Samstag, Dezember 21, 2024

Friedrich Hiermayer, Sprecher der Geschäftsführung bei BEKO Engineering & Informatik, diskutiert die Herausforderungen des Technologiewandels in der Wirtschaft für Arbeitnehmer, Firmen und unsere Gesellschaft.

Report: Wie sieht der Trend zum »Internet of Things« aus? Was ist die wesentlichste Herausforderung dazu?

Friedrich Hiermayer: Das Internet der Dinge ist technisch möglich und auch in vielen Pilotprojekten stückweise umgesetzt. Im Produktionseinsatz im Alltag der Industrie ist es gesamtheitlich aber noch nicht vorhanden. Wir sehen überall, wo wir mit Dienstleistungen und Technologieberatung tätig sind, eine wesentliche Hürde für Technologieprojekte: das Thema Arbeitsplatz.

Report: Warum ist das eine Hürde?

Hiermayer: Bei IoT-Umsetzungen werden in der Regel manuelle Tätigkeiten durch IT-Lösungen und Maschinen ersetzt. Unternehmen müssen diesen Mitarbeiter dann für andere Tätigkeiten einsetzen. Das setzt aber voraus, dass der Mitarbeiter den anderen in der Regel höherwertigen Job auch haben möchte und sich entsprechende Kenntnisse dazu aneignet. Ich rede hier nicht von einem S7-Kurs oder Ähnlichem, sondern von einer grundsätzlichen Ausbildung, die eigentlich schon Jahre davor beginnen sollte.

Der Begriff Industrie 4.0 ist weitgehend bekannt: Unternehmen nützen verstärkt das Zusammenwachsen von Informations- und Kommunikationstechnologien mit klassischen Produktions- und Logistikprozessen, um ihre Leistungen auf ein neuartiges Automatisierungsniveau zu heben. Nun geht es auch um die Gesellschaft und Arbeitswelt 4.0, die von IT durchdrungen sind und sich gravierend umstellen müssen. Unternehmen haben ja kein Interesse daran, alle ihre Hilfsarbeiter zu kündigen. Die Herausforderung ist aber, sie von repetitiven Arbeiten abzuziehen, die künftig von Maschinen durchgeführt werden, und stattdessen zur Kontrolle des Fertigungsprozesses einzusetzen.

Report: Welche Skills und welches Verständnis von Prozessen und Technik sind dazu erforderlich?

Hiermayer: Wir spüren diesen Wandel auch im eigenen Unternehmen. Einen »Gartentürl-Konstrukteur«, wie ich es nenne, braucht heutzutage niemand mehr. Wir brauchen Designer, die die Fertigungsprozesse von Türrahmen in Automaten kennen – Fachleute für das Engineering der Betriebsmittel wie etwa eines Schweißautomaten. Dass dort am Ende des Tages ein Gartentürl herauskommt, ist nebensächlich. Eine technische Zeichnung zu erstellen, wie man es seit Jahrzehnten getan hat, ist heute nicht mehr gefragt. Hier gibt es starke Verschiebungen in der Arbeitswelt. Es gibt leider auch keine Bereitschaft von der Politik und des Gesetzgebers für eine Flexibilisierung der Arbeitswelt – auch hinsichtlich Arbeitszeiten und Ausbildung. Solange sich hier nichts ändert, wird IoT in Österreich stecken bleiben.

Report: Es wird sich aber kaum ausgehen, dass jeder eingesparte Mitarbeiter zur Kontrolle der Maschinen benötigt wird.

Hiermayer: Nein, aber ich glaube auch nicht, dass Arbeitsplätze vernichtet werden. Aber ja, es wird eine starke Verlagerung in Richtung Technologie geben, in der Wissen und Ausbildung nötig sein werden. Im privaten Bereich funktioniert das ja: Auch ein Hilfsarbeiter hat vielleicht ein Tablet zu Hause, surft damit im Internet und erledigt allerlei damit. Am Arbeitsplatz hat der diese Mittel nicht – dort müsste er sich umstellen. Nur Anweisung um Anweisung durchzuführen, um dann wieder auf den nächsten Befehl zu warten – das wird aufhören. Da sind wir wieder bei der Gesellschaft 4.0: Die Gesellschaft muss sich dieser Veränderung öffnen, muss dazu bereit sein. Das ist keine leichte Sache, wie wir wissen. Das hat es früher aber auch schon gegeben. Das Problem der Verlagerung der Arbeitstätigkeiten gab es auch zu Zeiten von Henry Ford.

Report: Wie lange, glauben Sie, werden diese Veränderungen jetzt benötigen?

Hiermayer: Das wird fünf bis zehn Jahre dauern. Wenn es länger dauern sollte, werden wir aus wirtschaftlicher Sicht zu einem Entwicklungsland. Und das will ja niemand. Da bin ich schon positiv: Irgendwann wird jeder von uns den Schalter umlegen und sich verändern können.

Report: Welche Technologieprojekte stehen aus Ihrer Sicht für den Wandel in der Industrie? Haben Sie ein Beispiel?

Hiermayer: Wir haben Projekte bei Kunden, wo Parameter in Produktionsprozessen – Drücke, Temperaturen, Dichten – ständig analysiert werden, um den laufenden Betrieb zu optimieren. Auch sind Ursprungszeugnisse von Endprodukten ein wachsendes Thema: Darin dokumentiert sind beispielsweise die Chargennummern der eingebrachten Grundwerkstoffe, die einzelnen Produktionsprozesse und alle wichtigen Parameter. Wir unterstützen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen – Rohstoff- und Fahrzeugindustrie, aber auch bei der Produktion von Schwerkomponenten für die Energieerzeugung – in der Umsetzung dieser automatisierten Erstellung. Denn: Bei Bauteilen in einer Turbine, die gegossen und geschmiedet sind, muss der Herstellungsprozess hundertprozentig in allen Details nachweisbar sein.

Zur Firma

BEKO ist ein Anbieter technischer Dienstleistungen für Unternehmen und Organisationen. Auf Basis eines integrierten Geschäftsmodells aus Engineering und Informatik werden system- und branchenübergreifende Lösungen entwickelt. Gegründet 1966, firmiert das Unternehmen seit 2015 als BEKO Engineering & Informatik GmbH & Co KG. Rund 700 Beschäftigte arbeiten an den Standorten Graz, Klagenfurt, Linz, Salzburg und Wien.

Info: www.beko.at

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