Enterprise Resource Planning ist für die Führung eines Unternehmens notwendig. Die ERP-Lösung S/4HANA von SAP wird derzeit noch On-Premises, also für die lokale Nutzung im Unternehmen, angeboten. Ab 2027 soll alles über die Cloud laufen.
Unternehmen benötigen zunehmend Agilität und Geschwindigkeit, müssen sich rasch den Veränderungen bei Lieferketten und Arbeitsregelungen anpassen. Die enge Verbindung und Kommunikation sowohl intern als auch mit Kunden und Anbietern in der gesamten Lieferkette erfordern mehr Digitalisierung und Automatisierung. Laut IDC wird die Cloud künftig die zentrale Komponente und das dominierende Gestaltungsprinzip für Unternehmen sein.
Selbst kleine und mittlere Unternehmen, die sich transformiert haben, können laut IDC ein zweistelliges Wachstum und eine höhere Rentabilität erzielen. Der Markt wird aktuell von drei Anbietern dominiert: Amazon, Google und Microsoft. »Parallel gibt es viele KMUs, die kleine Cloud-Lösungen anbieten«, informiert Martin Puaschitz, Berufsgruppenobmann IT der Wirtschaftskammer und Geschäftsführer von Puaschitz IT, um damit die Angst vor einer Abhängigkeit von Großkonzernen zu mindern. Man könnte die benötigte Software auch auf verschiedene Dienstleister aufteilen und damit mit Blick auf technische Störungen ähnlich wie beim Aktienportfolio das Risiko senken. Die Cloud ist für ihn kein Trend, sie ist gekommen, um zu bleiben.
ERP in der Cloud
SAP hat sich für den Zukunftsweg entschieden, bietet S/4HANA, die Softwarelösung für Enterprise Resource Planning, als Cloud-Lösung. 2021 war SAP aufgrund verstärkter Aktivitäten im Cloud-Business erfolgreicher als erwartet, der Gesamtumsatz stieg im Jahresvergleich um zwei Prozent auf 27,8 Milliarden Euro. »Der Markt fordert die Cloud, als SAP entwickeln wir uns daher zur Cloud-Company«, erklärt Pressesprecherin Elisabeth Wursche. Die Lösung SAP S/4HANA ist zwar auch On-Premises erhältlich, gerade viele Neukunden setzen laut Wursche aber schon jetzt auf Cloud-Lösungen, um Vorteile und neue Chancen für ihr Unternehmen umzusetzen.
Viel Aufholbedarf
Unternehmen müssen mit der Zeit gehen, vor allem bei den technologischen Trends. 2022, aber auch schon in den Jahren davor, ist das die Digitalisierung. »Cloud-Computing ist bereits seit über zehn Jahren Standard in der Geschäftswelt«, betont Schahram Dustdar, Institut für Information Systems Engineering an der TU Wien, und spricht das Hyperscale Cloud-Computing an, d. h. die kurzfristige Nutzung hoher Ressourcen. »Für jeden Bereich eines Unternehmens gibt es mittlerweile eine Cloud-Lösung«, sieht Martin Puaschitz die Cloud in der Geschäftswelt angekommen.
On-Premises-Software wird im eigenen Netzwerk eines Unternehmens installiert und betrieben. Bei einer Cloud werden Daten auf externen Servern gelagert.
Es gebe schon sehr große Clouds und sehr viel Cloud-Nutzung auf der einen Seite, aber wie so oft derzeit wahrscheinlich noch mehr Software, die nicht in der Cloud läuft, und dementsprechend wird sich da noch einiges tun. Große internationale Unternehmen nutzen die Cloud bereits sehr strukturiert. Im KMU-Bereich gibt es noch viel Aufholbedarf. »Österreich ist bei Cloud noch ein Late Follower«, erkennt Georg Schwondra, Leiter des Bereiches Cyber Security bei Deloitte, Nachholbedarf in Österreich. Vorreiter sind die Consumer Industries, der hochregulierte Bereich Finance oder Energy hinkt aufgrund der historisch gewachsenen Systeme und der bestehenden Regulatorik noch nach.
Geschäftsmodell Cloud
Dienstleistungen nur mehr via Cloud hat Vorteile sowohl für Anbieter wie auch für Kunden. Für den Provider ist ein Cloud-Service einfacher zu verwalten, zu warten und weiterzuentwickeln. »Cloudbasierte Systeme sind von der ganzen Struktur her so aufgebaut, dass die laufenden Kosten letztendlich geringer werden als bei On-Prem-Leistungen«, sagt Schahram Dustdar.
Als Vorteil ist auch die verstärkte Bindung der User*innen anzusehen, da es sich bei der Cloud um eine Plattform handelt – eventuell ein Nachteil für die User*innen. Positiver Effekt für den Kunden ist die hohe Skalierbarkeit durch die Cloud – d. h. die Fähigkeit, die Menge von IT-Ressourcen nach Bedarf zu erhöhen oder zu verringern, egal ob Datenspeicherkapazität, Rechenleistung oder Networking.
Entscheidend ist auch die Aktualität. SAP S/4HANA Cloud wird beispielsweise vierteljährlich upgedatet statt wie bisher jährlich. Georg Schwondra spricht das Thema Fachkräftemangel an, das durch Auslagern in die Cloud entschärft wird. Die wachsenden IT-Anforderungen und neuen Technologien sind leichter handzuhaben. Erhöhte Sicherheit und geringerer Supportaufwand sprechen ebenso für die Cloud.
