Im Interview mit Report(+)PLUS spricht Franz Ladinser, Präsident der Hotelvereinigung »Schlosshotels & Herrenhäuser«, über den enormen Fachkräftemangel, strategische Fehler der Vergangenheit und den unschlagbaren Wettbewerbsvorteil aller Mitgliedsbetriebe.
(+) plus: Der Fachkräftemangel in der Gastronomie und Hotellerie ist enorm. Die Coronakrise hat für viel Fluktuation in der Branche gesorgt. Dazu kommt, dass die Mitgliedsbetriebe der Hotelvereinigung »Schlosshotels & Herrenhäuser« oft sehr abgelegen liegen. Das ist für viele Mitarbeiter nicht sehr attraktiv. Wie stellen Ihre Mitglieder sicher, dass sie ausreichend und ausreichend qualifiziertes Personal haben?
Franz Ladinser: Das ist das Damoklesschwert und die Geißel der Branche. Die Personalsuche war schon vor Corona ein Riesenthema und wurde durch Corona noch einmal massiv erschwert. Am leichtesten tut sich noch die Stadthotellerie, aber die Ferienhotellerie hat es unabhängig von Land und Region sehr schwer. Viele Kollegen sind deshalb schon richtiggehend zermürbt. Von der Qualität reden wir da oft schon gar nicht mehr, man hofft nur, dass irgendjemand kommt. Bei uns in unserem Haus bemühen wir uns um die Mitarbeiter mindestens genauso sehr wie um die Gäste.
(+) plus: Wie zeigt sich das?
Ladinser: Wir bemühen uns, eine emotionale Bindung der Mitarbeiter zum Haus zu entwickeln, eine echte Identifikation und einen Gruppensinn. Das gelingt uns auch ganz gut und macht es leichter. Es ändert aber nichts daran, dass wir im Sommer viel mehr Personal brauchen als im Winter. Das ist eine echte Herausforderung, die enormen Stress produziert.
Man muss aber auch so ehrlich sein, dass die Hotellerie kein besonders attraktiver Arbeitsplatz ist. Es ist eine saisonale Branche mit Wochenend- und Abenddiensten sowie unregelmäßigen, familienfeindlichen Arbeitszeiten. Wenn die Konjunktur passt, wandern viele in andere Branchen ab. Die Küchenmitarbeiter werden Fleischvertreter und die Kellnerinnen gehen in den Supermarkt. Das gab es aber auch schon in den 70er-Jahren. Meine Mutter war oft verzweifelt, weil sie keine Mitarbeiter gefunden hat.
(+) plus: Neben den Mitarbeitern brauchen Sie natürlich auch Kunden. Wie positionieren sich die Schlosshotels und Herrenhäuser im Wettstreit um die Gäste? Wo sehen Sie die größten Wettbewerbsvorteile?
Ladinser: Die Mitgliedsbetriebe der »Schlosshotels & Herrenhäuser« bieten eine unglaubliche Einzigartigkeit und Individualität. Sie sind keine Stangenware. Und die Marke »Schlosshotels & Herrenhäuser« ist ein Gütesiegel für die Kernkompetenz der Unternehmen. Die Häuser haben Spirit und eine Seele, die es nicht oft gibt. Das haben andere Hotels mitunter auch, aber wir fokussieren darauf, wir bringen es auf den Punkt. Wer Authentizität sucht, ist bei uns richtig. Diesen Wettbewerbsvorteil haben und pflegen wir. Das wird durch die Marke auch ganz gut transportiert.
(+) plus: Dennoch haben Ihre Vorgänger vor knapp zwei Jahren die Umbenennung der Marke »Schlosshotels & Herrenhäuser« in »The castle in an other country« bekannt gegeben. Damit sollten auch neue Gästeschichten angesprochen werden. Von dem neuen Claim ist jetzt nichts mehr zu sehen. War die Neupositionierung ein Fehler?
Ladinser: Das war der eine Schritt zu viel. Ich war damals im Vorstand und ein vehementer Gegner dieser Umbenennung. Aber meine Vorgänger wollten sich nicht davon abbringen lassen. Ihr Ziel war die Internationalisierung, sie haben aber den strategischen Fehler gemacht, den Stammmarkt, den DACH-Raum, damit zu überfordern und sich zu davon zu entfernen. »The castle in an other country« kann meinetwegen ein Werbeslogan sein, aber niemals der Name so einer Vereinigung. Und schon gar nicht von einer Marke, die über 50 Jahre existiert.
Das haben letztlich auch meine Vorgänger eingesehen und wir sind deshalb nach knapp einem Jahr, im Frühjahr 2021, auch wieder zum ursprünglichen Namen und der eigentlichen Marke zurückgekehrt. Was geblieben ist, ist der Claim »Experience Character«. Dieser Zusatz gefällt mir sehr gut. Vielleicht war die Marke und das Logo davor tatsächlich ein wenig verstaubt, das ist jetzt anders. Auch grafisch wird sich noch einiges ändern. Da sind wir gerade in der finalen Umsetzung. Wenngleich der Name eine Fehlentscheidung war, so ist aber die neue Website der Vereinigung ein tolles Resultat der Arbeit des letzten Vorstands.
