So bunt Europa ist, so unterschiedlich sind die Zugbeeinflussungssysteme der verschiedenen Länder«, so August Zierl, ÖBB Infrastruktur-Bau AG. Über 20 verschiedene Signal- und Zugsicherungssysteme gibt es in Europa. Diese sind notwendig, um durch die Überwachung der Fahrtgeschwindigkeit und der Strecke einen sicheren Schienenverkehr zu gewährleisten. Dass aber die unterschiedlichen Zugbeeinflussungssysteme der europäischen Bahnen untereinander nicht kompatibel sind, sorgt für Erschwernisse und zusätzliche Kosten beim grenzüberschreitenden Verkehr und Transport.
Einheitliches Sicherungssystem
Durch die Einführung des European Rail Traffic Management Systems (ERTMS) soll der Zugverkehr europaweit vereinheitlicht und dadurch wettbewerbsfähiger und sicherer gemacht werden. Durch eine bessere Ausnützung der Zugtrassen aufgrund kürzerer Zugfolgen soll sich die Transportkapazität der transeuropäischen Strecken erhöhen. Weiters entfällt durch die Vereinheitlichung die Aufrüstung der Fahrzeuge mit verschiedenen nationalen Sicherheitssystemen. Dadurch wird auch der Schulungsaufwand für Lokführer geringer. Alle Mitgliedsstaaten der EU sind verpflichtet, diesen Zugsicherungsstandard beim Neubau und bei der Umrüstung bestehender transeuropäischer Strecken zu implementieren. Dafür werden sowohl nationale als auch EU-Förderungen gewährt.
Zusammenarbeit
Die ÖBB hat verschiedene Technologieunternehmen beauftragt, die gemeinsam an der Einführung des hochkomplexen Zugbeeinflussungssystems ins österreichische Streckennetz arbeiten. Alstom Transport wird 449 Fahrzeuge der ÖBB mit der ERTMS-basierten Zugsicherungslösung ATLASTM200 ausrüsten. »Die Herausforderung ist nicht das ETCS selbst, sondern die entsprechende Integration ins Fahrzeug. Die einfache und sichere Handhabung im Führerstand ist hier zu beachten«, erklärt Daniel Lüscher von Alstom Transport. Die streckenseitige Ausrüstung von insgesamt mehr als 200 Kilometern übernimmt das Technologieunternehmen Thales. Kapsch CarrierCom liefert die digitale Zugfunktechnologie GSM-R, über die die Bahnfahrzeuge jederzeit mit den notwendigen Streckeninformationen versorgt werden. »Der Zugfunkstandard GSM-R fungiert als Verbindungsglied zwischen Fahrzeug und Schiene«, so Sigurd Strassnig von Kapsch CarrierCom. Auf rund 800 Kilometern der ÖBB-Strecken wurde die Implementierung der Funktechnologie bereits fertiggestellt. Bis 2013 soll der Ausbau des GSM-R-Netzes in Österreich abgeschlossen sein. Mit dem gesamten Projektmanagement und der Systemintegration wurden die Unternehmen Frequentis und dessen Tochterunternehmen team sowie Signon Deutschland beauftragt.
ETCS auf Österreichs Strecken
Die ÖBB möchte in Österreich bis 2013 insgesamt 585 Streckenkilometer mit ETCS Level 1 oder 2 ausstatten. ETCS Level 2 soll ab Ende 2012 auf der Bahnachse Brenner–Kufstein samt der Neubaustrecke im Unterinntal und auf der Neubaustrecke Wien–St. Pölten zum Einsatz kommen. Die Bestandsstrecke Wels–Passau wird bis Ende 2011 und die Bestandsstrecken Wien–St.Pölten und Attnang–Puchheim–Salzburg bis Ende 2012 mit ETCS Level 1 umgerüstet.
>> ERTMS:
European Rail Traffic Management System (ERTMS) ist das zukünftige Managementsystem des transeuropäischen Eisenbahnverkehrs und besteht aus dem Zugsicherungssystem European Train Control System (ETCS) und dem Zugfunk Global System for Mobile Communication-Railways (GSM-R). Es gibt bisher zwei verschiedene Level des ETCS: Bei ETCS Level 1 werden die Informationen, wie etwa Geschwindigkeit oder korrekte Fahrtstrecke, durch sogenannte Eurobalisen, im Gleis verlegte Datenpunkte, bei Level 2 hingegen per Funk über das Medium GSM-R (Global System for Mobile Communication-Railways) an das Fahrzeug übermittelt. Auf optische oder akustische Signale kann im Level 2 daher verzichtet werden.