Freitag, November 29, 2024
Erwartungen an die Politik (Teil 3)
Foto: iStock

Teil 3 der Umfrage.

Es ist also vollbracht: Nach monatelangen Verhandlungen ist Anfang 2020 endlich weißer Rauch aufgestiegen. Sebastian Kurz und Werner Kogler haben trotz aller Differenzen zusammengefunden. Ganz Europa blickt gespannt auf die türkis-grüne Koali-tion. Aber nicht nur das interessierte Ausland, auch die heimische Wirtschaft hat große Erwartungen an Kurz, Kogler & Co. Report(+)PLUS hat sich umgehört, welche Wünsche führende Köpfe der österreichischen Wirtschaft an die neue Regierung haben.

Hier gehts zu TEIL 1 & TEIL 2.

»Fortschritt vorantreiben«

Dorothee Ritz, General Managerin Microsoft Österreich

»Durch die Digitalisierung wandeln sich nicht nur die Anforderungen an uns Bürgerinnen und Bürger, sondern auch generell die Bedingungen am Arbeitsmarkt. Kurz gesagt: Es fehlen uns in Österreich die Fachkräfte. Auf politischer Ebene setze ich meine Hoffnung auf eine digital-affine und innovationsfreudige Bundesregierung, die für die idealen Rahmenbedingungen sorgt und den Fortschritt vorantreibt.

Um Österreich zukunftsfit zu machen, ist die Weiterentwicklung der KI-Strategie und die Verankerung von digitalen Kompetenzen im Bildungsplan begrüßenswert. Umfangreiche Investitionen in Bildung, mit Fokus auch auf die Weiterbildung, würden dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Denn eine erfolgreiche digitale Transformation kann aus meiner Sicht nur realisiert werden, wenn alle an einem Strang ziehen.«


»In Infrastruktur und Wohnen investieren«

Mike Bucher, Geschäftsführer Wienerberger Österreich

 »Die Erreichung der Klimaziele für Österreich wird wesentlich von Investitionen in Infrastruktur und leistbares Wohnen abhängen. Dabei ist der schonende Umgang mit Ressourcen ein zentrales Element der Zukunftsstrategie für Österreich.

Die regionale Versorgung mit erneuerbarer Energie und Baustoffen ist ein Schlüssel für einen positiven Fußabdruck von Gebäuden. Daher fordern wir einen Herkunftsnachweis für Baustoffe und die Verwendung dessen als Basis für die Förderpolitik von Neubauprojekten. Die Sanierung der Bausubstanz in Österreich soll gefördert werden, um die Vernichtung von volkswirtschaftlichen Werten zu verhindern und um Potenziale in der Energieeffizienz zu heben.

Wir fordern aber gleichzeitig auch eine Prüfung hinsichtlich nicht sanierungswürdiger Bausubstanz und den Mut zum Abriss bei einhergehender Förderung des Neubaus an deren Stelle. Weiters fordern wir einen österreichweit einheitlichen Vergleich von Baustoffen und Gebäuden und deren Auswirkungen über den gesamten Lebenszyklus (Cradle-to-cradle).

Und schließlich sollten Investitionen in Produktionsstätten für CO2-neutrale Baustoffe mit innovativer Technologie gefördert werden. Wir fordern daher finanzielle Unterstützung für Forschung & Entwicklung, aber auch für die nötigen Investitionsmaßnahmen, sowie einen stabilen rechtlichen Rahmen, um diese Weltklassetechnologie am Wirtschaftsstandort Österreich ansiedeln zu können.«


»Digitalisierungs- und KI-Projekte fördern«

Patricia Neumann, Generaldirektorin IBM Österreich

 »Wir brauchen ein Umfeld, das Innovation und Investitionen in die Digitalisierung fördert und wir brauchen Menschen, die die Fähigkeiten in den neuen Technologiebereichen wie KI, App-Entwicklung und Datenanalysen mitbringen. Basis dafür ist eine sichere und zuverlässige Infrastruktur, damit die Digitalisierung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wird.

Meine Wünsche: mehr Projekte im Bereich Digitalisierung und künstlicher Intelligenz zu starten, die für die Wirtschaft und die Bevölkerung Mehrwert bringen. Dazu eine Bildungsplattform, um lebenslanges Lernen zu fördern und die Menschen mitzunehmen, damit wir die Spitzenposition des Wirtschaftsstandorts
Österreich für die Zukunft sichern.«


»Kreislaufwirtschaft stärken«

Werner Knausz, Vorstand ARA AG

 

»In der Legislaturperiode 2020 bis 2024 sind die Vorgaben aus dem EU-Kreislaufwirtschaftspaket und der EU-Einweg-Kunststoff-Richtlinie in nationale Gesetze zu gießen und von der ARA gemeinsam mit der Wirtschaft und der privaten und kommunalen Entsorgungswirtschaft umzusetzen.

