Viel wird aktuell über die Überarbeitung der OIB Richtlinie 2 diskutiert. Während die Holzbauer über eine Gleichstellung der Bauweisen jubeln, fühlen sich die Massivbauer schwer benachteiligt und orten durch die Herabsetzung des Brandschutzniveaus eine einseitige Bevorzugung des Baustoffes Holz. Der Bau & Immobilien Report hat Reinhold Lindner, Sprecher BAU!MASSIV!, und Stefan Vötter, Geschäftsführer BAU.GENIAL, zum verbalen Schlagabtausch gebeten.
Pro: Brandschutzanforderungen mit Holz umsetzbar
"Die laufende Normenarbeit zielt klar und deutlich darauf ab, den Sicherheitsstandard von Gebäuden unter Einbeziehung der neuesten technischen Entwicklungen ständig zu optimieren – und zwar unabhängig von der Bauweise. Früher wurde Holz in dieser Beziehung benachteiligt, musste höhere Auflagen erfüllen als massive Baustoffe. Mit der Überarbeitung der OIB-Richtlinien ist eine Gleichstellung der Bauweisen hergestellt worden. Die Experten des OIB haben ihren neuen Richtlinien eine Reihe von Brandversuchen und Forschungsprojekten vorausgeschickt. Alle diese Studien haben nachgewiesen, dass sich die Brandschutzanforderungen der unterschiedlichen Klassen von REI 30 bis REI 90 mit Holz sicher umsetzen lassen.
Tatsache ist: Es geht weder um eine Bevorzugung des Baustoffes Holz noch um eine Senkung der Sicherheitsstandards. Das will niemand. Worum es geht, ist die Gleichstellung des Baustoffes Holz mit mineralischen Baustoffen – und die ist absolut gerechtfertigt.
Ich bin selbst aktiver Feuerwehrmann einer Freiwilligen Feuerwehr und kann aus der Praxis bestätigen, dass die oberste Gefahrenquelle für Bewohner die mobile Brandlast ist. Zuerst brennen die Inneneinrichtung und dekorative Gegenstände. Dabei entstehen Rauchgase, und die sind die größte Gefahr für Leib und Leben – lange bevor die Brandlast des Gebäudes zum Tragen kommt. Das bedeutet, dass einfache Hilfsmittel wie Brandmelder den Schutz der Menschen deutlich erhöhen können.
Wenn wir in Österreich über Brandschutz sprechen, dann bewegen wir uns dabei auf in Europa überdurchschnittlich hohem Niveau – und das ist gut so. Daran müssen wir festhalten und die Brandschutzqualität durch zielführende Maßnahmen immer weiter verbessern."
Stefan Vötter, Geschäftsführer BAU.GENIAL
Contra: Tragweite der Entscheidung nicht bewusst
"Grundsätzlich ist anzumerken, dass der Schutz des menschlichen Lebens oberstes Gebot im Bereich des Brandschutzes darstellt. In diesem Zusammenhang hat der Massivbau generell gegenüber dem Holzbau den großen Vorteil, dass er nicht brennbar ist. Die Herabsetzung des Brandschutzniveaus im Zuge der Überarbeitung der OIB Richtlinie 2 führt in diesem Zusammenhang beim Holzbau dazu, dass die Herabsetzung der Sicherheitsniveaus durch zusätzliche haustechnische Einbauten wie teure Brandmeldeanlagen kompensiert werden muss. Ob dies im Sinne der ursprünglich als oberstes Ziel angedachten Vereinfachung und Kostenreduktion ist, bleibt jedem selbst überlassen, zu beurteilen.
Gerade im städtischen Bereich geht es beim Brandschutz aber nicht nur um Personenschutz, sondern auch um Objektschutz. Sowohl die Ausbreitung der Flammen als auch ein Brandüberschlag auf andere Gebäude erfolgt bei Holzbauten deutlich rascher als im Massivbau und ist für die Einsatzkräfte oft nicht beherrschbar. Bei Massivbauten bleibt bei einem Brand fast in allen Fällen zumindest die Tragstruktur erhalten, die Brandausbreitung kann leichter begrenzt werde, und die Personen und das Eigentum von Nachbarwohnungen können so leichter geschützt werden.
Was auf den ersten Blick als Vereinfachung erscheint, entpuppt sich beim zweiten Hinschauen als gelungene Lobbyingmaßnahme der Holzbauer, deren Konsequenzen die involvierten Entscheidungsträger vielleicht in ihrer ganzen Tragweite noch gar nicht bedacht haben."
Reinhold Lindner, Sprecher BAU!MASSIV!