Mittwoch, November 20, 2024



Der Fachkräftemangel in Österreich spitzt sich zu. Immer mehr Unternehmen versuchen, geeignete Fachkräfte jenseits der Grenzen des eigenen Bundeslandes oder aus dem Ausland zu rekrutieren. Das sollte langsam Normalität werden. Ein Gastkommentar von Georg Konjovic, CEO des Jobportals karriere.at. 

Die Suche nach qualifizierten Fachkräften wird für immer mehr Firmen in Österreich zu einer wahren Herausforderung. Laut der jüngsten Umfrage des Wirtschaftsprüfers EY haben 83 Prozent der befragten 600 Unter- nehmer*innen Schwierigkeiten, gut ausgebildetes Personal zu finden. Der Fachkräftemangel wird so zu einer zunehmenden Wachstumsbremse in der bevorstehenden Post-Corona-Zeit.

Da werden viele erfinderisch und versuchen, mit diversen Benefits auch Bewerber*innen bzw. Interessent*innen zu locken, die außerhalb ihres Bezirks, Bundeslandes oder sogar im Ausland wohnhaft sind. Die neue Arbeitswelt mit flexiblen Arbeitsmodellen sowie die durch die Coronapandemie wachsenden Homeoffice-Möglichkeiten begünstigen diesen Trend zusätzlich.

In einer Analyse rund ums Thema Homeoffice hat karriere.at festgestellt, dass insbesondere Unternehmen in der IT-Branche sowie in der Beratung und Werbung/Marketing/PR Homeoffice als Benefit anführen. Das ortsunabhängige Arbeiten ist vorwiegend in der IT-Branche bereits gang und gäbe – hier sind Fachkräfte besonders digitalaffin und bevorzugen das Arbeiten in den eigenen vier Wänden. Auch das sogenannte »Nearshoring« – also die Verlagerung betrieblicher Aktivitäten ins benachbarte Ausland – ist bei vielen IT-Firmen Recruiting-Alltag geworden.

Ortswechsel erleichtern

In Österreich werden derzeit neben den IT- auch überdurchschnittlich oft technische Fachkräfte wie Ingenieur*innen sowie Gesundheitspersonal und Handwerker*innen gesucht. Eine der gängigsten Maßnahmen, wie man den dringend notwendigen Fachkräften den Ortswechsel erleichtert, ist die Deckung von Umzugskosten. Manche Unternehmen übernehmen auch eine vorübergehende Finanzierung der ersten Unterkunft am neuen Wohn- und Arbeitsstandort. Wer besonders begehrte Fachkräfte an sich binden möchte, bietet weitere Benefits wie ein Relocation Service, bei dem neue Arbeitnehmer*innen bei der Wohnungssuche oder beim Behördengang unterstützt werden.

Immer populärer werden auch Patensysteme, bei denen sich ein erfahrener Pate um den Neuankömmling im Job kümmert. Diese und weitere Maßnahmen können qualifizierten Fachkräften durchaus die Entscheidung erleichtern, für einen spannenden Job umzuziehen. Und die Bereitschaft dafür ist jedenfalls da: So würde rund die Hälfte der Teilnehmenden einer Appinio-Umfrage aus dem Jahr 2019 für einen Traumjob einen Umzug in Kauf nehmen. In einer Online-Umfrage von karriere.at vom Oktober 2021 haben wir zusätzlich herausgefunden, dass 44 Prozent der 1.500 Befragten bereit sind, für einen Job zehn bis dreißig Kilometer zu pendeln.

Kreativ und mutig sein


Wie es so oft in der Arbeitswelt der Fall ist: Entscheidend ist immer das große Ganze. Unternehmen sollten vermehrt und rechtzeitig in eine gute Arbeitgebermarke und ein entsprechendes Employer Branding investieren – insbesondere, weil sich die angespannte Lage in Bezug auf fehlende Arbeitskräfte in Zukunft weiter zuspitzen wird. Die Mobilität der Fachkräfte muss ein fester Teil der Recruiting-Strategie werden. Dabei können auch Klein- und Mittelbetriebe mithalten, denn flexibles Arbeiten oder ein Patensystem sind oft nicht mit großen Investitionen verbunden. Was zählt, ist vor allem kreativ und mutig zu sein. Denn nur solche Unternehmen werden im Kampf um die besten Köpfe langfristig profitieren.

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