Sonntag, Dezember 22, 2024

Die Nationalratsabgeordnete Christiane Brunner, Umwelt- und Energiesprecherin der Grünen und Obfrau des parlamentarischen Umweltausschusses, über den Wandel in der E-Wirtschaft.

Der Klimawandel ist die größte Herausforderungen unserer Zeit. Seine Ursachen sind vielfältig und die Lösungen komplex. Unbestritten führt die Verbrennung von fossilen Rohstoffen zu Umweltveränderungen auf dem gesamten Planeten. In Österreich sind die Veränderungen schon jetzt deutlich erkennbar. Unsere Alpengletscher schrumpfen, der Neusiedler See droht auszutrocknen, unsere Landwirte müssen mehr Hochwasser, Dürre, Hagel und Stürme ertragen, Tier- und Pflanzenarten verschwinden. Als Abgeordnete zum Nationalrat werde ich immer wieder gefragt, was ein kleines Land wie Österreich für den globalen Klimaschutz tun kann. Ich bin überzeugt: Das ist mehr, als uns oft eingeredet wird! Wir sind nicht hilflos, sondern können als hochindustrialisiertes Land ein Vorbild für andere Länder werden.

100 Prozent Ökoenergie in 15-25-35 Jahren

Wir Grünen haben uns zum Ziel gesetzt, in 15 Jahren die Stromerzeugung, in 25 Jahren die Wärme- und Kältebereitstellung und in 35 Jahren das Verkehrssystem auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen. Ich erwarte mir eine ehrlichere Diskussion über die Kosten unserer Energieversorgung. Die Kosten für den Klimawandel, Atom­unfälle, Gesundheits- und Umweltschäden sind im Energiepreis nicht enthalten. Die Frage für mich ist nicht: Was kostet die Energiewende? Sondern: Was kostet das fossil-atomare Energiesystem? Die Ausgaben für Energieimporte sind seit 2009 von 9,9 auf 17,3 Milliarden Euro gestiegen. Das sind fast 900 Euro zusätzlich pro Person im Jahr. Dieses Geld ist weg, anstatt regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken. Unsere globale Verantwortung ist auch eine Chance, unseren Lebensstandard zu erhalten. Viele vom Klimawandel betroffene Länder beobachten erwartungsvoll, wie umweltverträgliches Wirtschaften und Wohlstand vereinbar sind.


Die Bundesregierungen der letzten Jahre haben zu lange gewartet und zu wenig getan. Ich finde, das ist nicht nur eine vertane Chance für Österreich,­ sondern auch international beschämend. Handlungsfähigkeit hat die Regierung nur einmal bewiesen, unter Druck und mit Zustimmung der Grünen. Nach zähen Verhandlungen wurde mit einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat das Ökostromgesetz 2012 beschlossen. Wir konnten viele Forderungen durchsetzen und die langen Warteschlangen abbauen. Der Ökostromausbau hat nach jahrelangem Stillstand endlich wieder Schwung bekommen. 2012 wurden 296 MW Windkraft und 176 MW Photovoltaik installiert. Das sind ein Viertel bzw. die Hälfte der gesamten Leistung. Es geht aber nicht nur darum, immer mehr erneuerbaren Strom, Wärme und Verkehr zu erzeugen, sondern unseren Energiebedarf auf ein verträgliches Maß zu reduzieren. Eine der ersten Aufgabe wird sein, Energieeffizienzgesetze zu erlassen, mit dem Ziel, den absoluten Energieverbrauch tatsächlich zu reduzieren.

Energiewende als Demokratisierungsprojekt

Bei der Energiewende geht es mir auch um einen Systemwandel – von zentral zu dezentral, von Konzernen zu BürgerInnenbeteiligung. Gemeinsam mit den Menschen und den Unternehmen muss die Politik jetzt entscheidende Weichen stellen, um eine Vollversorgung mit Ökostrom zu ermöglichen. Wir Grünen wollen in der nächsten Bundesregierung Masterpläne für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Energieinfrastruktur erarbeiten, gemeinsam mit BürgerInnen, Unternehmen und unabhängigen ExpertInnen. Wir Grünen lassen nicht zu, dass Energiewende, Naturschutz und Anrainerinteressen gegeneinander ausgespielt werden. Eine technische Weichenstellung ist die Entwicklung einer intelligenten Strominfrastruktur, mit Speichern für Ökostrom, Netzen und mehr Forschung in diesen Bereichen.

Für mich ist die Grüne Energiewende das spannendste Projekt dieses Jahrhunderts, weil es Probleme löst und Chancen eröffnet. Viele VerantwortungsträgerInnen verwenden zwar gerne das Wort Energiewende, ziehen in den politischen Entscheidungen aber nicht die notwendigen Konsequenzen. Natürlich ist die Umsetzung eine Herausforderung – aber ich bin überzeugt, dass wir das schaffen können.

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