauen muss. Das ist natürlich eine Investition, aber „mit der Taxonomie fließt Geld in eine nachhaltigere klimaneutrale Wirtschaft und arbeitet für den Erhalt unseres Planeten. Eine Transformation zu einer nachhaltigen Erde ist die beste Rendite unserer Investitionen, die wir uns erhoffen können“, untermauerte Claudia Wukits, Financial Reporting Manager, Lenzing AG.
Bild oben: Anita Seiwald, Financial Reporting & Accounting (OMV), Markus Urban Hübler, Sustainability Manager, (Verbund AG) und Axel Dick.
Die Wichtigkeit einer frühzeitigen Vorgehensweise bestätigte auch Markus Urban-Hübler, Sustainability Manager, Verbund AG: „Obwohl Verbund bereits über langjährige Erfahrung in der Nachhaltigkeitsberichterstattung verfügt, stellen die neuen Reporting-Standards und die kurzen Übergangsfristen sehr große Herausforderungen an die Umsetzung dar. Aus diesem Grund setzen wir derzeit ein konzernweites Implementierungsprojekt auf, das die Grundlagen für die zukünftige Berichterstattung im Lagebericht erarbeiten wird.“
Auch die OMV AG lebt einen integrativen Ansatz. „In der OMV haben wir Mitte letzten Jahres ein Projekt zur Implementierung des EU-Taxonomie-Reportings begonnen. Da für dieses Reporting eine Verknüpfung von Nachhaltigkeits- mit Finanzdaten erforderlich ist, arbeitet in diesem Projekt Accounting sehr eng mit den Kolleg*innen der ESG-Abteilung zusammen. In zahlreichen Workshops haben wir die einzelnen Geschäftsbereiche und Tochtergesellschaften über die neuen Vorschriften informiert und die relevanten Wirtschaftstätigkeiten identifiziert. Die enge, bereichsübergreifende Zusammenarbeit hat sich sehr bewährt“, wie Anita Seiwald, Financial Reporting & Accounting, OMV AG erklärte.
Fazit
Die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung wird ab 2025 schrittweise für immer mehr Unternehmen von der Kür zur Pflicht. Sie wurde von den Expert*innen durchwegs als herausfordernd und essenziell gesehen, kann aber genauso und als Chance verstanden werden. Denn ohne sie wird die grüne Wende nicht gelingen. Und nur mit ihr kann Greenwashing vermieden werden. Es braucht einen Systemwechsel hin zu Green Finance, also den Umstieg auf eine effiziente und auf erneuerbaren Energieträgern basierende Volkswirtschaft. Das bedeutet für viele Unternehmen einen Kraftakt, bietet aber gleichzeitig enorme Investitionschancen.
„Unternehmen sollten die Berichtspflichten zeitnah in ihre strategische Planung integrieren. Auch wenn man noch nicht verpflichtet ist, sollte man bereits 2024 einen Bericht erstellen, um zu ‚üben‘“, empfahl Axel Dick. Vor allem aber sei es wichtig, sich rechtzeitig Wissen anzueignen. Mit den zahlreichen Seminaren, die Quality Austria zu dem Thema anbietet, unterstützt das Unternehmen andere in der Kompetenzentwicklung.
„Viele ISO-Standards – wie die ISO 9001 im Qualitätsmanagement, die ISO 45001 im Bereich Arbeitssicherheit, die Energiemanagementnorm ISO 50001, Treibhausbilanz-Norm ISO 14064 oder Anti-Compliance-Managementsysteme nach ISO 37301 – sind Bausteine für ein Managementsystem als Teil der Berichtspflichten. Zu dieser breiten Themenpalette bietet Quality Austria Audits und viele neu entwickelte Trainings, zum Beispiel zum Carbon Footprinting oder der Taxonomie-Verordnung, an“, so Dick abschließend. Wichtig sei laut dem Experten jedenfalls, sich bereits heute für die Herausforderungen von morgen vorzubereiten.
Bild: Erfahrungsaustausch zwischen OMV, Verbund und Lenzing beim qualityaustria Nachhaltigkeitsforum.