Mittwoch, Februar 05, 2025

Der Branchenverband Oesterreichs Energie fordert passende Rahmenbedingungen für die Verstärkung der heimischen Stromnetze mit smarten Technologien – und wünscht sich einen europäischen Projektmanager.

Die Infrastruktur läuft stabil, die Services sind absolut zufriedenstellend und die Kunden bleiben ihren Anbietern treu. Was läuft da noch falsch? Warum fordern die Unternehmen der Energiewirtschaft regelmäßig Aufmerksamkeit und Verständnis für ihre Nöte? Barbara Schmid, Generalsekretätin der Interessenvertretung Oesterreichs Energie klärt auf: »Wir brauchen ein neues Marktdesign, aber auch ein neues Netzdesign. Das benötigt Investitionen und den Einsatz von Arbeitskräften.« Hintergrund ist natürlich die Energiewende, und dies vor allem in Deutschland. Dort passiert radikal ein Marktumbau, der derzeit einseitig verläuft. Atomkraftwerke werden abgeschaltet, und die Windkraft im Norden und Photovoltaik im Süden bilden bereits ein Drittel der Gesamtkapazitäten der Stromerzeugung. Diese volatile Erzeugungswelt in die etablierten Netze einzubinden, die auf ein völlig anderes Stromregime ausgerichtet sind – das ist zu einer Herausforderung für ganz Europa geworden. Also ist nicht nur die Stärkung der Netzkapazitäten, sondern auch der Einsatz intelligenter Technologien erforderlich, um die variierenden Spannungspegel zu beherrschen. »Das Wichtigste ist, dass dabei die Gesamtperspektive nicht verloren geht«, betont Austrian-Power-Grid-Vorstandsdirektor Gerhard Christiner. »Vor der Liberalisierung hatten wir Produkte, die vom Erzeuger passgenau an die Kunden geliefert worden waren. Heute bekommen wir einen Rohstoff, der so verwandelt werden muss, dass er mit der richtigen Spannung, Leistung und Frequenz in ausreichender Menge beim Kunden ankommt«, weist er auf die Veränderungen im Geschäft der Netzbetreiber hin.

Die aktuellen Erfahrungen der APG zeigen, dass kritische Netzsituationen und der notwendige Einsatz von Notmaßnahmen zur Stabilisierung des Stromnetzes zunehmen. 2009 waren 1.800 Netzeingriffe nötig. Bis 2011 stieg diese Zahl bereits auf 2.500. 2,5 Milliarden Euro investiert der Übertragungsnetzbetreiber bis 2022 in den Umbau und die Ertüchtigung seines Netzes. Für die überregionale Akkordierung fehlt Oesterreichs Energie aber ein Projektmanager auf europäischer Ebene. Zu viele Partikularinteressen treffen in der Energiewende aufeinander. Die geografischen Grenzen von früher gelten längst nicht mehr für das Zusammenspiel von Stromerzeugung, Speicherung und Ausgleichsenergie heute. Barbara Schmid tut sich dazu auch mit Begrifflichkeiten schwer. »Wir haben die viel zitierte Energiewende in Österreich nicht und wir brauchen sie auch nicht. Unsere Netze werden natürlich trotzdem ausgebaut, doch herrscht hier eine ganz andere Situation als in Deutschland«, weist sie auf den großen Wasserkraftanteil am heimischen Strommix. Dieser macht Österreich bereits zum Ökosstromkaiser in Europa.

Umbau in der Fläche

In Österreich gibt es 140 Verteilnetzbetreiber, davon alleine 60 in der Steiermark. Franz Strempfl, Geschäftsführer Stromnetz Steiermark, geht zu den Anforderungen des Netzausbaus ins Detail: »In den österreichischen Verteilnetzen steigen die Neuanschlüsse von Photovoltaikanlagen, Windparks und Kleinwasserkraftanlagen nach wie vor ungebremst an. Allein aus der im Ökostromgesetz festgeschriebenen Erhöhung der Photovoltaikleistung in Höhe von 1.200 Megawatt bis zum Jahr 2020 ist ein Finanzierungsbedarf von mehr als 300 Millionen Euro abzuleiten.« Für Strempfl sind die drei Netzebenen Hochspannung, Mittel- und Niederspannung bereits mit smarter Technologie ausgerüstet. Doch es ist weitere Intelligenz nötig, um künftige Erzeugungspitzen auch mit einer Steuerung des Verbrauchs beispielsweise in den Haushalten abzufedern. Die E-Wirtschaft fordert dazu die passenden Rahmenbedingungen, um diesen Kraftakt auch finanziell stemmen zu können. Es mangle jedenfalls nicht am Willen und den Fähigkeiten, umzubauen. »Es stimmt längst nicht mehr, dass die Energiewirtschaft eine schwerfällige Branche ist«, heißt es.

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