Schimmelpilze und andere Mikroorganismen zählen zu jenen »Mitbewohnern«, die niemand gerne im Haus haben möchte. Für vorbeugende Maßnahmen und die Sanierung befallener Innenräume entwickelten Expert*innen einheitliche Qualitätsstandards.
Sie wachsen zunächst oft im Verborgenen und machen erst durch ihren modrigen Geruch aufmerksam. Hinter Möbeln, an Decken und Wänden finden sich braune, grünliche oder schwarze Flecken, die nicht nur gesundheitsgefährdend sein können, sondern auch Schäden am Gebäude verursachen.
Schimmel entsteht in Innenräumen immer dann, wenn die Feuchtigkeit im Gebäude zu hoch ist. Meist reicht schon eine hohe Luftfeuchtigkeit an der Materialoberfläche aus, die Materialien selbst müssen nicht wirklich nass sein. Kritisch wird es ab 70 Prozent Luftfeuchtigkeit und wenn hohe Raumluftfeuchte auf relativ kalte Oberflächen trifft. Dann kondensiert Wasserdampf als flüssiges Wasser beispielsweise an Wänden und bietet damit einen idealen Nährboden für Schimmel.
Der Begriff Schimmel umfasst verschiedene Mikroorganismen wie Schimmelpilze, Hefen und Bakterien, also winzige Lebewesen, die zum Wachsen neben Wasser auch organische Nährstoffe benötigen. Mineralische Baustoffe wie Beton, Kalksandstein und Ziegel bzw. Zement-, Kalk- und Gipsputze bieten deshalb in der Regel keine geeignete Lebensgrundlage für Mikroorganismen. Da aber auch mineralische Oberflächen fast immer mit organischen Substanzen verunreinigt sind, finden sich auch in Innenräumen ausreichend Nährstoffe. So können der Hausstaub, Seifenrückstände auf Badezimmerfliesen, Pollen aus der Umgebungsluft oder Haare und Hautschuppen als Nahrungsgrundlage für Schimmelpilze dienen.
Baustoffe aus organischem Material basieren auf Kohlenstoffverbindungen und ziehen Mikroorganismen daher besonders an. Papiertapeten und Gipskartonplatten werden bei Feuchtigkeit besonders leicht von Schimmel befallen. Das gilt auch für Kunststoffe wie Polystyrol, Silikondichtstoffe oder Baufolien sowie leichte Holzwerkstoffe. Dichte, feste Vollholzprodukte sind hingegen weniger anfällig. Eine Raufasertapete bietet mit ihrem Gehalt an Zucker, Eiweiß und Lignin im feuchten Zustand einen geradezu idealen Nährboden für Schimmel.
Winzig und schwebend
Bei Schimmelbefall dominieren meist Pilze – darunter versteht man Mikroorganismen, die anfangs winzige Pilzfäden und später Pilzsporen ausbilden. Die Fäden sind meist hell und mit freiem Auge schwer erkennbar, ein Schimmelbefall wird deshalb oft nicht gleich erkannt. Neben Pilzen sind auf den Oberflächen auch zahlreiche, noch kleinere, Bakterien und Milben zu finden.
All diese Mikroorganismen sind Teil unseres Lebens – in Innenräumen, insbesondere in Wohnungen, haben sie dennoch nichts verloren. Für Menschen mit schwachem Immunsystem, Kinder und Allergiker*innen bedeuten sie ein beträchtliches Gesundheitsrisiko. Die kleinen Sporen können schweben und gelangen über die Atemluft in die Lunge. Eine Reihe von Selbstversuchen unternahm der britische Arzt Charles Blackley 1870, als er – selbst Allergiker – Pilzsporen einatmete und »ziemlich unangenehme Beschwerden« dokumentierte. Nach dem Hurrikan Katrina und den nachfolgenden Hochwasserkatastrophen in den USA klagten die Bewohner*innen der durchfeuchteten Häuser vermehrt über Atemwegsprobleme, Kopfschmerzen, andauernde Müdigkeit und tränende Augen; Untersuchungen zeigten erhöhte Konzentrationen an Schimmelpilzgiften.
Nicht alle Schimmelpilze sind gesundheitsschädlich, wie etwa der Käseschimmel. Ihre Unterscheidung ist wie die Beseitigung ein Fall für Fachleute. Schimmel ist durch Messungen der Raumluft oder mittels IR- und UV-Licht bereits nachweisbar, bevor Flecken an Wänden und Decken sichtbar werden. Die Mikroskopie und Kultivierung von Materialproben gibt Aufschluss, um welche Gattung es sich handelt. Zudem kann unterschieden werden, ob Schimmelwachstum im Material, also Befall vorliegt oder die Sporen aus einer anderen Schimmelquelle stammen.
