Sonntag, Dezember 22, 2024

Konzernboss Joe Tucci steuert den Storagetanker EMC selbstbewusst in die Wolke.Wie Joe Tucci EMC virtualisierte und warum er jetzt zu neuen Grenzen aufbricht. Von Alfons Flatscher aus Boston, Massachusetts.

Joe Tucci hat schon einiges gesehen. Kaum hatte er Anfang 2001 die Chefposition beim Datenspeicher-Giganten EMC übernommen, krachte die Aktie und fiel, nachdem die Internetblase platzte, ins Bodenlose. EMC war während der glorreichen 90er ein Börsenliebling und die Landung war hart. Joe Tucci, heute 62 Jahre alt, zog damals dramatische Konsequenzen. Aus dem  reinen Hardware-Produzenten machte er ein service- und software-zentriertes Unternehmen, das sich um Datensicherheit und Speicherung kümmert. 2001 lag der Umsatz bei rund drei Milliarden Euro, 2004 stieg er auf 5,9 Milliarden, 2009 lag er bei 14 Milliarden und für 2010 prognostiziert Joe Tucci sogar 16,6 Milliarden. Dabei hat EMC von heute wenig mit dem Unternehmen der Jahrtausendwende zu tun. Hardware-Infrastruktur ist nur mehr ein schmales Segment in einem voll in Richtung Virtualisierung orientierten Umfeld.

Einfache Erklärung
EMC hat die fundamentale Krise der vergangenen Jahre überraschend gut überstanden und Tucci lieferte bei der EMC-World, die Mitte Mai 2010 in Boston stattfand, eine einfache Erklärung: »Wir haben in den vergangenen fünf Jahren massiv in Forschung und Entwicklung investiert.« Mit rund 14 Milliarden Dollar beziffert Tucci die Innovations-Investitionen, zu denen er auch Unternehmenszukäufe zählt: RSA Security, X-Hive und Iomega, Data Domain und Archer Technologies hat Tucci unter anderem gekauft.

Optimum herausholen
Die wichtigste Weichenstellung erfolgte allerdings bereits 2003, als Tucci aus VMware eine EMC-Tochter machte. VMWare ist der Pionier, wenn es darum geht, das Optimum aus vorhandener Infrastruktur herauszuholen und mit neuer Technologie die Grenzen des Physischen zu verschieben. Seither ist Virtualisierung das zentrale Thema des Konzerns, das auf der diesjährigen EMC-World um eine weitere wesentliche Facette bereichert wurden. Vor 5.750 Kunden, 120 Journalisten aus aller Welt und rund 200 Analysten präsentiert Joe Tucci die neue Wunderwaffe des Konzerns: VPLEX heißt das Ding und es hievt virtuelles Speichern auf eine neue Ebene.

Chief Operating Officer Pat Gelsinger baut seine Zukunft auf dem neuen, mächtigen Virtual Storage System »VPLEX«.»Wir senken Kosten, verbessern die Qualität und erhöhen die Flexibilität«, erklärt Pat Gelsinger, Tuccis Mann für die technischen Details. VPLEX schafft es, Daten virtuell über größere Distanzen hinweg zu speichern. Gelsinger dazu: »Tausende virtueller Maschinen können mit unserem Produkt ohne jede Unterbrechung des laufenden Betriebs über größere Distanzen hinweg verschoben werden.« Dynamische Lastverteilung,  bessere Energieeffizienz und totale Ausfallsicherheit – selbst bei Naturkatastrophen – werden so möglich. In der Umsatzplanung 2010 spielt VPLEX, wie Pat Gelsinger meint, noch eine geringe Rolle, aber: »Die neue Speichertechnologie wird enormen Anteil an unserem zukünftigen Erfolg haben.«

EMC war ein Börsenliebling der 90er-Jahre und ist auf dem Sprung, sich erneut in die Herzen der Anleger zu spielen. Tucci zitiert dazu eine aktuelle Gartner-Befragung: »Virtualisierung und Sicherheit stehen bei den IT-Verantwortlichen ganz oben auf der Liste. Genau das liefern wir.«

EMC
- Umsatz 2009: 14 Milliarden
- Umsatz 2010: 16,6 Milliarden geplant
- Gewinn pro Aktie von 0,53 Dollar
- Gesamtverbindlichkeiten: 11,2 Milliarden, nach 10,8 Milliarden im Jahr davor
- Free Cash Flow: 2,9 Milliarden
- Mitarbeiter: 43.200

Das Virtual Storage System »VPLEX« fasst verteilte Ressourcen zu einem virtuellen Speicherpool zusammen.EMC VPLEX
EMCs neues Virtual Storage System „VPLEX“ fasst geografisch weit verteilte Ressourcen zu einem virtuellen Speicherpool zusammen. Damit verbessert EMC VPLEX den Auslastungsgrad verfügbarer Kapazitäten, vereinheitlicht das Management und erleichtert den Aufbau weiträumiger Private Clouds. Künftig können IT-Dienste über gesicherte Netzwerkleitungen und große Entfernungen hinweg als On-Demand-Service erbracht und genutzt werden – entweder von eigenen Rechenzentren oder von externen Service Providern. Mit EMC VPLEX lassen sich Tausende virtuelle Maschinen und Milliarden von Gigabyte an Informationen über Länder und Kontinente hinweg störungsfrei verschieben. Tägliche Batch-Routinen können so immer dort laufen, wo die Energiekosten aktuell am niedrigsten sind. Bei Ausfällen ist eine Ad-hoc-Verschiebung kritischer Anwendungen in andere Regionen möglich. Lastspitzen im täglichen Geschäft lassen sich dynamisch auf Rechenzentren rund um den Erdball verteilen.


Rasantes Datenwachstum
EMC hat Anfang Mai eine bei IDC in Auftrag gegebene Studie zum sogenannten „Digitalen Universum“ veröffentlicht. IDC untersucht dabei die Menge an digitalen Informationen, die im Laufe eines Jahres entsteht oder kopiert wird und trifft Voraussagen über das zu erwartende Datenwachstum bis ins Jahr 2020.

Die Menge an digitalen Informationen ist im Jahr 2009 trotz Rezession und Wirtschaftskrise um 62 Prozent auf 800 Milliarden Gigabyte (0,8 Zettabyte) angewachsen. Ein Zettabyte entspricht einer Billion Gigabyte. Für 2010 prognostiziert IDC sogar eine Datenmenge von 1,2 Zettabyte. Dies entspricht „einer kompletten Folge der Fernsehserie „24“, die ununterbrochen 125 Millionen Jahre lang läuft“, so ein weit hergeholter Vergleich zur US-Filmindustrie.

Mehr als 70 Prozent des Digitalen Universums entsteht durch einzelne Menschen. Trotzdem tragen Unternehmen die Verantwortung für etwa 80 Prozent der Datenmenge, da sie dafür sorgen müssen, dass die Informationen gespeichert, verwaltet und geschützt werden. Die Anzahl an Dateien, Bildern und anderer digitaler Datensätze steigt der Studie zufolge um den Faktor 67 an, während die Zahl der IT-Verantwortlichen, die sich um diese Daten kümmern, nur um den Faktor 1,4 steigt. Um diese Diskrepanz auszugleichen, müssen sich CIOs mit Cloud Computing und anderen effizienten Lösungen für das Informations-Management beschäftigen.

 

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