Mit den riesigen Windrädern kamen die Beschwerden: Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Übelkeit, Gedächtnisstörungen und Schlaflosigkeit. Wer von den Symptomen der als »Windradsyndrom« bekanntgewordenen Krankheit betroffen ist, steht der erneuerbaren Energiegewinnung durch Windenergie verständlicherweise nicht mehr ganz so positiv gegenüber. Denn mit dem massiven globalen Ausbau der Windkraft geht nicht nur die ebenfalls des Öfteren beklagte Verschandelung ganzer Landstriche einher, sondern auch die gesundheitliche Gefährdung jener unglücklichen Menschen, die im Schatten der riesigen Windräder wohnen müssen – angeblich.
Schon 2009 prägte die US-amerikanische Kinderärztin Nina Pierpoint den Begriff vom »Wind Turbine Syndrome« (WTS), das sie für die Häufung diverser Symptome bei Menschen, die nahe großer Windparks leben, gefunden hatte. Verantwortlich für die Leiden der Menschen sei der Infraschall, also eine kaum hörbare, aber dafür allgegenwärtige, von den Windrädern hervorgerufene Schallbelastung, der die Betroffenen monate- und jahrelang ausgesetzt seien. Und tatsächlich: Nach der Veröffentlichung des Buches meldeten sich mehr und mehr Betroffene auf der ganzen Welt zu Wort, die im Schatten der Windräder von denselben Krankheitssymptomen betroffen waren. Zahllose Bürgerinitiativen und Protestgruppen wurden seitdem gegründet, die auf die »unsichtbare Gefahr« aufmerksam machen wollen. Verursacht die Energiewende gar eine noch unerkannte Epidemie?
Erforschte Ursache
Um diese Frage zu klären, wurden in Neuseeland an der Universität von Auckland nun Studien durchgeführt – und das Ergebnis wird den Windradbekämpfern nicht unbedingt gefallen. Die Forscher kamen nämlich nicht nur zum Schluss, dass der Infraschall selbst, wie zuvor wissenschaftliche Lehrmeinung, offenbar harmlos sei, sondern gelangten auch zu der überraschenden Erkenntnis, dass etwas ganz anderes die Symptome hervorgerufen habe: Jene Probanden, die vor dem Versuch über das »Wind Turbine Syndrome« aufgeklärt worden waren, zeigten nach dem Versuch eindeutig gehäuft jene Symptome – und das ganz unabhängig davon, ob sie während des Versuchs selbst Infraschall ausgesetzt worden waren oder nicht.
Mit anderen Worten: Das Wissen um die angebliche Gefährlichkeit durch die vorangegangene »Aufklärung« machte die Probanden krank. Analog zum positiven Placebo-Effekt, bei dem das Vertrauen in ein an und für sich wirkungsloses Medikament zur Besserung der Beschwerden führt, trage anscheinend im Fall von WTS das Glauben an die Schädlichkeit dazu bei, dass sich tatsächlich die befürchteten Beschwerden einstellten. Die Wissenschaftler sprechen in Fällen wie diesen vom »Nocebo-Effekt«. Auch die von Pierson und weltweiten Unterstützern gesammelten »Beweise« pro WTS hielten einer wissenschaftlichen Untersuchung nicht stand.
Für die Betroffenen ist das dennoch kein Trost: Denn ihre Symptome und ihr Leiden sind ja durchaus real. Nur der Auslöser ist ein anderer als gedacht – doch auch gegen Panikmache und das mediale Schüren diverser Ängste, die anscheinend tatsächlich real krank machen, wurde bislang kein wirksames Gegenmittel gefunden.