Wilhelm Petersmann, Vice President, Managing Director Austria & Switzerland bei Fujitsu, im Gespräch über Technologie und Datenanalysen.
Report: In welcher Situation sehen Sie Unternehmen heute in Bezug auf Speicherung und Analysemöglichkeiten von Daten? Mit welchen Herausforderungen sind die IT-Abteilungen konfrontiert?
Wilhelm Petersmann: Big Data ist für Unternehmen eine großartige Chance. Denn Daten werden zu einer strategischen Ressource, deren intelligente Nutzung einen hohen Wert und einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Die Konzeption der passenden Infrastruktur, die einerseits kostengünstig, andererseits aber auch performant und skalierbar sein soll, ist eine Grundvoraussetzung. Eine weitere ist, dass Unternehmen einen pragmatischen Ansatz benötigen, um aus – zumindest teilweise – unstrukturierten Daten aus verschiedensten Quellen auch tatsächlich hilfreiche Informationen zu generieren.
Hinzu kommt, dass der klare Trend hin zu Hybrid IT geht, also der Kombination von verschiedenen Cloud Services einerseits und dem Betrieb von IT-Infrastrukturen im eigenen Unternehmen andererseits. Auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen ist diese Entwicklung massiv feststellbar. Die Orchestrierung dieser verschiedenen Systeme und das Management der Daten aus diesen unterschiedlichen Quellen stellt die IT-Abteilungen insbesondere von kleineren Betrieben vor große Herausforderungen, da hier im Unterschied zu großen Unternehmen häufig Experten fehlen. Daher setzen viele Mittelständler bei solchen Themen auf die Zusammenarbeit mit einem lokalen Partner, der die Anforderungen des jeweiligen Unternehmens genau kennt und hier unterstützt.
Report: Wie groß ist die Spanne zwischen den Möglichkeiten, Daten zu aggregieren und den Ergebnissen, daraus Sinnvolles fürs Unternehmen oder Kunden zu kreieren? Welche Branchen oder beispielhafte Unternehmen in Österreich schaffen dies bereits – und wo sehen Sie auch Aufholbedarf?
Petersmann: Viele österreichische Unternehmen weisen noch einen geringen Digitalisierungsgrad auf. Das liegt einerseits an den Unternehmen selbst, denn oft mangelt es ihnen an einer klaren Digitalstrategie. Eine weitere Herausforderung liegt auf technischer Seite: Bestehende Infrastrukturen sollen effektiv in den Digitalisierungsprozess eingebunden werden, was die nahtlose Verbindung neuer Technologien mit vorhandenen Lösungen voraussetzt. Insgesamt haben meines Erachtens die meisten Verantwortlichen mittlerweile jedoch die existenzielle Bedeutung der Digitalisierung für ihre Unternehmen erkannt – aber das Tempo, mit dem sie angegangen wird, variiert doch erheblich.
Diese Kluft verläuft hierzulande meines Erachtens nicht zwischen einzelnen Branchen oder zwischen kleineren Betrieben einerseits und größeren Unternehmen andererseits. Es gibt quer über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg Vorreiter und Nachzügler. Auch viele Mittelständler sind hier gut aufgestellt. Digitalisierung erfolgt in der Regel nicht mit einem schlagzeilenträchtigen großen Knall, sondern unspektakulär Schritt für Schritt. Denn die vielzitierte digitale Revolution ist in der Praxis meist eine Aneinanderreihung von pragmatischen kleinen Schritten, die von der Öffentlichkeit unbemerkt bleiben.
Auf Anhieb fällt mir als Positivbeispiel ein Anbieter von Prepaid-Zahlungslösungen ein, der mittels konsequenter Datenauswertung nahezu in Echtzeit Betrugsversuche im Zusammenhang mit Zahlungen erkennt, um dadurch Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
Report: Gibt es Projekte mit Kunden international von Fujitsu, in denen besonders gut Storage-Lösungen oder Big-Data-Projekte die Hebelwirkung von IT fürs Business veranschaulichen? Was wurde umgesetzt? Was wurde dadurch erreicht?
Petersmann: Beispiele, wie unsere Kunden Mehrwerte aus modernen Storage-Infrastrukturen, etwa komplett auf Basis von Flash-Speichern, ziehen, gibt es viele. Ich möchte hier jedoch ein Paradebeispiel erwähnen, wie ein Unternehmen ganz praktischen Mehrwert aus der Digitalisierung, dem Generieren und Auswerten von Daten sowie neuen Technologien wie Künstliche Intelligenz zieht – und wie andere Kunden von solchen Erfahrungen profitieren können: Der Windkraftanlagenbauer Siemens Gamesa überprüft mittels künstlicher Intelligenz Bilddaten von Rotorblättern, um Materialfehler zu erkennen. Die Glasfaser-Turbinenblätter werden durch spezielle optische Scans schadenfrei auf mögliche Fehler gescannt und die darauf programmierte KI untersucht die Aufnahmen der Blätter und schafft es, selbst kleine Haarrisse zu erkennen, die langfristig zum Komplettausfall der Windanlage führen könnten.
