Roboter sollen mit Menschen besser interagieren, aber äußerlich weiterhin wie eine Maschine aussehen, erklärt Thomas Hähn, CEO der United Robotics Group, im Report(+)PLUS-Interview.
Während Asien als sehr technikaffin gilt, überwiegt in Europa noch die Skepsis. Sehen Sie schon eine Annäherung?
Thomas Hähn: Man konnte es auf der Messe EquipHotel schon gut beobachten: Als die Roboter den Gang entlang fuhren, waren die Leute kaum noch überrascht. Robotik wird immer mehr alltäglich, es gibt Staubsauger- und Rasenmäherroboter. Wir öffnen uns einer Technik, die den Menschen keine Arbeitsplätze wegnimmt, sondern die Arbeitsbedingungen verbessert.
Wo gibt es noch Probleme in der Interaktion von Mensch und Maschine?
Hähn: Die Erwartungshaltung an die Robotik ist oft zu groß. Wenn wir mit Siri oder Alexa reden, müssen wir uns beim Sprechen ein bisschen mehr bemühen, während uns der Kellner im Restaurant auch mit undeutlicher Aussprache oder Dialekt versteht.
Ist die Sicherheit noch ein Thema?
Hähn: Nein. Wir haben sehr viel Erfahrung in der Industrie gesammelt – die Unfälle mit Robotern gehen dort gegen null. Diese Standards setzen wir auch bei unseren Robotern an. Autonomes Fahren ist im Prinzip auch Robotik. Dieser Bereich entwickelt sich rasant weiter und das hilft auch der Robotik generell. Irrtümlicherweise glaubt man, dass Europa immer hinterher hinkt – bei der Akzeptanz ja, aber technologisch gesehen nicht. Die meisten Patente für autonomes Fahren liegen bei europäischen Unternehmen. Die Ausbildung unserer Fachleute ist international eine Benchmark.
Hat das Thema Robotik durch künstliche Intelligenz einen zusätzlichen Schub bekommen?
Hähn: Wir befinden uns gerade am Anfang dieses Schubs. Aber wir denken natürlich schon weiter – an Roboter, die Dinge greifen können und selbstständig bringen oder wegräumen können. Wir haben für die Healthcare-Industrie einen Roboter entwickelt, der im Blutlabor Reagenzien aufschraubt und in den Kühlschrank oder die Zentrifuge stellt. Auch im Labor gibt es einen großen Mangel an Fachkräften. Dort geht die weitere Reise hin.
Sie arbeiten in interdisziplinären Teams, mit Expert*innen aus der Philosophie, Psychologie, Soundtechnik. Was sind die besonderen Herausforderungen in der Entwicklung?
Hähn: Wir möchten einen Roboter bauen, der mit Menschen bestmöglich interagieren kann. Dafür brauchen wir das Wissen anderer Disziplinen. Es ist zum Beispiel wichtig, dass ein Roboter ein angenehmes Geräusch macht. Wir können viel davon lernen, welche Geräusche im Unterbewusstsein als angenehm wahrgenommen werden. Unser Plato bewegt ein bisschen die Augen und zeigt damit an, wohin er fahren wird – ähnlich wie Menschen, die sich am Flur begegnen, vermitteln sie damit die versteckte Botschaft, in welche Richtung sie ausweichen werden. Solche Erkenntnisse lassen wir in die Entwicklung einfließen.
Wie können sich europäische Hersteller gegen die Übermacht aus Asien behaupten?
Hähn: Mit Innovationen und mit Erfindergeist, also mit Tugenden, die in vielen Branchen auch funktionieren. Viele europäische Unternehmen machen trotz asiatischer Konkurrenz nach wie vor gute Geschäfte. 68 Prozent der Bauteile des Plato kommen aus Europa – das ist nicht ganz kostengünstig, aber ein starkes Statement. Wir sollten die Globalisierung nicht verteufeln, aber einfache Kunststoffteile um den halben Erdball zu transportieren, macht ökologisch überhaupt keinen Sinn.
Wohin entwickelt sich der Markt?
Hähn: Unser Traum wäre ein Allround-Roboter, der in der Gastronomie, im Krankenhaus oder in der Fabrik arbeitet. Das Innenleben ist gleich – und wenn es nach uns geht, wird er immer wie eine Maschine aussehen. Roboter sind ja äußerlich oft dem Menschen nachempfunden. Wir vertreten eine andere Philosophie. Plato hat zwar ein Gesicht, um zu kommunizieren. Aber es wäre fatal, würde eine menschenähnliche Hülle mit dem Tablett herumlaufen.
Mehr zum Thema: Autorin Angela Heissenberger war auf der internationalen Fachmesse EquipHotel in Paris zu Besuch. Dort hat sie verfolgt, wie die Robotik nun auch in Hotellerie und Gastronomie Einzug hält - eine Hilfe im Kampf gegen den Fachkräftemangel? Klick zum Artikel: Die freundlichen Helfer.
(Titelbild: United Robotics Group)