Zur Bekämpfung des Klimawandels hat sich die Wiener Politik ambitionierte Ziele gesetzt. 2020 wurde zum Klimaschutzjahr Wien erklärt, ein 50 Maßnahmen umfassendes Klimaschutzpaket geschnürt, folgen wird eine Neuauflage des Klimaschutzprogramms KliP III. Bis 2050 soll Klimaneutralität erreicht sein.
2050 klimaneutral, so lautet die Ansage der Wiener Stadtregierung. Ende Jänner wurde dafür ein sieben Themenfelder umfassendes Klima-Manifest mit 50 Projekten präsentiert, das vom Kampf gegen Hitzeinseln mit mehr Grünflächen und Cooling-Maßnahmen über die Reduktion von CO2 durch Elektromobilität bis hin zu Abfallvermeidung und effizienterer Energiegewinnung reicht. So werden 1,2 Milliarden Euro in den Ausbau erneuerbarer Energien fließen, z.B. durch den Bau neuer PV-Kraftwerke und den Ausbau der Wind-energie. »Wahlwerbung allein ist das sicher nicht«, urteilt Reinhold Christian, Vizepräsident des Umweltdachverbandes. In den letzten Jahren gab es viel internationales Engagement in Klimafragen, u.a. die Paris-Vereinbarung 2015, die Long-term-Strategie 2050 für Europa und zuletzt die Forderung nach Verschärfung der Emissionsziele durch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Wien folgt der internationalen Bewegung Richtung CO2-reduzierter Zukunft. Mitte 2019 wurde bereits die
»Smart City Wien«-Rahmenstrategie beschlossen. Hier einige der Leitziele:
- Reduktion der lokalen Treibhausgasemissionen pro Kopf um 50 % bis 2030 und um 85 % bis 2050 gegenüber 2005
- Reduktion des lokalen Endenergieverbrauchs pro Kopf um 30 % bis 2030 und um 50 % bis 2050 gegenüber 2005
- Reduktion des konsumbasierten Material-Fußabdrucks pro Kopf um 30 % bis 2030 und um 50 % bis 2050.
»In vielen Bereichen ist Wien bereits Klimamusterstadt, in manchen muss es unsere Stadt noch werden«, stellt Umweltstadträtin Ulli Sima fest. Jedes der 50 präsentierten Projekte verfügt über konkrete Zeitpläne, mehr als 90 % befinden sich bereits in der Umsetzungsphase.
Ziele schärfen
»Das aktuelle Klimaschutzpaket ist ein positiver Schritt. Für einen wirklich kräftigen Schritt müssen aber die Ziele geschärft, an den Green Deal der EU und das österreichische Regierungsprogramm angepasst und Maßnahmen entsprechend ergänzt werden«, fordert Reinhold Christian, der auch kontraproduktive Maßnahmen im Paket erkennt, etwa Wasserstoff für den Einsatz im Verkehr: »Für Hochenergieprozesse in der Industrie ist der Einsatz von Wasserstoff sinnvoll, aber nicht für die breite Masse im Verkehr und für Raumwärme.« Der Wirkungsgrad sei wegen hoher Energieverluste durch die Umwandlungen gering, außerdem werde Wasserstoff derzeit noch überwiegend aus fossilen Rohstoffen produziert. Eine große Herausforderung werde der langfristig notwendige Ausstieg aus dem Erdgas sein.
Herausforderung Verkehr
Mit dem Bau der dritten Piste am Flughafen Wien und dem Lobautunnel forciere die Stadt Projekte, die dem Klimaschutz nicht gerade zuträglich seien, kritisiert der Umweltexperte: »Der Ausbau des höchstrangigen Verkehrsnetzes ist nicht zukunftsfähig.« Fallen diese Projekte, werde Budget frei für Maßnahmen, die Signalwirkung haben, so Christian.
»Der Verkehr ist eine zentrale Herausforderung für das Klima«, bestätigt Ulli Sima und nennt Maßnahmen, die sehr wohl Klimaschutz beweisen, wie die geplante Halbierung der CO2-Emissionen pro Kilometer der durchschnittlichen Fahrzeugflotte sowie die Verlagerung des PendlerInnenverkehrs auf öffentliche Verkehrsmittel in Kooperation mit Niederösterreich und dem Burgenland. Zwei Drittel der PendlerInnen kommen täglich mit dem Auto nach Wien, während zwei Drittel der Wienerinnen und Wiener bereits jetzt ihre Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Rad oder zu Fuß zurücklegen. Für die »letzte Meile« baut die Stadt Wien das Netz der WienMobil-Stationen aus: Über die Wien-Mobil-App können Räder, Scooter und E-Taxis gebucht werden, die die NutzerInnen bis zur Haustür bringen.
In den Verkehrsbereich hinein spielt auch die bevorstehende Verschärfung der Bauordnung: Elektrolademöglichkeiten in Garagen werden im Neubau verpflichtend, die Nachrüstung im Bestand durch Änderung von Bundesgesetzen massiv erleichtert. Zum Thema Raumwärme läuft aktuell das Forschungsprojekt »Geo-Tief«. Wien Energie will bis 2030 für die Fernwärme 140 Megawatt Geothermie-Leistung installieren.
Co2-Emissionen pro Kopf
Nach vorläufigen Zahlen wurden in Österreich im Jahr 2019 rund 80,4 Mio. Tonnen Treib-hausgase emittiert. Das bedeutet eine Zunahme von 1,8 % gegenüber 2018. Hauptursache ist der steigende Gas- und Treibstoffverbrauch. Obwohl fossiles Gas für die Raumwärme in Wien dominiert, ist Wien laut eigenen Angaben das Bundesland mit den geringsten CO2-Emissionen pro Kopf.