Montag, Dezember 23, 2024
Eine »unheilvolle« Allianz: Zum Haftungsrisiko aus der Übernahme öffentlich-rechtlicher Prüfpflichten

Bautechnische und baurechtliche Vorschriften, zumeist solche auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, sehen in verschiedenen Belangen besondere Prüfpflichten vor oder verlangen eine Bestätigung der Ausführung durch befugte Fachleute. Nicht immer werden diese Aufgaben in der Praxis ernst genommen – das kann weitreichende Haftungsfolgen haben!

Das öffentliche Baurecht ist in erster Linie eine Rechtsmaterie für Planer, Bautechniker und Ausführende. Juristen treten in vielen Fällen nur in Form der Referenten aufseiten der Behörde in Erscheinung oder dann, wenn es um die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geht und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts angerufen werden. Das hängt mit der besonderen Qualität dieser Vorschriften zusammen. Mithilfe der öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften möchte der Gesetzgeber für eine den Erfordernissen der Raumplanung, des Ortsbildschutzes und der technischen Sicherheit der errichteten Objekte entsprechende Planung und Ausführung sorgen.

Wer Österreich kennt, der weiß, dass die Herangehensweise zur Verwirklichung dieses Ziels in den neun Bundesländern recht unterschiedlich ist. Eines haben die Vorschriften jedoch gemeinsam: Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte handelt es sich um Schutzgesetze zugunsten der Allgemeinheit, die Gefahren aus der Errichtung und Nutzung von Gebäuden verhindern, und mit denen Sach- und Personenschäden hintangehalten werden sollen.

Prüf- und Überwachungspflichten des öffentlichen Rechts

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich alle Bundesländer dazu entschieden, die Verantwortung für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften auf Private zu übertragen. Was vormals im Zuge der Kollaudierung von Behördenseite geprüft und bestätigt wurde, ist nunmehr die Aufgabe des Bauführers oder einer anderen mit der Überprüfung beauftragten Fachperson. Was vielen immer noch nicht bewusst ist: Die vom öffentlichen Recht auferlegten Prüf- und Überwachungspflichten bergen ein enormes Haftungspotenzial. Sie sollten, wie eine jüngste Entscheidung des OGH zeigt (Entscheidung vom 29.08.2019, 6 Ob 39/19g), keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden.

Der Sachverhalt der Entscheidung ist schnell erzählt. Ein Ofensetzer, der selbst nicht über die erforderliche Befugnis verfügte, arbeitete mit einem Hafnermeister zusammen (dieser hatte die Befugnis). Der Ofensetzer führte aus, der Hafnermeister stellte den nach § 29 Abs 1 sbg BauTG erforderlichen Endbefund aus. In den meisten Fällen tat er dies, ohne dass er die Arbeiten überprüft hatte. Als Folge dieser »unheilvollen« Allianz brannte im Sommer 2013 eine Almhütte ab. Beide hafteten für den Schaden (ca. EUR 150.000,00) gegenüber dem Eigentümer solidarisch – der Hafnermeister, weil er die Arbeiten nicht überprüft und er daher nicht erkannt hatte, dass der Abstand zwischen Poterie und Holz nur 5 cm statt 15 cm betrug.

Lehren aus der Entscheidung OGH 6 Ob 39/19g für die Praxis?

Die vorliegende Entscheidung stellt sicherlich einen Extremfall dar. Dennoch führt sie das Haftungsrisiko, das mit der Übernahme einschlägiger Prüfpflichten verbunden ist, deutlich vor Augen. Besonders tückisch: Der Umfang der Prüfpflichten ist im Gesetz in den meisten Fällen nicht näher umschrieben. Dem Haftungsrisiko begegnet man am besten mit einer genauen Kenntnis der einschlägigen technischen Grundlagen und einer soliden Vereinbarung mit Bauherrn / Auftraggeber, in der die Überwachungstätigkeit je nach den Anforderungen des Vorhabens geregelt ist.

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