Werner Knausz, Vorstand der ARA Altstoff Recycling Austria AG, über die Auswirkungen der Neustrukturierung, faire Marktbedingungen und neue Geschäftsfelder.
Report: Die ARA hat sich einer grundlegenden Neuausrichtung unterzogen. Was genau hat sich geändert?
Werner Knausz: Die ARA neu ist schlanker, schneller und damit auch günstiger. Wir haben acht Firmen zu einer einzigen zusammengefasst. Wo vorher elf Manager am Werk waren, sind es jetzt nur noch zwei. Es gibt deutlich weniger Schnittstellen, damit verkürzen sich auch die Entscheidungswege. Mit der Zusammenlegung können wir auch 20 Prozent des Personals einsparen, ohne an Qualität zu verlieren.
Report: Warum gerade jetzt?
Knausz: Die Überlegungen für eine Zusammenlegung gibt es schön länger. Vor 15 Jahren war die Trennung der einzelnen Bereiche sinnvoll, jetzt nicht mehr. Das Marktumfeld hat sich geändert und darauf mussten wir reagieren. Das haben wir, und zwar keinen Tag zu früh. Denn vor allem in Krisenzeiten sind schlanke Strukturen und kurze Entscheidungswege wichtig.
Report: Welche Auswirkungen hat die Neustrukturierung auf die Wirtschaft?
Knausz: Gar keine. Eigentümer der ARA AG ist auch in Zukunft die verpflichtete Wirtschaft. Der aus drei Kurien bestehende ARA Verein wird auch in Zukunft die Balance zwischen den verschiedenen Interessengruppen, den Verpackungsherstellern, den Abfüllern, Abpackern und Importeuren sowie dem Handel gewährleisten.
Report: Kritik entzündet sich immer wieder am mangelnden Wettbewerb. Was entgegnen Sie diesen Kritikern?
Knausz: Es gibt in diesem Spiel einige Fixpunkte. Der Betrieb eines Parallelsystems ist unmöglich. Im Endeffekt läuft es auf eine Mitbenutzung hinaus. Es ist jetzt die Politik gefragt, die Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb zu schaffen. Es kann nicht sein, dass sich der Mitbewerb die Rosinen herauspickt und andere für die hoheitliche Aufgabe einer flächendeckenden Entsorgung zuständig sind. Welche negativen Folgen ein ungeregelter Wettbewerb haben kann, zeigt das Beispiel Deutschland. Dort musste sich das Duale System Deutschland dem Marktdruck internationaler Müllkonzerne geschlagen geben, die mit hohem Risikokapital ausgestattet sind. Seitdem hat sich die Zahl der Trittbrettfahrer in Deutschland verdreifacht und liegt bei bis zu 40 Prozent. Zum Vergleich: In Österreich machen die Trittbrettfahrer weniger als zehn Prozent aus. Und auch die Kosten für die Unternehmen sind in Deutschland deutlich höher als in Österreich. Beim Müll muss sich die Globalisierung aufhören.
Report: Dennoch führt am Wettbewerb kein Weg vorbei. Welche Rahmenbedingungen würden Ihrer Meinung Sinn machen?
Knausz: Es sind derzeit mehrere Modelle im Gespräch. Etwa das Modell der Rekommunalisierung. Das Problem dabei ist die ungerechte Lastenverteilung: Die Kommunen bestimmen, wie es läuft, und die Wirtschaft muss zahlen. Ein interessanter Vorschlag kommt aus der Wirtschaftskammer. Dabei würde die ARA als Provider auftreten und das Sammelsystem zur Verfügung stellen. Parallel dazu könnten mehrere Entpflichtungssysteme von verschiedenen Anbietern existieren. Klar ist, dass rasch etwas passieren muss, denn der Druck des Mitbewerbs wird größer und ein faires Miteinander ist nur möglich, wenn die Spielregeln passen.
Report: Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus? Ist an eine Ausweitung der Geschäftsfelder gedacht?
Knausz: Im Inland wollen wir im Gewerbebereich expandieren und stoffgleiche Nichtverpackungen ins Portfolio aufnehmen. Auch eine stärkere Selbstvermarktung der gesammelten Materialien ist denkbar. Interessant sind natürlich auch Aktivitäten im Ausland. Ich könnte mir vorstellen, auch außerhalb der Grenzen Österreichs als Betreiber von Haushaltssystemen aufzutreten. Vor allem in Osteuropa gibt es enormes Potenzial. Während in Wien über 90 Kilogramm Papierverpackungen pro Kopf und Jahr gesammelt werden, sind es etwa in Budapest nur zehn Kilogramm. Finanziell ergibt sich dadurch für Wien ein Kostenvorteil von jährlich 15 Millionen Euro, der in Budapest noch zu heben ist.