So muss z.B. bis 2025 die Recyclingmenge an Kunststoffverpackungen von derzeit jährlich 75.000 Tonnen auf 150.000 Tonnen verdoppelt werden. Dafür bedarf es Investitionen von mehr als 200 Millionen Euro in den Ausbau der Sammlung, den Bau modernster Sortieranlagen sowie in Digitalisierung.

Von der Regierung benötigen wir dazu sinnvolle und praktikable Rahmenbedingungen. Falls gewünscht, leisten wir von der ARA gerne unseren Beitrag.«


»Infrastruktur ausbauen«

Wolfgang Hesoun, Generaldirektor Siemens Österreich

 

 »Wir spielen mit unserem Know-how in vielen Technologiebereichen, wie etwa der Digitalisierung, eine weltweit führende Rolle. Damit heimische Unternehmen auch weiterhin international erfolgreich agieren können, würde ich mir mutige und zukunftsgerichtete Reformen wünschen.

Dazu gehören Zukunftsinvestitionen in die Infrastruktur und passende Rahmenbedingungen – wie z.B. leistungsfähige Datenübertragungsnetze. Von der Qualität der Infrastruktur wird es abhängen, ob es uns gelingt, Jobs zu schaffen und zu sichern. Auch die Reform des Außenwirtschaftsgesetzes ist mir in diesem Zusammenhang ein Anliegen. Es gäbe Österreich die Chance, Zukäufe von außereuropäischen Unternehmen notfalls zu verhindern, wenn die Rahmenbedingungen nicht passen.«


»Nachhaltig in die Zukunft«

Hans-Peter Weiss, Geschäftsführer Bundesimmobiliengesellschaft BIG

»Ich wünsche mir, dass in Sachen Nachhaltigkeit ein echter Schritt in Richtung Zukunft gesetzt wird. Das von der Regierung angestrebte Erreichen der Klimaneutralität entspricht auch unseren Zielsetzungen als BIG. Wir haben bereits gezeigt, wie es funktioniert: Gleich mehrere Staats- und Bauherrenpreise beweisen, dass unsere Strategie des nachhaltigen Bauens wirkt und die Zeit für verbindliche gesetzliche Standards reif ist. Inzwischen gehen wir noch einen Schritt weiter und starten mit diesem Jahr eine große Offensive für nachhaltiges Bauen, wobei wir zahlreiche gesetzliche Vorgaben deutlich übertreffen.

Wenn man bedenkt, dass ca. 30 Prozent des Energieverbrauchs auf den Gebäudesektor entfallen, so ist schnell ersichtlich, welches Einsparungspotenzial hier im Sinne des Klimaschutzes noch aktiviert werden kann. Die BIG-Projekte im Schul- und Universitätsbereich stehen stellvertretend für unser großes Ziel, Funktionalität mit Wirtschaftlichkeit, Effizienz und architektonischer Qualität zu vereinen.

Wir beweisen dies in ganz Österreich und fördern den Klimaschutz mit jedem einzelnen errichteten Gebäude. Aus technologischer und wirtschaftlicher Sicht ist bereits vieles machbar – je mehr wir davon umsetzen, umso besser ist es für uns und unsere kommenden Generationen.«


»Rahmenbedingungen sichern«

Frank Dumeier, CEO der WEB Windenergie AG (W.E.B)

»Die Zielsetzungen der neuen Regierung zur Dekarbonisierung sind zugleich mutig und mehr als überfällig. Nun ist rasches Umsetzen erforderlich, damit alle Maßnahmen auch in Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft wirksam werden können.

Die erneuerbaren Energien brauchen so bald wie möglich ein Bundesgesetz, das gesicherte Rahmenbedingungen schafft. Die Länder sind gefordert, neue Zonen für den Ausbau auszuweisen. Wenn die Verfahren im Zuge von Energieprojekten vereinfacht werden, könnten wir die Ziele sogar rechtzeitig erreichen.

Die Sektorkopplung, als wesentlicher Schlüssel zu 100 % Erneuerbaren, braucht klare Regeln, um die überholten Vorgaben der fossilen Energiewirtschaft abzulösen.«


»Lebenszykluskosten statt Investitionskosten«

Ewald Müller, Geschäftsführer Alukönigstahl

»In der Bundesgesetzgebung sollten die Vergabekriterien von öffentlichen Bauaufträgen neu definiert werden. Lebenszykluskosten müssen die längst überholte, ausschließliche Betrachtung der Investitionskosten ablösen.

Bei der Verwendung von Aluminium sprechen wir dann vernünftigerweise nicht mehr von hohen Errichtungskosten, sondern von geringen Gesamtkosten über den gesamten Lebenszeitraum.
Unser Cradle-to-cradle-Ansatz schlägt genau in diese Kerbe. Dieser zielt auf die Herstellung intelligenter Produkte ab, die ohne Wertverlust in beliebig vielen technischen Kreisläufen zirkulieren.«

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