Die meisten Unternehmen haben sich dem Ziel von Netto-Null-Emissionen verpflichtet. Allerdings besteht weiterhin eine Kluft zwischen langfristigen Ambitionen und konkreten Maßnahmen. Zu diesem Ergebnis kommt auch Capgemini in einer neuen Studie. Demzufolge unterschätzen Entscheidungsträger*innen den unternehmerischen Nutzen von Klimaschutzmaßnahmen, nur jede*r Fünfte erkennt ihn überhaupt an.
Erfüllen Konzerne ihre Verantwortung zu ökologischer Nachhaltigkeit? Um die Fortschritte der kommenden Jahre zu evaluieren, hat das Capgemini Research Institute eine neue Studienreihe mit jährlicher Erscheinungsweise ins Leben gerufen. Für die erste Ausgabe („A World in Balance - Why sustainability ambition is not translating to action“) wurden im August und September in 12 Ländern branchenübergreifend insgesamt rund 2.000 Manager*innen aus 668 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über einer Milliarde US-Dollar befragt.
„Erst wenige Unternehmen sehen die nachhaltige Transformation als Wertschöpfungsquelle. Viele befürchten kurzfristig finanzielle Belastungen. Nichtsdestoweniger erkennen sie ihre Mitverantwortung zum Erreichen der Klimaschutzziele an – und es gilt jetzt, die globale Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen“, sagt Werner Kirsch, Sustainability Lead bei Capgemini in Österreich. „Alle Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle zeitgemäß neu ausrichten, um nachhaltige Produkte und Services zu entwickeln. Für diese Investition in die Zukunft brauchen sie Etappenziele und eine realistische, umfassende Nachhaltigkeitsstrategie.”
Nachhaltigkeitsziele werden durchaus in Geschäftsstrategien integriert - weltweit sagen fast zwei Drittel der Manager, dass Nachhaltigkeit auf der Agenda der Geschäftsführung steht. Es klafft jedoch noch immer eine Lücke zwischen den Ambitionen und konkreten Maßnahmen zum Klimaschutz: Erst knapp die Hälfte (49 Prozent) hat eine Reihe von Klimaschutz-Initiativen für die nächsten drei Jahre überhaupt definiert. Nur etwas mehr als ein Drittel (37 Prozent) der Befragten weltweit gibt an, dass ihr Unternehmen das Betriebsmodell hin zu mehr Nachhaltigkeit umgestaltet.
Werner Kirsch, Sustainability Lead bei Capgemini in Österreich: „Erst wenige Unternehmen sehen die nachhaltige Transformation als Wertschöpfungsquelle.” (Bild: Capgemini)
Insgesamt belaufen sich die Investitionen in Dekarbonisierungsaktivitäten bei Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 20 Milliarden US-Dollar auf durchschnittlich gerade einmal 0,41 Prozent des Gesamtumsatzes. Kleinere Unternehmen stehen hier deutlich besser da: mit einem Umsatz zwischen einer und fünf Milliarden US-Dollar investieren immerhin durchschnittlich 2,81 Prozent ihres Gesamtumsatzes. Zum Vergleich: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung lagen bei 500 der größten börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen im Jahr 2020 bei durchschnittlich vier Prozent.
Die Studienergebnisse zeigen, dass es vor allem an einer kollektiven Vision und an funktionsübergreifender Koordination der Nachhaltigkeitsbemühungen mangelt. Die unterschiedlichen Teams arbeiten noch immer isoliert voneinander. So geben beispielsweise weltweit nur 43 Prozent der Befragten an, dass nachhaltigkeitsbezogene Daten verfügbar sind und innerhalb der gesamten Organisation zugänglich gemacht werden. Bei 48 Prozent der Unternehmen stehen diese Daten auch für externe Stakeholder wie Investoren, Aktivisten, Regierungsstellen und Konsumenten zur Verfügung. Weniger als die Hälfte (47 Prozent) der Unternehmen weltweit wirbt gezielt neue Talente mit starken Nachhaltigkeitskompetenzen an.
Die stärksten Motive: Erwartungen der Mitarbeitenden und Regulatorik
Zu den wichtigsten Beweggründen für Nachhaltigkeitsmaßnahmen zählt aktuell für 60 Prozent der Entscheidungsträger*innen der Druck von bestehenden und potenziellen Mitarbeitenden; für 57 Prozent ist es das Bestreben, schärferen zukünftigen Regularien zuvorzukommen. 52 Prozent der Führungskräfte versprechen sich steigende Einnahmen davon. Nur einer von fünf Befragten (21 Prozent) sieht einen klaren unternehmerischen Nutzen in Nachhaltigkeit. Dem gegenüber stehen 53 Prozent mit der Meinung, die Kosten für derartige Maßnahmen überstiegen den potenziellen Nutzen. Aus der Studie geht jedoch hervor, dass Unternehmen, die Nachhaltigkeit priorisieren, schon jetzt erfolgreicher sind als Unternehmen, die dies nicht tun.
Für die Umweltbilanz: Investitionen in Technologie
Unternehmen werden sich zunehmend des ökologischen Fußabdrucks ihrer IT bewusst. Laut mehr als der Hälfte der Befragten kennt ihr Unternehmen die Menge an CO2-Emissionen seiner IT – darunter digitale Tools, Apps, IT-Systeme und Rechenzentren. Dieser Anteil erreicht in der industriellen Fertigung 63 Prozent und 61 Prozent bei Konsumgüter- und Energieunternehmen. Um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, setzen nach eigenen Angaben 58 Prozent der Unternehmen bereits KI und Automatisierung ein, insbesondere im Energiesektor (72 Prozent). Weltweit investiert mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Unternehmen in digitale Technologien wie Augmented und Virtual Reality oder Kollaborationstools, um die Reisetätigkeit ihrer Mitarbeitenden zu reduzieren.
Die Studie gibt es unter folgendem Link in voller Gänze zum Nachlesen: Klimaschutz für die meisten Manager nur teure Verpflichtung – Capgemini Österreich
(Titelbild: iStock)