Frische Luft
Ein baulich intaktes Gebäude, in das von außen keine Feuchtigkeit eindringt, ist Voraussetzung für gesundes Wohnen. Dass Schimmel zunehmend zum Thema wird, ist aber nicht immer Baumängeln oder Konstruktionsfehlern geschuldet. Auch die Nutzungsgewohnheiten spielen eine entscheidende Rolle. Eine vierköpfige Familie gibt pro Tag durch Kochen, Waschen, Atmen etc. rund zwölf Liter Feuchtigkeit an die Raumluft ab. Auch Pflanzen oder ein Aquarium erhöhen die Luftfeuchtigkeit beträchtlich. Werden zehn Kilogramm feuchte Wäsche in einer Wohnung zum Trocknen aufgehängt, kann ein 100 m² großer Raum vollständig mit Wasserdampf befüllt werden. Wird die Feuchtigkeit nicht unmittelbar ins Freie geleitet, ist ein Schimmelproblem vorprogrammiert.
Schimmel entsteht in Innenräumen immer dann, wenn die Feuchtigkeit im Gebäude zu hoch ist.
Feuchtigkeit und Nährstoffe begünstigen das Schimmelwachstum, auch die Temperatur und der pH-Wert können von Bedeutung sein. Sauerstoff und Licht sind als Einflussfaktoren hingegen zu vernachlässigen. Zur Vermeidung von gesundheitlichen Problemen oder baulichen Schäden sind deshalb vorbeugende Maßnahmen angezeigt. So besitzen Baustoffe wie Mörtel, Estriche und Putze, die unter Verwendung von Wasser verarbeitet werden, noch einige Zeit eine gewisse Restfeuchte – ein zu früher Bezug des Gebäudes unmittelbar nach der Fertigstellung birgt daher ein erhebliches Schimmelrisiko. Eine adäquate Wärmedämmung kann Wärmebrücken, beispielsweise bei Fensterstürzen oder Wänden, die an ungeheizte Räume grenzen, beheben. Nach einer energetischen Sanierung, bei der dicht schließende Fenster eingebaut wurden, empfiehlt sich verstärktes Lüften, um die Feuchte im Raum regelmäßig nach außen abzuführen.
Ist die Außenschicht des Gebäudes etwa durch Risse oder eine schadhafte Dachabdichtung beschädigt und dauerhaft durchnässt, können die Wände nur ungenügend abtrocknen. Hier haben rasche Sanierungsmaßnahmen höchste Priorität. Auch bei einem Wasserrohrbruch oder einer Überschwemmung muss so rasch wie möglich mit der Entfeuchtung begonnen werden, sonst droht Schimmelbefall. Eine technische Bauteiltrocknung ist dabei nicht immer notwendig – bei kleineren Schäden und homogenen Aufbauten kann die Trocknung auf natürliche Weise, unterstützt durch Heizen und Lüften erfolgen. Überzogene Sanierungsmaßnahmen sind laut Bundesverband für Schimmelsanierung und technische Bauteiltrocknung jedenfalls zu vermeiden.
Professionelle Hilfe
Für die Beseitigung des Schimmelbefalls und die Trocknung mehrschichtiger Bauteile entwickelte der Bundesverband strenge Qualitätskriterien, basierend auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Zunächst muss die Quelle der Feuchtigkeit identifiziert und beseitigt, anschließend die befallenen Materialien abgetragen werden.
Professionelle Sanierungsmaßnahmen, durchgeführt von qualifizierten Fachbetrieben, gewährleisten eine wirksame und dauerhafte Lösung. Dabei kommen spezielle Absauganlagen zum Einsatz, die verhindern, dass mikrobielle Bestandteile in die Raumluft gelangen. Chemische Methoden, bei denen Desinfektionsmittel versprüht oder auf den betroffenen Flächen aufgetragen wird, bringen nur vorübergehend Erfolg, da auch abgetötete Mikroorganismen und die Biozide selbst gesundheitliche Beschwerden auslösen können. Die Mitgliedsbetriebe des Bundesverbands bekennen sich zu diesen Richtlinien. Eine nach ISO 17024 zertifizierte Ausbildung zum Schimmelexperten bzw. zur Schimmelexpertin bürgt für die Einhaltung des hohen Standards. Eine notwendige Sanierung erfolgt somit immer unter Beachtung einer gründlichen Gefährdungsabschätzung vor Beginn der Arbeiten und der daraus folgenden technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen.