Gabriele Viebach, Geschäftsführerin und Gründerin der Pactas GmbH, über die Herausforderungen, denen sich viele Unternehmen durch neue digitale Geschäftsmodelle und ein verändertes Konsumverhalten stellen müssen.
Report: Wie können sich Unternehmen an neue Geschäftsmodelle, die die zunehmende Digitalisierung hervorbringt, anpassen?
Gabriele Viebach: Grundsätzlich gibt es hier mehrere Möglichkeiten, die im Wesentlichen auf drei Ansätze hinauslaufen: Zunächst bedürfen bestehende Geschäftsmodelle einer Flexibilisierung, um durch die Kombination mit Onlineangeboten bestehen zu können. Dazu ist die Etablierung verbrauchsabhängiger Komponenten wichtig.
Zum Zweiten können und sollten neue Produkte dann gemeinsam mit dem bereits vorhandenen Wissen über den Kunden etabliert werden – so kann Big Data sinnvoll genutzt werden und zusätzliche Umsätze generieren. Oft ist den Unternehmen nicht klar, wie sie das vorhandene,
umfangreiche Wissen über ihre Kunden sinnvoll in Geschäftsmodelle umwandeln können.
Und zum Dritten sollte sukzessive von Einmalkaufangeboten auf Abo-Modelle im physischen und digitalen Güterbereich umgestellt beziehungsweise die bestehenden Modelle dadurch ergänzt werden – allerdings dynamisch und nicht statisch. Abos müssen jederzeit auf individuelle Bedürfnisse zuschneidbar sein, statt wie bisher nur ein On-Off-Modell zu bieten. In allen Varianten müssen diese neuen Geschäftsmodelle auch vertraglich abbildbar und abrechenbar sein. Das bieten wir mit unserer Lösung an, daher sehen wir uns auch als Enabler neuer Geschäftsmodelle, nicht nur als Anbieter einer Subskriptionsmanagement-Lösung.
Report: Einerseits entwickelt sich die Wirtschaft schon lange in Richtung einer stärkeren Individualisierung − nun kommt der neue Trend des Teilens auf. Warum muss man Güter heutzutage nicht mehr besitzen?
Viebach: Durch die digitale Revolution, insbesondere in den letzten sechs Jahren, gibt es eine Vielzahl von Paradigmenwechseln. Das Angebotsspektrum ist heute mehr denn je auf die Bedürfnisse und die Erwartungshaltung des Endkunden zugeschnitten. Die „Old Economy“ hat das Problem der „Legacy“, die „New Economy“ steht vor der Herausforderung der mangelnden Erfahrung und Kundenkenntnis. Früher waren Angebote für alle Nutzer oder Kunden gleich konzipiert und dies war selbstverständlich. Ein mobiles Endgerät bot vor zehn Jahren keinerlei Individualisierungsoptionen. Heute bieten digitale Anbieter durch vielfältige Analyse Software, Tracking Mechanismen und „Profiling“ nicht nur auf Smartphones, sondern sämtlichen mobilen Endgeräten unendlich viele Möglichkeiten zur Individualisierung − und zwar maßgeschneidert, genauso wie es der Anwender wünscht. Daraus entstehen immer wieder und immer schneller disruptive Geschäftsmodelle, wie Streaming. Ein weiterer Faktor ist „Speicher kostet nichts mehr, es zählt möglichst viele Nutzer und Mitglieder eines neuen Trends zu gewinnen“.
Dementsprechend funktionieren die New Economy und deren Geschäftsmodelle nur in Kombination mit dem Wissen um die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Kunden. Hinzu kommt die zunehmende Schaffung von Share-Economy-Geschäftsmodellen, bei denen auf „Pay per Use“ oder konsumbasierten Nutzen umgestellt wird. Die Musikindustrie ist hierfür das beste Beispiel – vom Kauf der CD, über den Download bestimmter Songs bis hin zum Streaming der Musik gibt es vielfältige Modelle, die auf den Endkunden abgestimmt sind. Durch Globalisierung hat sich auch eine massive Bewusstseinsveränderung in der Gesellschaft eingestellt. Heute werden Autos, Fahrräder und vieles andere geteilt – die soziale und gesellschaftliche Bedeutung verschiebt sich.
Report: Wie können Unternehmen einen Schritt in Richtung „Share Economy“ gehen und daraus noch Profit ziehen? Wie können Unternehmen beide Trends unter einen Hut bringen? Wie sieht das in der Praxis aus?
Viebach: Die Profitabilität von verbrauchsabhängigen Abo-Modellen kann dann sichergestellt werden, wenn die Vollkostenrechnung für das Produkt planbar ist. In diesem Zusammenhang ist Lean Management, hauptsächlich im Backoffice ein wesentlicher Bestandteil. Subscriber-Modelle rechnen sich mittel- und langfristig vor allem über die Skalierung. Damit liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Planbarkeit und nahezu gleichbleibenden Kosten bei gleichzeitiger Skalierung der Kunden und Abonnentenumsätze.