Die Teilnahme an einem Strompool kann KMUs zu Preisen verhelfen, die üblicherweise nur Großunternehmen bekommen, sagt Roland Kuras, Geschäftsführer des Wiener Energieberatungsunternehmens Power Solution European Energy.
Von Klaus Fischer
Report: Wie schätzen Sie die Entwicklung der Strompreise in nächster Zeit ein?
Roland Kuras: Seit Anfang 2013 sind die Großhandelspreise für Strom um etwa 30 Prozent gesunken. Sie nähern sich nun den Grenzkosten abgeschriebener Kohlekraftwerke. Diese Anlagen sind die derzeit günstigsten und liefern die Grundlast. Ein weiteres Absinken der Großhandelspreise ist daher kaum zu erwarten, eher eine Seitwärtsbewegung.
Report: Was kann angesichts dessen Klein- und Mittelbetrieben (KMU) die Teilnahme an einem Strompool wie dem von Ihnen betreuten Mittelstands-Strompool der Wirtschaftskammer bringen?
Kuras: Anders als die Großhandelspreise sind die Preise für KMUs bisher eher konstant geblieben. Je nach Preismodell beträgt der Unterschied zu den Großhandelspreisen mittlerweile bis zu 25 Prozent. Unsere Aufgabe als Manager des Mittelstands-Strompools ist, dieses Delta so weit wie möglich zu verringern. Zwar ist es unrealistisch, den Großhandelspreis 1:1 auf den Endkundenpreis umzulegen. Es fallen ja für jeden Kunden Kosten an, etwa Verwaltungskosten und Aufwendungen für die Ausgleichsenergie. Trotzdem kann das Delta fast vollständig abgebaut werden. Hinzu kommt: Ein normaler Gewerbebetrieb hat nicht die Zeit und die Ressourcen, sich mit den Entwicklungen auf dem Energiemarkt auseinanderzusetzen. Wenn er einem Pool beitritt, kümmert sich dessen Management darum, dass er einen guten Energiepreis bekommt.
Report: Welche Rolle spielen die Energiekosten für Gewerbebetriebe?
Kuras: Im Allgemeinen sind andere Kostenfaktoren wie das Personal für KMU erheblich wichtiger als die Energie. Unterschätzen sollte man das Thema allerdings auch nicht: Selbst ein kleines KMU kann sich schnell einmal um die 1.000 Euro an jährlichen Stromkosten ersparen. Das ist eine Größenordnung, über die man nachdenken sollte. Natürlich gibt es erhebliche branchenspezifische Unterschiede. Bei einem Beratungsunternehmen liegen die Stromkosten nicht einmal im Prozentbereich. In anderen Branchen können sie deutlich höher sein, etwa in der Gastronomie und der Hotellerie.
Report: Wie funktioniert der Strompool organisatorisch? Ist der Beitritt unterjährig möglich?
Kuras: Die Beitrittserklärung kann jederzeit erfolgen. Es dauert etwa zwei Monate, um den Kunden in die Beschaffung über den Pool aufzunehmen. Für größere Unternehmen mit einem Bedarf von mehr als 100.000 Kilowattstunden pro Jahr hängt es vom Vertrag mit dem bisherigen Versorger ab, wie rasch eine Aufnahme in den Pool erfolgen kann. Beispielsweise kann es beispielsweise gewisse Mindest-Vertragslaufzeiten geben.
Report: Wie lange ist die Bindungsfrist, wenn jemand dem Pool beitritt?
Kuras: Etwa anderthalb Jahre ab dem Beitritt bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres. Die Teilnahme verlägert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn der Kunde nicht sechs Monate vor dem Ende des Kalenderjahres kündigt.
Report: Da zumindest Kunden mit kleinerem Strombedarf dem Pool jederzeit beitreten können, handelt es sich um einen „offenen“ Strompool. Für den Energieversorger, den Sie per Ausschreibung ermitteln, heißt das, er hat ein Mengen- und damit auch ein Kostenrisiko.
Kuras: Das Mengenrisiko können wir im Pool abfedern. Hinsichtlich der Kosten führen wir im Herbst jedes Jahres eine sehr genaue Kalkulation für das Folgejahr durch. Im Lauf des Novembers stehen die endgültigen Preise für den Kunden fest. Ein Austritt aus dem Pool ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. Wir wissen natürlich schon im Vorfeld der Endkalkulation, in welchem Korridor sich der Preis bewegen wird. Die Beschaffung der benötigten Strommengen erfolgt rollierend und beginnt etwa 18 bis 24 Monate vor der jeweiligen physischen Lieferung. Wenn es gewünscht wird, geben wir auch Richtpreise bekannt.
Report: Betreuen Sie auch Stromkunden unabhängig vom Mittelstands-Strompool?
Kuras: Ja. Dabei handelt es sich aber ausschließlich um Großkunden ab etwa 30 bis 40 Gigawattstunden pro Jahr. Für diese entwickeln wir Einzellösungen, weil es ja um sehr große Strommengen geht. Das klassische KMU nehmen wir automatisch in den Pool auf.
Report: Für KMU bieten Sie auch das Produkt „7Strom“ an. Wie verhält es sich damit in Bezug auf den Strompool?
Kuras: 7Strom ist ein reines Online-Produkt. Es richtet sich an Kunden, die online ihren Versorger suchen und den Vertrag via Internet abschließen. Das erfolgt über eine Online-Plattform, die wir mit Unterstützung des ZIT Wien entwickelten. Die Konditionen, die ein 7Strom-Kunde bekommt, sind dieselben wie für „normale“ Strompool-Kunden.