»Die Mitgliedsbetriebe der »Schlosshotels & Herrenhäuser« bieten eine unglaubliche Einzigartigkeit und Individualität. Sie sind keine Stangenware«, ist Franz Ladinser überzeugt. (Bild: Cornelius Klimt)
(+) plus: Die »Schlosshotels & Herrenhäuser« haben Mitgliedsbetriebe aus vier verschiedenen Ländern. Wie sind die Betriebe bislang durch die Coronakrise gekommen? Gibt es regionale Unterschiede?
Ladinser: Ich habe natürlich nicht die genauen Zahlen der Mitgliedsunternehmen. Aber letztendlich wiegt der Saldo überall gleich schwer. Es hat überall Lockdowns gegeben, mal früher, mal später, mal länger, mal weniger lang. Jedes einzelne Mitglied hat unter diesen Maßnahmen gestöhnt. Deshalb hat der vorige Vorstand im Jahr 2020 auch eine Rate der Jahresmitgliedschaft erlassen, um die Betriebe zu entlasten. Das hat die Situation natürlich nicht wesentlich erleichtert, aber auch wir als Verband wollten ein Zeichen setzen. Zum Glück hatten alle ein tolles Sommergeschäft, das für volle Kassen gesorgt und etwas Luft verschafft hat.
(+) plus: Ist auch bei den Schlosshotels der Sommer die Hauptsaison?
Ladinser: Ja, das würde ich schon sagen. Der Großteil sind Sommerbetriebe, ein paar wenige Winterbetriebe und einige Ganzjahresbetriebe wie etwa die Stadthotels. Wir sind da sehr heterogen.
(+) plus: Befürchten Sie, dass es für das eine oder andere Haus eng werden könnte?
Ladinser: Das hoffe ich nicht. Wobei wir seit Beginn der Coronakrise schon einige Austritte hatten, die der aktuellen Situation geschuldet waren. Bei den aktiven Mitgliedern gehe ich aber davon aus, dass sie gut durch die Krise kommen.
(+) plus: Mit welchen Erwartungen gehen Sie in das Jahr 2022?
Ladinser: Der Winter liefert keine großartigen Zahlen. Ich hoffe, dass der Sommer wieder so gut wird wie im letzten Jahr und dann muss man diese Pandemie einfach einmal soweit in den Griff bekommen, dass ein normaler Alltag und ein normales Wirtschaften möglich ist. Auflagen wie 2G, strenge Regeln in der Sauna oder Maskenpflicht sind zwar allesamt machbar, aber mühsam.
(+) plus: Werden einzelne Maßnahmen im Bereich Sicherheit und Hygiene wie etwa größere Abstände im Essbereich oder mehr Platz in der Sauna über die akute Phase der Pandemie hinaus Bestand haben?
Ladinser: Ein Hotelbetrieb hat immer das Bestreben, ein Höchstmaß an Hygiene zu gewährleisten. Das muss in seiner DNA liegen. Ob Auflagen oder Erwartungen bleiben, ist schwer zu beantworten. Angst wird sicher bleiben, auch die Maske wird nicht mehr aus unserem Alltagsbild verschwinden. Darüber hinaus glaube ich nicht, dass viel übrig bleiben wird. Aber es wird vor allem zu Beginn sicher mehr Leute geben, die eine gut gefüllte Sauna meiden oder nicht unbedingt zu den absoluten Stoßzeiten essen gehen wollen.
(+) plus: Welche Pläne haben Sie als Präsident? Wohin wollen Sie die »Schlosshotels & Herrenhäuser« führen?
Ladinser: Es gibt mehrere zentrale Themen, die wir angehen wollen. Da ist zum einen die Akquisition von neuen Mitgliedern. Aber natürlich ist das angesichts der aktuellen Lage schwierig, weil viele doch zurückhaltend sind. Ein weiteres Ziel ist, die Gemeinschaftsmarke in den einzelnen Häusern spürbarer zu machen. Ziel muss sein, die Marke stärker mitschwingen zu lassen. Ich möchte, dass die letzten Sekunden des Aufenthaltes der Gäste der Gruppe gehören, etwa in Form eines Geschenks der Gruppe.
Wir müssen auch unbedingt wieder eine neue Drucksorte produzieren, das ist ganz zentral. Ich will auch Partnerschaften mit anderen Branchen wie dem Automobilhandel umsetzen. Wenn ein Kunde ein neues Fahrzeug kauft, dann könnte im Handschuhfach unser Katalog liegen. Auch in Pralinenschachteln könnte unsere Karte liegen. Dafür bekommen unsere Partner Übernachtungsgutscheine. Solche strategischen Partnerschaften, um die Marke sichtbarer zu machen, wollen wir forcieren.
Und schließlich geht es mir darum, die Gäste unserer Mitgliedsbetriebe besser zu erreichen. Das gelingt derzeit kaum. Ich würde mir wünschen, dass viermal im Jahr ein Newsletter an alle Gäste geht, in dem es nur um die »Schlosshotels & Herrenhäuser« geht. Da reden wir in Summe von rund 150.000 Kontakten. Das ist schon eine kritische Masse.