Materialprüfung ist ein Thema, das in unzähligen Varianten bei produzierenden Unternehmen anfällt. Wir haben diese Lösung daher nun so gestaltet, dass sie vorprogrammiert ist und über eine einfache Benutzeroberfläche verfügt. Auch kleinere Unternehmen bekommen somit ohne aufwendige Programmierung eine automatische optische Qualitätssicherung, die alle möglichen Arten von Bildern auswerten kann – seien es Fotos, Ultraschallbilder oder Röntgenaufnahmen. Künstliche Intelligenz wird so nicht nur für große Unternehmen nutzbar, sondern auch für Mittelständler. Natürlich stecken hinter solchen Verbesserungen der Geschäftsprozesse auch Server- und Speicherlösungen oder Cloud Services. Aber der Ansatz geht immer mehr weg von der reinen Hardware hin dazu, wie man die Geschäftsprozesse besser unterstützen oder mithilfe von Technologie gänzlich neu gestalten kann.
Report: Was bietet Fujitsu prinzipiell in dem Bereich Storage und Big-Data? Womit wollen Sie sich von anderen Herstellern unterscheiden?
Petersmann: Kunden haben bei Fujitsu die Wahl aus einem kompletten Portfolio an Produkten, Lösungen und Services und können somit genau die Angebote aus einer Hand kombinieren, die sie für ihre jeweiligen Anforderungen benötigen. Bei Speicherlösungen verfügen wir beispielsweise über ein Komplettangebot, das Management-Software, Hardware-Appliances sowie Services umfasst und Kunden ermöglicht, ihre Daten professionell zu verwalten und zu sichern. Unternehmen profitieren von performanten Storage-Architekturen für das einfache, kostengünstige und flexible Management ihrer wachsenden Datenbestände.
Zudem setzt Fujitsu stark auf den Channel. Denn dieser kennt die individuellen Anforderungen einzelner Betriebe, hat lokale Ansprechpartner für die Kunden und bietet – unterstützt von Fujitsu – Service und Support vor Ort. Elementar ist es für uns, dass neue Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Big Data und damit verbunden Advanced Analytics nicht nur für große Unternehmen einsetzbar sind. Viele Mittelständler sind zwar hochgradig innovativ, aber ihre Ressourcen sind nun mal limitiert.
Report: Welcher aktuelle Trend hat aus Ihrer Sicht das größte Potenzial, die IT-Branche in den kommenden Jahren nachhaltig zu beeinflussen und warum?
Petersmann: Die digitale Transformation wird nicht nur die IT-Branche, sondern die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig verändern. Der größte Fehler, der bei der ganzen Debatte über die mehr oder weniger neuen Technologien gemacht wird, ist, diese jeweils isoliert zu betrachten. Advanced Analytics, Künstliche Intelligenz, Cloud, Hybrid IT, Blockchain sind jeweils für sich alleine betrachtet sicher interessant. Doch die ganze Wucht der Veränderung entfalten sie erst zusammen. Künstliche Intelligenz ist beispielsweise etwas, das uns hilft, auch bereits existierende Technologien ganz anders zu nutzen. Beim Erkennen dieser Potenziale stehen die meisten noch ganz am Anfang.
Damit komme ich zu einem zweiten Aspekt, der oft unterschätzt wird: Die größte Hürde ist für Unternehmen in der Regel nicht die technische Implementierung neuer Lösungen. Das geht mittels Cloud oft einfacher als gedacht. Der Knackpunkt ist, überhaupt herauszufinden, was damit generell möglich ist und wo und wofür sie es am besten einsetzen, um ihre Geschäftsprozesse zu optimieren. Genau das ist der Punkt, bei dem man alleine häufig scheitert. Und wenn man nicht scheitert, kann man zumindest nicht das herausholen, was möglich wäre. Daher setzen wir bei Fujitsu auf »co-creation« – einen Ansatz, bei dem wir gemeinsam mit dem Kunden, aber auch Partnern erarbeiten, wo und wie man mit dem geringsten Aufwand den maximalen Nutzen aus den neuen technologischen Möglichkeiten erzielen kann.
Zur Person: Wilhelm Petersmann hat seit 2016 die Geschäftsführung in Österreich inne, seit 2012 ist er bereits Managing Director der Fujitsu Technology Solutions AG Schweiz und Vice President bei Fujitsu. Vor seinem Wechsel zu Fujitsu war Petersmann fünf Jahre als Geschäftsführer beim Business Intelligence-Spezialisten SAS tätig.