O-Töne: SAP-Kunden über die Cloud-Zukunft
Erste Bank:
»Unsere Anforderungen an hoch skalierbare, effiziente Betriebsarchitekturen sehen wir künftig in der Cloud bestmöglich realisiert«, betont Dietmar Böckmann, CEO von Erste Digital. Software-as-a-Service ist in der Cloud eindeutig die Zukunft. Wo Skalierung und Standardisierung keine Rolle spielen, sieht er eine Co-Existenz von Cloud und On-Prem-Services. Werden Dienstleistungen ausschließlich über die Cloud angeboten, wird das laut Böckmann zweifellos Auswirkungen auf die Businesswelt haben.
Dietmar Böckmann, CEO von Erste Digital (Erste Bank).
»Das sehen wir schon heute. Software-as-a-Service aus der Cloud ändert die Servicekonzepte für Software und deren Betrieb. Ich sehe einen zunehmenden Trend der Standardisierung, da es alle Unternehmen in gleicher Weise trifft.« Vernetzung und Konzentration in der IT-Branche schreiten dadurch weiter voran. Dies habe nicht nur Vorteile, doch dieser Trend scheint nicht mehr zu stoppen zu sein.
Palfinger:
Gerald Reger ist Vice President Process & Quality Management bei Palfinger.
»Wir nutzen bereits Cloudlösungen z. B. in Sales & Service oder Human Resources. Unsere ERP Systeme, u. a. auch SAP S/4HANA, werden hingegen überwiegend On-Premises eingesetzt. Momentan sind wir im Rahmen groß angelegter Prozess-Standardisierungsinitiativen dabei, die Voraussetzungen für weitere Cloud-Lösungen zu schaffen und auf alle relevanten Aspekte bis hin zur Cybersicherheit zu überprüfen«, so Gerald Reger, Vice President Process & Quality Management bei Palfinger. Die Kosten-Nutzen-Rechnung müsse stimmen.
Uniqa:
»Uniqa nutzt die Cloud von Kollaboration über Datenanalyse und Infrastruktur bis hin zur Unterstützung agiler Vorgehensmodelle bereits in vielen Bereichen«, berichtet Gerald Lippert, Head of Group IT. Einer Zukunft, in der Leistungen und Services ausschließlich über die Cloud angeboten werden, sieht er mit gemischten Gefühlen entgegen. »Cloud-Lösungen können zu schnell nutzbaren Ergebnissen führen und auch schnell wieder verworfen werden. Langwierige Entwicklungen werden vermieden, ebenso Fehlinvestitionen.
Gerald Lippert, Head of Group IT bei Uniqa.
Andererseits gibt es in der Versicherungsindustrie beim Thema Cloud international eine Vielzahl von regulatorischen Hürden und es gibt auch eine stärkere Abhängigkeit von den Anbieter*innen. Die Cloud bietet viele Vorteile, diese müssen aber gezielt genutzt werden. »Bei neuen Workloads sehen wir uns immer an, ob Cloudtechnologien einen Vorteil für unsere Kund*innen bringen können, beispielsweise durch ein schnelleres Go-to-Market neuer Funktionen.« Uniqa betreibt S/4HANA On-Premises und sieht derzeit keinen Grund auf Cloud umzustellen. Eine erste Betrachtung der Verlagerung in die Cloud hat bisher kein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis ergeben.
Frutura:
Katrin Hohensinner, CEO von Frutura.
»Viele On-Premises-Bestandskunden beobachten die Entwicklungen hinsichtlich Cloud, aber im Hinblick auf den Aufwand, den eine Transformation mit sich bringt, agieren sie noch zögerlich«, berichtet Katrin Hohensinner, Geschäftsführerin von Frutura, aus ihrem eigenen Unternehmen. »Wir haben erst im Mai 2020 mit SAP gestartet, erkennen eine deutliche Effizienzsteigerung durch das SAP S/4 System.« Ein Wechsel auf die S/4HANA-Cloud sei aber mit nicht zu unterschätzendem Aufwand verbunden und für Frutura derzeit noch kein Thema. Dienstleistungen via Cloud steht das Unternehmen aber positiv gegenüber.
Wiener Wohnen:
Bei Wiener Wohnen ist die Cloud-Tätigkeit insgesamt noch gering. »Wir folgen hier den Strategien der Stadt Wien«, informiert Patrik Ertler, Fachbereichsleiter Digitalisierung und Integrierte Managementsysteme. »Insgesamt ist uns aber bewusst, dass die Cloud auch bei uns Einzug finden wird und wir setzen uns damit schon auseinander.«
Patrik Ertler ist Fachbereichsleiter für Digitalisierung und Integrierte Managementsysteme bei der Wiener Wohnen.
Positiv werden die Möglichkeiten gesehen, die sich durch Cloud-Services auf den Einsatz und Betrieb von Applikationen ergeben. »Einen Vorteil sehe ich darin, dass sich die IT besser auf das Kerngeschäft konzentrieren und klassische Basisarbeit im Bereich Infrastruktur und Betrieb sehr gut auslagern kann.« Cloud-Vorteile wie schnelle und einfache Skalierbarkeit sind für Wiener Wohnen nur bedingt relevant.