Sonntag, Juni 30, 2024

Schwächelnde Weltkonjunktur, politische Unruhen, steigende Anforderungen an Effizienz und Nachhaltigkeit sowie  ambitionierte Innovationsstrategien – der Druck zur Transformation in den Unternehmen ist auch hierzulande recht hoch. Solche Veränderungen lassen sich zwar leicht planen - praktisch stellen sie aber oft eine Herausforderung dar.

Titelbild: Unternehmensberaterin Lotte Wenzl von der Wiener Beratungsagentur DB4Y. (Credit: ivanashoots/DB4Y)

Die Wiener Unternehmensberaterin Lotte Wenzl von DB4Y unterstützt bekannte Player wie BDO Austria und die Wirtschaftskammer Wien seit vielen Jahren in ihrer Transformation. „Es gibt bestimmte Change Motoren, die unsere Gesellschaft und Wirtschaft in Zukunft bestimmen“, meint Wenzel. Laut der Unternehmerin zeichnen sich drei Megatrends ab, mit denen sich Unternehmen langfristig beschäftigen: Digitalisierung, Autonomieentwicklung und die sog. Neo-Ökologie.  

Veränderungsdruck durch konstanten Wandel

Die Pandemie hat in vielen österreichischen Unternehmen für einen Digitalisierungsschub gesorgt und eine neue Art der Zusammenarbeit ins Leben gerufen. Das Bewusstsein für Umwelt- und Klimaschutzes ist mittlerweile – inklusive klarer Verantwortlichkeiten von Unternehmen. „Aufgrund des Tempos und der Komplexität dieser Entwicklungen wird die Notwendigkeit verstärkt, dass Unternehmen handeln. Es reicht heute nicht mehr aus, nur an kleinen Stellschrauben zu drehen. Der Schlüssel liegt darin, bestehende Strukturen, Prozesse und sogar Denkmodelle grundlegend zu hinterfragen“, ist Wenzl überzeugt.

Analyse der Ausgangssituation - mit Herz, Hirn und Bauch

Wenzl zufolge steht und fällt der Erfolg eines solchen Transformationsprojektes aber zunächst mit der akkuraten Analyse der Ausgangssituation. „Es ist wesentlich zu verstehen, wo ein Unternehmen und seine Mitarbeiter aus subjektiver – nämlich sachlicher und emotionaler – Sicht steht. Zieldefinitionen oder große Bilder allein sind zu wenig. Wenn wir mitten im Geschehen involviert sind, spüren wir emotionale und fachliche Hindernisse schneller auf und können entsprechend reagieren“, erklärt die Unternehmensberaterin. Ins Mikromanagement verfallen zu wollen wäre Wenzl zufolge ein großer Fehler, da damit bei komplexen Zusammenhängen ein Kontroll- und Steuerungsverlust einhergehe.  

Kultur als Innovationsmotor  

„Kultur ist Herz, Verstand und Seele einer Organisation. Sie ist dafür verantwortlich, wie Menschen in einer Organisation wahrnehmen, denken, fühlen und handeln“ - darauf  basiert das Modell des Autoren Simon Sagmeister, das DB4Y unter anderem einsetzt. Am Beginn steht auch hier die Auseinandersetzung: Dafür werden quantitative Erkenntnisse aus Online-Erhebungen mit qualitativen Informationen aus Einzelgesprächen und Workshops kombiniert.

„In einer Map wird nicht nur die Ist-Kultur gemeinsam erarbeitet, sondern es entsteht auch ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Sprache. Nach der Eruierung der Stärken und Schwächen in der Ist-Kultur werden Zielbilder erarbeitet“, erläutert Wenzl. Ausgehend von diesen Zielbilder wiederum werden systemische und persönliche Handlungsfelder abgeleitet. Einen Vorteil des Modells sieht die Expertin vor allem in der spielerischen Methode, die „Hands-on-Mentalität“ über alle Führungsebenen näherzubringen.

Diese und andere Change Management Methoden haben sich bereits bewährt – zum Beispiel bei BDO Austria. „Das Bewusstsein der einzelnen Abteilungen füreinander und für die gemeinsame Unternehmenskultur wurde gestärkt, was der abteilungsübergreifenden Transparenz zugutekommt. So ziehen wir alle an einem Strang und sprechen dieselbe Sprache“, meint Gerald Prangl, Head of IT bei BDO Austria.  

Neue Strukturen gefordert

Ein fast ebenso wichtiger Punkt für die erfolgreiche Umsetzung von Change Management ist Wenzl zufolge das Aufbrechen alteingesessener Strukturen. Sie ist überzeugt: „Die komplexen Herausforderungen im heutigen Umfeld machen neue Antworten erforderlich. Das betrifft die Art des Managements, die Organisationsstruktur, die Entscheidungsfindung und das Selbstverständnis der handelnden Personen.“ Das klassische hierarchische Modell stößt dabei an seine Grenzen.

„Führungskräfte oder sogenannte Change Agents, die den Wandel treiben, übernehmen im Zuge des Prozesses aber eine Vorbild- und Motivationsfunktion. Im Vorfeld solche Personen zu definieren und sie zu begleiten, ist wesentlich“, so Wenzl. Genauso wie die Change Experience, also die konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen und Wahrnehmungen der Mitarbeiter*innen bei der Umsetzung großer Veränderungen.

Übung macht den Meister

Last but not least gilt es der Expertin zufolge, die Verfestigung der neuen Verhaltensweisen im Alltag zu prüfen. Change kann dabei erst durch die nötige Übung wirken – denn oft ist alles schon gesagt, aber nicht von jedem. Das Ziel soll nicht die perfekte Definition der Wunschsituation sein, sondern es braucht Zeit, um sie nachhaltig zu leben und dann Mechanismen, um sie weiter zu verbessern. Dazu braucht es eine neue Feedback und Fehler-Kultur.

Erst wenn ausreichend viele Mitarbeiter das neue Verhalten als das bessere und selbstverständliche akzeptiert und in ihrem Unterbewusstsein verankert haben, ist das gewünschte Ziel erreicht. Der typische Reflex, „das haben wir schon immer so gemacht“, ist verschwunden. Jetzt sagen die Mitarbeiter: „Das haben wir früher gut gemacht, und jetzt machen wir das anders, aber noch besser.“ 

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